Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

Bild:
<< vorherige Seite
Das siebende Capitel.
einfalt. Aber bey den abfallenden kans nicht leer abgehen/ daß nicht an-
fangs das gewissen sich hart widersetze/ bis es endlich übertäubet/ gebrand-
mahlt und aus gerechtem gericht von GOTT zur verstockung überlassen/ ja
meistens dem satan so viel gewalt über solche leute gegeben wird/ daß/ da sie
bey dem abfall wohl nicht daran gedacht haben/ sie endlich von dem irrthum
dermassen eingenommen werden/ daß sie anfangen die wahrheit/ so viel sie
können/ zu verfolgen/ damit sie ja endlich das maaß ihrer sünden recht voll
machen: Welches aber ihr eigen verschulden ist. Daher aus allem solchen
zu sehen/ daß es ein merckwürdiger unterscheid unter denjenigen ist/ die in
dem Pabstum erzogen/ und die erst muthwillig sich drein begeben/ und zwar
in solchen ding n welche machen/ daß jenige sich vielmehr zu der göttlichen
gnade und barmhertzigkeit/ als diese nicht/ versehen können. Zu geschwei-
gen/ daß dennoch alle solche in der Römischen kirchen lebende in der eussersten
seelen-gefahr stehen/ und es auch denen darin gebohrnen schwer gnug wird:
wo alsdann mit denen/ die darin hergekommen/ mitleiden zu tragen ist/ die
andere aber ihr verderben ihrer eignen schuld beyzumessen haben.
7. Endlich erinnere ich billich daß nunmehr ohne das je länger je ge-
fährlicher wird in der Römischen kirchen zu seyn. Es ist aber einige mel-
dung geschehen/ daß wir sie nicht anders als das grosse Babel erkennen kön-
nen/ daß aber solchem Babel ein schreckliches gericht vorstehe/ ist aus Of-
fenbarung Joh. 18.
unwidersprechlich: so gar/ daß auch die gelehrtesten
Jesuiten nicht leugnen aufs wenigste/ daß Rom auch um seiner boßheit
willen müste mit feuer verbrant werden. Wir wissen aber besser/ daß durch
Rom/ nicht nur solche stadt/ sondern das darin heut zu tag statt habende
geistliche regiment bedeutet werde/ welches derohalben mit denen in dero
gemeinschafft stehenden ein grausames gericht vor sich hat. Daher ob wohl/
so lange GOTT dem Babel noch frist zur busse gelassen in demselben man-
che fromme seelen übrig geblieben/ und von dem HERRN erhalten worden
sind/ so gehet doch die stimme GOttes von solchem über Babel bestimmten
gericht aus vom himmel Offenb. Joh. 18/ 4. Gebet aus von ihr/ mein
volck/ daß ihr nicht theilhafftig werdet ihrer sünden/ auf daß ihr
nicht empfahet etwas von ihren plagen.
Damit gewiesen wird/ daß
je näher Babel seinem fall seye/ je nothwendiger werde es/ daß alles/ so
noch in ihr übrig ist/ das noch einige furcht GOttes hat/ und zu diesem volck
gehöret/ von ihr ausgehe. Ja welche nicht von ihr ausgehen/ sondern in
ihrer gemeinschafft werden ergriffen werden/ sollen ihrer sünden theilhaff-
tig geachtet/ und daher von ihren plagen mit betroffen werden. Nun wo
wir unsere zeiten recht nach ihren kennzeichen/ und was man vor augen sie-
het/
Das ſiebende Capitel.
