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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
sanguinem gleichsam zu convertiren, und könte der Director gleichsam al-
lezeit eine kleine anleitung darzu geben. Jch wolte auch nicht mißrathen,
weil es nicht eine übung vor das gantze Collegium, daß je zwey oder drey
sich zusammen hielten, die nachmal unter sich vertraulich solche prüffung
anstelleten, und jeder dem andern mit zu seiner prüffung anleitung gebe, und
sie also ihr hertz in jedem dahin gehörigen stück gegen einander ausschütteten:
welche übung ich etlichen christlichen freunden von grossem vortheil weiß ge-
wesen zu seyn, und daher so viel lieber auch andern rathe. So möchte auch
einen nutzen haben, wo man sich gewöhnte, bey dem schluß des Convents
ein nicht ordin[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]ri vorgeschriebenes, sondern solches gebet zu thun, zu dem
alle materie der dancksagung, bekäntnüß, bitte u. s. f. selbs aus dem text
gezogen werde, welche übung so wol zur eigenen andacht dienet, als uns
zu dem künfftigen predigamt desto fertiger machet. Was andere umstände
anlangt von zeit, ordnung und dergleichen eusserlichen, kan nicht wol was
gewisses vorgeschrieben werden, sondern man muß immerdar darauf acht
geben, wozu GOTT etwa selbs anleitung giebet: Ohne was die zeit be-
trifft, daß eine solche zu wehlen ist, wodurch keine andere publica, es seye
nun von öffentlichen GOttes dienst, oder lectiones publicae gehindert wer-
den, als welches sonsten so bald üblen schein giebet, welchen wir aber in al-
lem, sonderlich bey dergleichen einem officio pio, billich vermeiden sollen.
Jn übrigen giebet sich allezeit in dem sortgang ein und anders von selbsten,
was sich voran nicht sehen lässet, so zu der mehrern beförderung dienlich
seyn kan. Jch ruffe also schließlich den himmlischen vater hertzlich an, wel-
cher auch dieses christliche vorhaben mit seiner gnade secundiren, und ih-
nen den geist der weißheit und der offenbahrung verleihen wolle, in dem sie
allemal seine wahrheit versichert einsehen, die darinnen verborgene schätze
reichlich hervorbringen, und sich so wohl selber kräfftig dadurch erbauen als
zu anderer erbauung und fruchtbarer handlung göttlichen worts immer
tüchtiger machen mögen. Ach er heilige uns alle in seiner wahrheit, sein
wort ist die wahrheit!

SECTIO III.
Studiosorum
fleiß in geistlichen übungen zu
befördern.

ES hat mich in dessen brieffe billich betrübet, was wegen der Herren
Theologorum gellaget worden daraus abnehmen müssen, daß aufs
wenigste starcke mißverstände sich unter denen finden müssen, welche
das werck des HErren mit einmüthigem geist treiben solten. Mir kommet

hier-

Das ſiebende Capitel.
ſanguinem gleichſam zu convertiren, und koͤnte der Director gleichſam al-
lezeit eine kleine anleitung darzu geben. Jch wolte auch nicht mißrathen,
weil es nicht eine uͤbung vor das gantze Collegium, daß je zwey oder drey
ſich zuſammen hielten, die nachmal unter ſich vertraulich ſolche pruͤffung
anſtelleten, und jeder dem andern mit zu ſeiner pruͤffung anleitung gebe, und
ſie alſo ihr hertz in jedem dahin gehoͤrigen ſtuͤck gegen einander ausſchuͤtteten:
welche uͤbung ich etlichen chriſtlichen freunden von groſſem vortheil weiß ge-
weſen zu ſeyn, und daher ſo viel lieber auch andern rathe. So moͤchte auch
einen nutzen haben, wo man ſich gewoͤhnte, bey dem ſchluß des Convents
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alle materie der danckſagung, bekaͤntnuͤß, bitte u. ſ. f. ſelbs aus dem text
gezogen werde, welche uͤbung ſo wol zur eigenen andacht dienet, als uns
zu dem kuͤnfftigen predigamt deſto fertiger machet. Was andere umſtaͤnde
anlangt von zeit, ordnung und dergleichen euſſerlichen, kan nicht wol was
gewiſſes vorgeſchrieben werden, ſondern man muß immerdar darauf acht
geben, wozu GOTT etwa ſelbs anleitung giebet: Ohne was die zeit be-
trifft, daß eine ſolche zu wehlen iſt, wodurch keine andere publica, es ſeye
nun von oͤffentlichen GOttes dienſt, oder lectiones publicæ gehindert wer-
den, als welches ſonſten ſo bald uͤblen ſchein giebet, welchen wir aber in al-
lem, ſonderlich bey dergleichen einem officio pio, billich vermeiden ſollen.
Jn uͤbrigen giebet ſich allezeit in dem ſortgang ein und anders von ſelbſten,
was ſich voran nicht ſehen laͤſſet, ſo zu der mehrern befoͤrderung dienlich
ſeyn kan. Jch ruffe alſo ſchließlich den himmliſchen vater hertzlich an, wel-
cher auch dieſes chriſtliche vorhaben mit ſeiner gnade ſecundiren, und ih-
nen den geiſt der weißheit und der offenbahrung verleihen wolle, in dem ſie
allemal ſeine wahrheit verſichert einſehen, die darinnen verborgene ſchaͤtze
reichlich hervorbringen, und ſich ſo wohl ſelber kraͤfftig dadurch erbauen als
zu anderer erbauung und fruchtbarer handlung goͤttlichen worts immer
tuͤchtiger machen moͤgen. Ach er heilige uns alle in ſeiner wahrheit, ſein
wort iſt die wahrheit!

