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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.

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gerichtlichen Medicin und als fachmännisches Beweisverfahren gehört
dagegen nicht zur Lehre vom Gesundheitswesen, sondern in die Chemie
und Pathologie.


Die Giftpolizei ist seit dem Entstehen der Medicinalpolizei vielfach
ausführlich bei allen Hauptschriftstellern behandelt. Frühere Gesetzgebung
namentlich bei Frank IV. 2. 1. -- In England besteht -- unseres
Wissens -- keine Gesetzgebung. -- In Frankreich erste systematische
Gesetzgebung (Declaration vom 25. April 1777); dann Ausführung durch
Gesetz vom 21. Germ. a. XI und Ordonnanz vom 9 Niv. an XII. Das
Gesetz vom 19. Juli 1845 hat die Giftpolizei direkt unter die Verwal-
tung gestellt; die Ordonnanz vom 20. October 1849 dieselbe zu einem
Gegenstande des Strafrechts, unter Competenz der Gerichte gemacht.
Die Führung von Registern beim Gifthandel unter Bestätigung des
Maire schon seit der früheren Gesetzgebung geregelt, sind die polizeilichen
Giftregister durch Gesetz vom 10. November 1846. (Tardieu, Dict. v.
Poisons. Laferriere, Dr. adm. I.
1. 3. §. 3.) -- Oesterreich: Gift-
handel schon geordnet im Allgem. Sanitätsnormale 1770, neben ört-
lichen Vorschriften. Neuere Ordnungen, Decr. vom 29. Juli 1829 und
24. Januar 1839; Aufstellung von vier Kategorien. -- Farbenpolizei
(Stubenrauch, Verwaltungsgesetz I. 215 ff.) -- Preußen: Schon im
Allgem. Landrecht (II. 8. 456). Gifthandel nur den Apothekern gestattet;
Organisation der Verkehrs-Anweisungen vom 10. December 1800 und
Regulativ vom 16. September 1836; Aufnahme der Bestimmungen in die
Gewerbepolizei einerseits und des Strafgesetzbuchs andererseits (§. 345).
Das System der preußischen Gesetzgebung ist ein sehr ausführliches und
genaues, und übertrifft in jeder Beziehung das französische. Horn hat
die betreffenden Bestimmungen vollständig gesammelt und wesentlich ge-
ordnet (Preußisches Medicinalwesen I. S. 109 ff.) Gifthandel besonders
S. 123 ff. und technische Anwendung S. 130 ff. (Vgl. auch Rönne,
Staatsrecht II. 361 als kurze Uebersicht). Bayern: Ueber den Gifthan-
del bestehen besondere Verordnungen vom 17. August 1834 und 25. Mai
1850; die Giftpolizei ist im Polizeistrafgesetzbuch Art. 114--116 enthalten
(Pözl, Verwaltungsrecht §. 114). Die neueste Ordnung des ganzen Gift-
und Geheimmittelwesens für Bayern enthalten mehrere Verordnungen
vom 15. März 1866, welche zugleich den Verkehr und die Bereitung
bestimmen. Württemberg ziemlich unvollständig (Roller, §. 152).
Dagegen im Königreich Sachsen sehr ausführlich. Grundlage Mandat
vom 30. September 1823 mit Abänderung durch Mandat vom 9. Juli
1830. Farbenpolizei ebendas. S. 219 ff. Coburg (Verordnung vom
10. Februar 1864). Verbot von arsenikhaltigen Farben bei Kleidern;

gerichtlichen Medicin und als fachmänniſches Beweisverfahren gehört
dagegen nicht zur Lehre vom Geſundheitsweſen, ſondern in die Chemie
und Pathologie.


