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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
zu widerlegen, und allemal dahin zu trachten, daß man solche einwürffe von an-
dern orten aus andern büchern, aus dem, was insgemein in der welt pflege geredt
zu werden, herziehe, und als viel möglich ist, den schein meide, daß man da-
mit einigen derjenigen, die um uns sind, antworten und sie widerlegen wolle: um
also so wol ihrer als der ruhe der gemeinde zu schonen. Jndessen muß doch auch in
solcher sache der wahrheit nichts begeben noch verschwiegen werden. Sonderlich
aber weil der vorwandt der einfalt so plausibel, und danndch so gefährlich ist,
aber nicht nur an einem ort, sondern fast aller orten gehöret wird, kan man densel-
ben nicht unberühret lassen, sondern erinnert billig offte dasselbe, daß es bey vie-
len leuten ein schädlicher betrug seye, daß sie ihre trägheit in göttlicher erkäntnüß zu
zu nehmen mit der einfalt bemänteln wollen (hie ist am sichersten solcher elenchus
gehe nur gegen dieselbe, nicht aber directe gegen die, so sie etwa darinnen stärcken)
da doch ein grosser unterscheid unter der einfalt und der unwissenheit seye. Ein-
falt heisse, wo man die göttliche wahrheit, wie sie in GOttes wort da stehet, so wol
in glaubens-sachen als lebens-pflichten, also annimmet, wie dasselbe sie vorstellet,
und nicht drüber klügelt, der vernunfft ihre meisterschafft lässet, oder aus eigensinn
davon abweichet, dahero auch bey der erkäntnüß, wenn sie einen ziemlichen grad
erreichel hat, denuoch die einfalt seyn und bleiben könne und müsse. Dieser ein-
fältige glaube, weil er nicht auf menschen weißheit oder unsre eigene gedancken ge-
gründet seye, habe billig das lob, daß er der sicherste und beste seye, wegen seines
festen grundes des einfältigen und deutlichen worts GOttes. Solcher heiligen
einfalt aber heisse es recht einen schimpff angethan, wo man dasjenige einfalt nen-
nen, und sich dabey sicher einbilden wolte, wann ein mensch seine glaubens-lehr
nicht gründlich, nach dem maaß so viel einem jeglichen verliehen ist, verstehe, noch
zu verstehen sich bemühe: dann das heisse unverstand, unwissenheit, und christen
unanständige nachläßigkeit, daher solche leute in grosser gefahr ihrer seligkeit stün-
den. Welches alles deutlich gnug, und recht zu überzeugung des gewissens aus Got-
tes wort erhärtet werden kan. Auch mag nichts schaden, daß der gemeinde auch die
Churfürstl. sorgfalt vor dero heil wegen der publicirung und anordnung der cate-
cheti
schen examinum vorgestellet, und gezeiget werde, daß solche, wo sie sich dero
recht gebrauchen wolten, ein gesegnetes mittel seyn könten, in der seligmachenden er-
käntnüß zu ihrem besten zu wachsen, und sonderlich daß man in denselben nicht for-
dere, daß sie bereits vieles wissen müsten, sondern sie solten nur ein lehr begieriges
hertz dazu bringen, so wolte man mit ihnen zu srieden seyn, und sie versichern, daß mit
der geringsten mühe sie allgemach vermittels göttlichen segens zu einer solchen er-
käntnüß kommen könten, daß sie solches itzt möglich zu seyn sich nicht einbildeten, a-
ber es erfahren, und sich darnach selbs drüber freuen würden. Dergleichen offtmal
mit freundlichkeit, und also, daß die zuhörer sehen, es komme aus einer ihre seelen hertz-
lich meinenden liebe (wie denn eines predigers vornehmstes kunststück ist, sein hertz den
zuhörern also zu öffnen, daß sie in allem seine liebe gegen sich darinnen sehen) vorge-

stellet,

Das ſiebende Capitel.