einfalt. Aber bey den abfallenden kans nicht leer abgehen/ daß nicht an-
fangs das gewiſſen ſich hart widerſetze/ bis es endlich uͤbertaͤubet/ gebrand-
mahlt und aus gerechtem gericht von GOTT zur verſtockung uͤberlaſſen/ ja
meiſtens dem ſatan ſo viel gewalt uͤber ſolche leute gegeben wird/ daß/ da ſie
bey dem abfall wohl nicht daran gedacht haben/ ſie endlich von dem irrthum
dermaſſen eingenommen werden/ daß ſie anfangen die wahrheit/ ſo viel ſie
koͤnnen/ zu verfolgen/ damit ſie ja endlich das maaß ihrer ſuͤnden recht voll
machen: Welches aber ihr eigen verſchulden iſt. Daher aus allem ſolchen
zu ſehen/ daß es ein merckwuͤrdiger unterſcheid unter denjenigen iſt/ die in
dem Pabſtum erzogen/ und die erſt muthwillig ſich drein begeben/ und zwar
in ſolchen ding n welche machen/ daß jenige ſich vielmehr zu der goͤttlichen
gnade und barmhertzigkeit/ als dieſe nicht/ verſehen koͤnnen. Zu geſchwei-
gen/ daß dennoch alle ſolche in der Roͤmiſchen kirchen lebende in der euſſerſten
ſeelen-gefahr ſtehen/ und es auch denen darin gebohrnen ſchwer gnug wird:
wo alsdann mit denen/ die darin hergekommen/ mitleiden zu tragen iſt/ die
andere aber ihr verderben ihrer eignen ſchuld beyzumeſſen haben.
7. Endlich erinnere ich billich daß nunmehr ohne das je laͤnger je ge-
faͤhrlicher wird in der Roͤmiſchen kirchen zu ſeyn. Es iſt aber einige mel-
dung geſchehen/ daß wir ſie nicht anders als das groſſe Babel erkennen koͤn-
nen/ daß aber ſolchem Babel ein ſchreckliches gericht vorſtehe/ iſt aus Of-
fenbarung Joh. 18.
unwiderſprechlich: ſo gar/ daß auch die gelehrteſten
Jeſuiten nicht leugnen aufs wenigſte/ daß Rom auch um ſeiner boßheit
willen muͤſte mit feuer verbrant werden. Wir wiſſen aber beſſer/ daß durch
Rom/ nicht nur ſolche ſtadt/ ſondern das darin heut zu tag ſtatt habende
geiſtliche regiment bedeutet werde/ welches derohalben mit denen in dero
gemeinſchafft ſtehenden ein grauſames gericht vor ſich hat. Daher ob wohl/
ſo lange GOTT dem Babel noch friſt zur buſſe gelaſſen in demſelben man-
che fromme ſeelen uͤbrig geblieben/ und von dem HERRN erhalten worden
ſind/ ſo gehet doch die ſtimme GOttes von ſolchem uͤber Babel beſtimmten
gericht aus vom himmel Offenb. Joh. 18/ 4. Gebet aus von ihr/ mein
volck/ daß ihr nicht theilhafftig werdet ihrer ſuͤnden/ auf daß ihr
nicht empfahet etwas von ihren plagen.
Damit gewieſen wird/ daß
je naͤher Babel ſeinem fall ſeye/ je nothwendiger werde es/ daß alles/ ſo
noch in ihr uͤbrig iſt/ das noch einige furcht GOttes hat/ und zu dieſem volck
gehoͤret/ von ihr ausgehe. Ja welche nicht von ihr ausgehen/ ſondern in
ihrer gemeinſchafft werden ergriffen werden/ ſollen ihrer ſuͤnden theilhaff-
tig geachtet/ und daher von ihren plagen mit betroffen werden. Nun wo
wir unſere zeiten recht nach ihren kennzeichen/ und was man vor augen ſie-
het/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <list>
                <item><pb facs="#f0374" n="362"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das &#x017F;iebende Capitel.</hi></fw><lb/>
einfalt. Aber bey den abfallenden kans nicht leer abgehen/ daß nicht an-<lb/>
fangs das gewi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich hart wider&#x017F;etze/ bis es endlich u&#x0364;berta&#x0364;ubet/ gebrand-<lb/>
mahlt und aus gerechtem gericht von GOTT zur ver&#x017F;tockung u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en/ ja<lb/>