Die Giftpolizei iſt ſeit dem Entſtehen der Medicinalpolizei vielfach
ausführlich bei allen Hauptſchriftſtellern behandelt. Frühere Geſetzgebung
namentlich bei Frank IV. 2. 1. — In England beſteht — unſeres
Wiſſens — keine Geſetzgebung. — In Frankreich erſte ſyſtematiſche
Geſetzgebung (Declaration vom 25. April 1777); dann Ausführung durch
Geſetz vom 21. Germ. a. XI und Ordonnanz vom 9 Niv. an XII. Das
Geſetz vom 19. Juli 1845 hat die Giftpolizei direkt unter die Verwal-
tung geſtellt; die Ordonnanz vom 20. October 1849 dieſelbe zu einem
Gegenſtande des Strafrechts, unter Competenz der Gerichte gemacht.
Die Führung von Regiſtern beim Gifthandel unter Beſtätigung des
Maire ſchon ſeit der früheren Geſetzgebung geregelt, ſind die polizeilichen
Giftregiſter durch Geſetz vom 10. November 1846. (Tardieu, Dict. v.
Poisons. Laferrière, Dr. adm. I.
1. 3. §. 3.) — Oeſterreich: Gift-
handel ſchon geordnet im Allgem. Sanitätsnormale 1770, neben ört-
lichen Vorſchriften. Neuere Ordnungen, Decr. vom 29. Juli 1829 und
24. Januar 1839; Aufſtellung von vier Kategorien. — Farbenpolizei
(Stubenrauch, Verwaltungsgeſetz I. 215 ff.) — Preußen: Schon im
Allgem. Landrecht (II. 8. 456). Gifthandel nur den Apothekern geſtattet;
Organiſation der Verkehrs-Anweiſungen vom 10. December 1800 und
Regulativ vom 16. September 1836; Aufnahme der Beſtimmungen in die
Gewerbepolizei einerſeits und des Strafgeſetzbuchs andererſeits (§. 345).
Das Syſtem der preußiſchen Geſetzgebung iſt ein ſehr ausführliches und
genaues, und übertrifft in jeder Beziehung das franzöſiſche. Horn hat
die betreffenden Beſtimmungen vollſtändig geſammelt und weſentlich ge-
ordnet (Preußiſches Medicinalweſen I. S. 109 ff.) Gifthandel beſonders
S. 123 ff. und techniſche Anwendung S. 130 ff. (Vgl. auch Rönne,
Staatsrecht II. 361 als kurze Ueberſicht). Bayern: Ueber den Gifthan-
del beſtehen beſondere Verordnungen vom 17. Auguſt 1834 und 25. Mai
1850; die Giftpolizei iſt im Polizeiſtrafgeſetzbuch Art. 114—116 enthalten
(Pözl, Verwaltungsrecht §. 114). Die neueſte Ordnung des ganzen Gift-
und Geheimmittelweſens für Bayern enthalten mehrere Verordnungen
vom 15. März 1866, welche zugleich den Verkehr und die Bereitung
beſtimmen. Württemberg ziemlich unvollſtändig (Roller, §. 152).
Dagegen im Königreich Sachſen ſehr ausführlich. Grundlage Mandat
vom 30. September 1823 mit Abänderung durch Mandat vom 9. Juli
1830. Farbenpolizei ebendaſ. S. 219 ff. Coburg (Verordnung vom
10. Februar 1864). Verbot von arſenikhaltigen Farben bei Kleidern;

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[59/0075] gerichtlichen Medicin und als fachmänniſches Beweisverfahren gehört dagegen nicht zur Lehre vom Geſundheitsweſen, ſondern in die Chemie und Pathologie. Die Giftpolizei iſt ſeit dem Entſtehen der Medicinalpolizei vielfach ausführlich bei allen Hauptſchriftſtellern behandelt. Frühere Geſetzgebung namentlich bei Frank IV. 2. 1. — In England beſteht — unſeres Wiſſens — keine Geſetzgebung. — In Frankreich erſte ſyſtematiſche Geſetzgebung (Declaration vom 25. April 1777); dann Ausführung durch Geſetz vom 21. Germ. a. XI und Ordonnanz vom 9 Niv. an XII. Das Geſetz vom 19. Juli 1845 hat die Giftpolizei direkt unter die Verwal- tung geſtellt; die Ordonnanz vom 20. October 1849 dieſelbe zu einem Gegenſtande des Strafrechts, unter Competenz der Gerichte gemacht. Die Führung von Regiſtern beim Gifthandel unter Beſtätigung des Maire ſchon ſeit der früheren Geſetzgebung geregelt, ſind die polizeilichen Giftregiſter durch Geſetz vom 10. November 1846. (Tardieu, Dict. v. Poisons. Laferrière, Dr. adm. I. 1. 3. §. 3.) — Oeſterreich: Gift- handel ſchon geordnet im Allgem. Sanitätsnormale 1770, neben ört- lichen Vorſchriften. Neuere Ordnungen, Decr. vom 29. Juli 1829 und 24. Januar 1839; Aufſtellung von vier Kategorien. — Farbenpolizei (Stubenrauch, Verwaltungsgeſetz I. 215 ff.) — Preußen: Schon im Allgem. Landrecht (II. 8. 456). Gifthandel nur den Apothekern geſtattet; Organiſation der Verkehrs-Anweiſungen vom 10. December 1800 und Regulativ vom 16. September 1836; Aufnahme der Beſtimmungen in die Gewerbepolizei einerſeits und des Strafgeſetzbuchs andererſeits (§. 345). Das Syſtem der preußiſchen Geſetzgebung iſt ein ſehr ausführliches und genaues, und übertrifft in jeder Beziehung das franzöſiſche. Horn hat die betreffenden Beſtimmungen vollſtändig geſammelt und weſentlich ge- ordnet (Preußiſches Medicinalweſen I. S. 109 ff.) Gifthandel beſonders S. 123 ff. und techniſche Anwendung S. 130 ff. (Vgl. auch Rönne, Staatsrecht II. 361 als kurze Ueberſicht). Bayern: Ueber den Gifthan- del beſtehen beſondere Verordnungen vom 17. Auguſt 1834 und 25. Mai 1850; die Giftpolizei iſt im Polizeiſtrafgeſetzbuch Art. 114—116 enthalten (Pözl, Verwaltungsrecht §. 114). Die neueſte Ordnung des ganzen Gift- und Geheimmittelweſens für Bayern enthalten mehrere Verordnungen vom 15. März 1866, welche zugleich den Verkehr und die Bereitung beſtimmen. Württemberg ziemlich unvollſtändig (Roller, §. 152). Dagegen im Königreich Sachſen ſehr ausführlich. Grundlage Mandat vom 30. September 1823 mit Abänderung durch Mandat vom 9. Juli 1830. Farbenpolizei ebendaſ. S. 219 ff. Coburg (Verordnung vom 10. Februar 1864). Verbot von arſenikhaltigen Farben bei Kleidern;

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre03_1867/75>, abgerufen am 30.04.2024.