zu widerlegen, und allemal dahin zu trachten, daß man ſolche einwuͤrffe von an-
dern orten aus andern buͤchern, aus dem, was insgemein in der welt pflege geredt
zu werden, herziehe, und als viel moͤglich iſt, den ſchein meide, daß man da-
mit einigen derjenigen, die um uns ſind, antworten und ſie widerlegen wolle: um
alſo ſo wol ihrer als der ruhe der gemeinde zu ſchonen. Jndeſſen muß doch auch in
ſolcher ſache der wahrheit nichts begeben noch verſchwiegen werden. Sonderlich
aber weil der vorwandt der einfalt ſo plauſibel, und danndch ſo gefaͤhrlich iſt,
aber nicht nur an einem ort, ſondern faſt aller orten gehoͤret wird, kan man denſel-
ben nicht unberuͤhret laſſen, ſondern erinnert billig offte daſſelbe, daß es bey vie-
len leuten ein ſchaͤdlicher betrug ſeye, daß ſie ihre traͤgheit in goͤttlicher erkaͤntnuͤß zu
zu nehmen mit der einfalt bemaͤnteln wollen (hie iſt am ſicherſten ſolcher elenchus
gehe nur gegen dieſelbe, nicht aber directè gegen die, ſo ſie etwa darinnen ſtaͤrcken)
da doch ein groſſer unterſcheid unter der einfalt und der unwiſſenheit ſeye. Ein-
falt heiſſe, wo man die goͤttliche wahrheit, wie ſie in GOttes wort da ſtehet, ſo wol
in glaubens-ſachen als lebens-pflichten, alſo annimmet, wie daſſelbe ſie vorſtellet,
und nicht druͤber kluͤgelt, der vernunfft ihre meiſterſchafft laͤſſet, oder aus eigenſinn
davon abweichet, dahero auch bey der erkaͤntnuͤß, wenn ſie einen ziemlichen grad
erreichel hat, denuoch die einfalt ſeyn und bleiben koͤnne und muͤſſe. Dieſer ein-
faͤltige glaube, weil er nicht auf menſchen weißheit oder unſre eigene gedancken ge-
gruͤndet ſeye, habe billig das lob, daß er der ſicherſte und beſte ſeye, wegen ſeines
feſten grundes des einfaͤltigen und deutlichen worts GOttes. Solcher heiligen
einfalt aber heiſſe es recht einen ſchimpff angethan, wo man dasjenige einfalt nen-
nen, und ſich dabey ſicher einbilden wolte, wann ein menſch ſeine glaubens-lehr
nicht gruͤndlich, nach dem maaß ſo viel einem jeglichen verliehen iſt, verſtehe, noch
zu verſtehen ſich bemuͤhe: dann das heiſſe unverſtand, unwiſſenheit, und chriſten
unanſtaͤndige nachlaͤßigkeit, daher ſolche leute in groſſer gefahr ihrer ſeligkeit ſtuͤn-
den. Welches alles deutlich gnug, und recht zu uͤberzeugung des gewiſſens aus Got-
tes wort erhaͤrtet werden kan. Auch mag nichts ſchaden, daß der gemeinde auch die
Churfuͤrſtl. ſorgfalt vor dero heil wegen der publicirung und anordnung der cate-
cheti
ſchen examinum vorgeſtellet, und gezeiget werde, daß ſolche, wo ſie ſich dero
recht gebrauchen wolten, ein geſegnetes mittel ſeyn koͤnten, in der ſeligmachenden er-
kaͤntnuͤß zu ihrem beſten zu wachſen, und ſonderlich daß man in denſelben nicht for-
dere, daß ſie bereits vieles wiſſen muͤſten, ſondern ſie ſolten nur ein lehr begieriges
hertz dazu bringen, ſo wolte man mit ihnen zu ſrieden ſeyn, und ſie verſichern, daß mit
der geringſten muͤhe ſie allgemach vermittels goͤttlichen ſegens zu einer ſolchen er-
kaͤntnuͤß kommen koͤnten, daß ſie ſolches itzt moͤglich zu ſeyn ſich nicht einbildeten, a-
ber es erfahren, und ſich darnach ſelbs druͤber freuen wuͤrden. Dergleichen offtmal
mit fꝛeundlichkeit, und alſo, daß die zuhoͤreꝛ ſehen, es komme aus einer ihre ſeelen heꝛtz-
lich meinenden liebe (wie deñ eines predigers voꝛnehmſtes kunſtſtuͤck iſt, ſein heꝛtz den
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ſtellet,