mei&#x017F;tens dem &#x017F;atan &#x017F;o viel gewalt u&#x0364;ber &#x017F;olche leute gegeben wird/ daß/ da &#x017F;ie<lb/>
bey dem abfall wohl nicht daran gedacht haben/ &#x017F;ie endlich von dem irrthum<lb/>
derma&#x017F;&#x017F;en eingenommen werden/ daß &#x017F;ie anfangen die wahrheit/ &#x017F;o viel &#x017F;ie<lb/>
ko&#x0364;nnen/ zu verfolgen/ damit &#x017F;ie ja endlich das maaß ihrer &#x017F;u&#x0364;nden recht voll<lb/>
machen: Welches aber ihr eigen ver&#x017F;chulden i&#x017F;t. Daher aus allem &#x017F;olchen<lb/>
zu &#x017F;ehen/ daß es ein merckwu&#x0364;rdiger unter&#x017F;cheid unter denjenigen i&#x017F;t/ die in<lb/>
dem Pab&#x017F;tum erzogen/ und die er&#x017F;t muthwillig &#x017F;ich drein begeben/ und zwar<lb/>
in &#x017F;olchen ding n welche machen/ daß jenige &#x017F;ich vielmehr zu der go&#x0364;ttlichen<lb/>
gnade und barmhertzigkeit/ als die&#x017F;e nicht/ ver&#x017F;ehen ko&#x0364;nnen. Zu ge&#x017F;chwei-<lb/>
gen/ daß dennoch alle &#x017F;olche in der Ro&#x0364;mi&#x017F;chen kirchen lebende in der eu&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;eelen-gefahr &#x017F;tehen/ und es auch denen darin gebohrnen &#x017F;chwer gnug wird:<lb/>
wo alsdann mit denen/ die darin hergekommen/ mitleiden zu tragen i&#x017F;t/ die<lb/>
andere aber ihr verderben ihrer eignen &#x017F;chuld beyzume&#x017F;&#x017F;en haben.</item><lb/>
                <item>7. Endlich erinnere ich billich daß nunmehr ohne das je la&#x0364;nger je ge-<lb/>
fa&#x0364;hrlicher wird in der Ro&#x0364;mi&#x017F;chen kirchen zu &#x017F;eyn. Es i&#x017F;t aber einige mel-<lb/>
dung ge&#x017F;chehen/ daß wir &#x017F;ie nicht anders als das gro&#x017F;&#x017F;e Babel erkennen ko&#x0364;n-<lb/>
nen/ daß aber &#x017F;olchem Babel ein &#x017F;chreckliches gericht vor&#x017F;tehe/ i&#x017F;t aus <hi rendition="#fr">Of-<lb/>
fenbarung Joh. 18.</hi> unwider&#x017F;prechlich: &#x017F;o gar/ daß auch die gelehrte&#x017F;ten<lb/>
Je&#x017F;uiten nicht leugnen aufs wenig&#x017F;te/ daß Rom auch um &#x017F;einer boßheit<lb/>
willen mu&#x0364;&#x017F;te mit feuer verbrant werden. Wir wi&#x017F;&#x017F;en aber be&#x017F;&#x017F;er/ daß durch<lb/>
Rom/ nicht nur &#x017F;olche &#x017F;tadt/ &#x017F;ondern das darin heut zu tag &#x017F;tatt habende<lb/>
gei&#x017F;tliche regiment bedeutet werde/ welches derohalben mit denen in dero<lb/>
gemein&#x017F;chafft &#x017F;tehenden ein grau&#x017F;ames gericht vor &#x017F;ich hat. Daher ob wohl/<lb/>
&#x017F;o lange GOTT dem Babel noch fri&#x017F;t zur bu&#x017F;&#x017F;e gela&#x017F;&#x017F;en in dem&#x017F;elben man-<lb/>
che fromme &#x017F;eelen u&#x0364;brig geblieben/ und von dem HERRN erhalten worden<lb/>
&#x017F;ind/ &#x017F;o gehet doch die &#x017F;timme GOttes von &#x017F;olchem u&#x0364;ber Babel be&#x017F;timmten<lb/>
gericht aus vom himmel <hi rendition="#fr">Offenb. Joh. 18/ 4. Gebet aus von ihr/ mein<lb/>
volck/ daß ihr nicht theilhafftig werdet ihrer &#x017F;u&#x0364;nden/ auf daß ihr<lb/>
nicht empfahet etwas von ihren plagen.</hi> Damit gewie&#x017F;en wird/ daß<lb/>
je na&#x0364;her Babel &#x017F;einem fall &#x017F;eye/ je nothwendiger werde es/ daß alles/ &#x017F;o<lb/>
noch in ihr u&#x0364;brig i&#x017F;t/ das noch einige furcht GOttes hat/ und zu die&#x017F;em volck<lb/>
geho&#x0364;ret/ von ihr ausgehe. Ja welche nicht von ihr ausgehen/ &#x017F;ondern in<lb/>