SECTIO III.
Studioſorum
fleiß in geiſtlichen uͤbungen zu
befoͤrdern.

ES hat mich in deſſen brieffe billich betruͤbet, was wegen der Herren
Theologorum gellaget worden daraus abnehmen muͤſſen, daß aufs
wenigſte ſtarcke mißverſtaͤnde ſich unter denen finden muͤſſen, welche
das werck des HErren mit einmuͤthigem geiſt treiben ſolten. Mir kommet

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[182/0194] Das ſiebende Capitel. ſanguinem gleichſam zu convertiren, und koͤnte der Director gleichſam al- lezeit eine kleine anleitung darzu geben. Jch wolte auch nicht mißrathen, weil es nicht eine uͤbung vor das gantze Collegium, daß je zwey oder drey ſich zuſammen hielten, die nachmal unter ſich vertraulich ſolche pruͤffung anſtelleten, und jeder dem andern mit zu ſeiner pruͤffung anleitung gebe, und ſie alſo ihr hertz in jedem dahin gehoͤrigen ſtuͤck gegen einander ausſchuͤtteten: welche uͤbung ich etlichen chriſtlichen freunden von groſſem vortheil weiß ge- weſen zu ſeyn, und daher ſo viel lieber auch andern rathe. So moͤchte auch einen nutzen haben, wo man ſich gewoͤhnte, bey dem ſchluß des Convents ein nicht ordin_ri vorgeſchriebenes, ſondern ſolches gebet zu thun, zu dem alle materie der danckſagung, bekaͤntnuͤß, bitte u. ſ. f. ſelbs aus dem text gezogen werde, welche uͤbung ſo wol zur eigenen andacht dienet, als uns zu dem kuͤnfftigen predigamt deſto fertiger machet. Was andere umſtaͤnde anlangt von zeit, ordnung und dergleichen euſſerlichen, kan nicht wol was gewiſſes vorgeſchrieben werden, ſondern man muß immerdar darauf acht geben, wozu GOTT etwa ſelbs anleitung giebet: Ohne was die zeit be- trifft, daß eine ſolche zu wehlen iſt, wodurch keine andere publica, es ſeye nun von oͤffentlichen GOttes dienſt, oder lectiones publicæ gehindert wer- den, als welches ſonſten ſo bald uͤblen ſchein giebet, welchen wir aber in al- lem, ſonderlich bey dergleichen einem officio pio, billich vermeiden ſollen. Jn uͤbrigen giebet ſich allezeit in dem ſortgang ein und anders von ſelbſten, was ſich voran nicht ſehen laͤſſet, ſo zu der mehrern befoͤrderung dienlich ſeyn kan. Jch ruffe alſo ſchließlich den himmliſchen vater hertzlich an, wel- cher auch dieſes chriſtliche vorhaben mit ſeiner gnade ſecundiren, und ih- nen den geiſt der weißheit und der offenbahrung verleihen wolle, in dem ſie allemal ſeine wahrheit verſichert einſehen, die darinnen verborgene ſchaͤtze reichlich hervorbringen, und ſich ſo wohl ſelber kraͤfftig dadurch erbauen als zu anderer erbauung und fruchtbarer handlung goͤttlichen worts immer tuͤchtiger machen moͤgen. Ach er heilige uns alle in ſeiner wahrheit, ſein wort iſt die wahrheit! 1687. SECTIO III. Studioſorum fleiß in geiſtlichen uͤbungen zu befoͤrdern. ES hat mich in deſſen brieffe billich betruͤbet, was wegen der Herren Theologorum gellaget worden daraus abnehmen muͤſſen, daß aufs wenigſte ſtarcke mißverſtaͤnde ſich unter denen finden muͤſſen, welche das werck des HErren mit einmuͤthigem geiſt treiben ſolten. Mir kommet hier-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/194>, abgerufen am 28.04.2024.