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[610/0622] Das ſiebende Capitel. zu widerlegen, und allemal dahin zu trachten, daß man ſolche einwuͤrffe von an- dern orten aus andern buͤchern, aus dem, was insgemein in der welt pflege geredt zu werden, herziehe, und als viel moͤglich iſt, den ſchein meide, daß man da- mit einigen derjenigen, die um uns ſind, antworten und ſie widerlegen wolle: um alſo ſo wol ihrer als der ruhe der gemeinde zu ſchonen. Jndeſſen muß doch auch in ſolcher ſache der wahrheit nichts begeben noch verſchwiegen werden. Sonderlich aber weil der vorwandt der einfalt ſo plauſibel, und danndch ſo gefaͤhrlich iſt, aber nicht nur an einem ort, ſondern faſt aller orten gehoͤret wird, kan man denſel- ben nicht unberuͤhret laſſen, ſondern erinnert billig offte daſſelbe, daß es bey vie- len leuten ein ſchaͤdlicher betrug ſeye, daß ſie ihre traͤgheit in goͤttlicher erkaͤntnuͤß zu zu nehmen mit der einfalt bemaͤnteln wollen (hie iſt am ſicherſten ſolcher elenchus gehe nur gegen dieſelbe, nicht aber directè gegen die, ſo ſie etwa darinnen ſtaͤrcken) da doch ein groſſer unterſcheid unter der einfalt und der unwiſſenheit ſeye. Ein- falt heiſſe, wo man die goͤttliche wahrheit, wie ſie in GOttes wort da ſtehet, ſo wol in glaubens-ſachen als lebens-pflichten, alſo annimmet, wie daſſelbe ſie vorſtellet, und nicht druͤber kluͤgelt, der vernunfft ihre meiſterſchafft laͤſſet, oder aus eigenſinn davon abweichet, dahero auch bey der erkaͤntnuͤß, wenn ſie einen ziemlichen grad erreichel hat, denuoch die einfalt ſeyn und bleiben koͤnne und muͤſſe. Dieſer ein- faͤltige glaube, weil er nicht auf menſchen weißheit oder unſre eigene gedancken ge- gruͤndet ſeye, habe billig das lob, daß er der ſicherſte und beſte ſeye, wegen ſeines feſten grundes des einfaͤltigen und deutlichen worts GOttes. Solcher heiligen einfalt aber heiſſe es recht einen ſchimpff angethan, wo man dasjenige einfalt nen- nen, und ſich dabey ſicher einbilden wolte, wann ein menſch ſeine glaubens-lehr nicht gruͤndlich, nach dem maaß ſo viel einem jeglichen verliehen iſt, verſtehe, noch zu verſtehen ſich bemuͤhe: dann das heiſſe unverſtand, unwiſſenheit, und chriſten unanſtaͤndige nachlaͤßigkeit, daher ſolche leute in groſſer gefahr ihrer ſeligkeit ſtuͤn- den. Welches alles deutlich gnug, und recht zu uͤberzeugung des gewiſſens aus Got- tes wort erhaͤrtet werden kan. Auch mag nichts ſchaden, daß der gemeinde auch die Churfuͤrſtl. ſorgfalt vor dero heil wegen der publicirung und anordnung der cate- chetiſchen examinum vorgeſtellet, und gezeiget werde, daß ſolche, wo ſie ſich dero recht gebrauchen wolten, ein geſegnetes mittel ſeyn koͤnten, in der ſeligmachenden er- kaͤntnuͤß zu ihrem beſten zu wachſen, und ſonderlich daß man in denſelben nicht for- dere, daß ſie bereits vieles wiſſen muͤſten, ſondern ſie ſolten nur ein lehr begieriges hertz dazu bringen, ſo wolte man mit ihnen zu ſrieden ſeyn, und ſie verſichern, daß mit der geringſten muͤhe ſie allgemach vermittels goͤttlichen ſegens zu einer ſolchen er- kaͤntnuͤß kommen koͤnten, daß ſie ſolches itzt moͤglich zu ſeyn ſich nicht einbildeten, a- ber es erfahren, und ſich darnach ſelbs druͤber freuen wuͤrden. Dergleichen offtmal mit fꝛeundlichkeit, und alſo, daß die zuhoͤreꝛ ſehen, es komme aus einer ihre ſeelen heꝛtz- lich meinenden liebe (wie deñ eines predigers voꝛnehmſtes kunſtſtuͤck iſt, ſein heꝛtz den zuhoͤrern alſo zu oͤffnen, daß ſie in allem ſeine liebe gegen ſich darinnen ſehen) vorge- ſtellet,

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/622>, abgerufen am 30.04.2024.