ihrer gemein&#x017F;chafft werden ergriffen werden/ &#x017F;ollen ihrer &#x017F;u&#x0364;nden theilhaff-<lb/>
tig geachtet/ und daher von ihren plagen mit betroffen werden. Nun wo<lb/>
wir un&#x017F;ere zeiten recht nach ihren kennzeichen/ und was man vor augen &#x017F;ie-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">het/</fw><lb/></item>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[362/0374] Das ſiebende Capitel. einfalt. Aber bey den abfallenden kans nicht leer abgehen/ daß nicht an- fangs das gewiſſen ſich hart widerſetze/ bis es endlich uͤbertaͤubet/ gebrand- mahlt und aus gerechtem gericht von GOTT zur verſtockung uͤberlaſſen/ ja meiſtens dem ſatan ſo viel gewalt uͤber ſolche leute gegeben wird/ daß/ da ſie bey dem abfall wohl nicht daran gedacht haben/ ſie endlich von dem irrthum dermaſſen eingenommen werden/ daß ſie anfangen die wahrheit/ ſo viel ſie koͤnnen/ zu verfolgen/ damit ſie ja endlich das maaß ihrer ſuͤnden recht voll machen: Welches aber ihr eigen verſchulden iſt. Daher aus allem ſolchen zu ſehen/ daß es ein merckwuͤrdiger unterſcheid unter denjenigen iſt/ die in dem Pabſtum erzogen/ und die erſt muthwillig ſich drein begeben/ und zwar in ſolchen ding n welche machen/ daß jenige ſich vielmehr zu der goͤttlichen gnade und barmhertzigkeit/ als dieſe nicht/ verſehen koͤnnen. Zu geſchwei- gen/ daß dennoch alle ſolche in der Roͤmiſchen kirchen lebende in der euſſerſten ſeelen-gefahr ſtehen/ und es auch denen darin gebohrnen ſchwer gnug wird: wo alsdann mit denen/ die darin hergekommen/ mitleiden zu tragen iſt/ die andere aber ihr verderben ihrer eignen ſchuld beyzumeſſen haben. 7. Endlich erinnere ich billich daß nunmehr ohne das je laͤnger je ge- faͤhrlicher wird in der Roͤmiſchen kirchen zu ſeyn. Es iſt aber einige mel- dung geſchehen/ daß wir ſie nicht anders als das groſſe Babel erkennen koͤn- nen/ daß aber ſolchem Babel ein ſchreckliches gericht vorſtehe/ iſt aus Of- fenbarung Joh. 18. unwiderſprechlich: ſo gar/ daß auch die gelehrteſten Jeſuiten nicht leugnen aufs wenigſte/ daß Rom auch um ſeiner boßheit willen muͤſte mit feuer verbrant werden. Wir wiſſen aber beſſer/ daß durch Rom/ nicht nur ſolche ſtadt/ ſondern das darin heut zu tag ſtatt habende geiſtliche regiment bedeutet werde/ welches derohalben mit denen in dero gemeinſchafft ſtehenden ein grauſames gericht vor ſich hat. Daher ob wohl/ ſo lange GOTT dem Babel noch friſt zur buſſe gelaſſen in demſelben man- che fromme ſeelen uͤbrig geblieben/ und von dem HERRN erhalten worden ſind/ ſo gehet doch die ſtimme GOttes von ſolchem uͤber Babel beſtimmten gericht aus vom himmel Offenb. Joh. 18/ 4. Gebet aus von ihr/ mein volck/ daß ihr nicht theilhafftig werdet ihrer ſuͤnden/ auf daß ihr nicht empfahet etwas von ihren plagen. Damit gewieſen wird/ daß je naͤher Babel ſeinem fall ſeye/ je nothwendiger werde es/ daß alles/ ſo noch in ihr uͤbrig iſt/ das noch einige furcht GOttes hat/ und zu dieſem volck gehoͤret/ von ihr ausgehe. Ja welche nicht von ihr ausgehen/ ſondern in ihrer gemeinſchafft werden ergriffen werden/ ſollen ihrer ſuͤnden theilhaff- tig geachtet/ und daher von ihren plagen mit betroffen werden. Nun wo wir unſere zeiten recht nach ihren kennzeichen/ und was man vor augen ſie- het/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/374
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/374>, abgerufen am 03.05.2024.