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Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676.

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so solte billich alles auch nach diesem zweck ge-
richtet werden. Und hat sich darinnen der
Prediger vielmehr nach seinen zuhörern/ weil
sie nach ihm nicht können/ zu richten: Allezeit
aber mehr auff die einfältige/ so den meisten
theil machen/ als auff etliche wenige gelehrte/
wo sich dergleichen antreffen lassen/ zu sehen.

Gleich wie nun der Catechismus die erste
rudimenta deß Christenthums in sich fasset/
und alle auß demselben zu erst ihren glauben
gelernet/ so solle nicht nur derselbe/ vielmehr
dem verstand als worten nach/ immer fleis-
siger in Kinder-lehren/ auch wo man die alte
darbey haben kan/ sowol bey denselben/ ge-
trieben/ und ein Prediger darüber nicht müde
werden: sondern hat der Prediger gelegen-
heit/ so thut er auch wol in den Predigten das
jenige immer den leuten wieder vorzulegen/
was sie einmahl gelernet/ und sich selbst dessen
nicht zu schämen.

Was ein und andere anmerckungen son-
sten sind/ die bey den Predigten zu beobachten/
übergehe hier gern. Das vornehmste aber
achte Jch dieses zu seyn/ weil ja unser gantzes
Christenthum bestehet in dem innern oder
neuen menschen
/ dessen Seele der Glaube

und
G 4

ſo ſolte billich alles auch nach dieſem zweck ge-
richtet werden. Und hat ſich darinnen der
Prediger vielmehr nach ſeinen zuhoͤrern/ weil
ſie nach ihm nicht koͤnnen/ zu richten: Allezeit
aber mehr auff die einfaͤltige/ ſo den meiſten
theil machen/ als auff etliche wenige gelehrte/
wo ſich dergleichen antreffen laſſen/ zu ſehen.

Gleich wie nun der Catechiſmus die erſte
rudimenta deß Chriſtenthums in ſich faſſet/
und alle auß demſelben zu erſt ihren glauben
gelernet/ ſo ſolle nicht nur derſelbe/ vielmehr
dem verſtand als worten nach/ immer fleiſ-
ſiger in Kinder-lehren/ auch wo man die alte
darbey haben kan/ ſowol bey denſelben/ ge-
trieben/ und ein Prediger daruͤber nicht muͤde
werden: ſondern hat der Prediger gelegen-
heit/ ſo thut er auch wol in den Predigten das
jenige immer den leuten wieder vorzulegen/
was ſie einmahl geleꝛnet/ und ſich ſelbſt deſſen
nicht zu ſchaͤmen.

Was ein und andere anmerckungen ſon-
ſten ſind/ die bey den Predigten zu beobachtẽ/
uͤbergehe hier gern. Das vornehmſte aber
achte Jch dieſes zu ſeyn/ weil ja unſer gantzes
Chriſtenthum beſtehet in dem innern oder
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und
G 4
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[151/0177] ſo ſolte billich alles auch nach dieſem zweck ge- richtet werden. Und hat ſich darinnen der Prediger vielmehr nach ſeinen zuhoͤrern/ weil ſie nach ihm nicht koͤnnen/ zu richten: Allezeit aber mehr auff die einfaͤltige/ ſo den meiſten theil machen/ als auff etliche wenige gelehrte/ wo ſich dergleichen antreffen laſſen/ zu ſehen. Gleich wie nun der Catechiſmus die erſte rudimenta deß Chriſtenthums in ſich faſſet/ und alle auß demſelben zu erſt ihren glauben gelernet/ ſo ſolle nicht nur derſelbe/ vielmehr dem verſtand als worten nach/ immer fleiſ- ſiger in Kinder-lehren/ auch wo man die alte darbey haben kan/ ſowol bey denſelben/ ge- trieben/ und ein Prediger daruͤber nicht muͤde werden: ſondern hat der Prediger gelegen- heit/ ſo thut er auch wol in den Predigten das jenige immer den leuten wieder vorzulegen/ was ſie einmahl geleꝛnet/ und ſich ſelbſt deſſen nicht zu ſchaͤmen. Was ein und andere anmerckungen ſon- ſten ſind/ die bey den Predigten zu beobachtẽ/ uͤbergehe hier gern. Das vornehmſte aber achte Jch dieſes zu ſeyn/ weil ja unſer gantzes Chriſtenthum beſtehet in dem innern oder neuen menſchen/ deſſen Seele der Glaube und G 4

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/177>, abgerufen am 27.04.2024.