Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

Bild:
<< vorherige Seite

für die ersten Jahre des wirklichen Lernens bestimmt und ihr Lehr-
princip ist es, den Elementarunterricht, namentlich der alten
Sprachen
zu geben, in dem Sinne und Umfang, daß das, was sie
hier bieten, werthlos bleibt, wenn nicht irgend eine andere Weiter-
bildung stattfindet. Während daher der Eintritt in die Bürgerschule
die Absicht voraussetzt, mit derselben abzuschließen, hat der Eintritt
in das Untergymnasium nur dann einen Sinn, wenn der Uebergang
in eine der beiden folgenden Stufen beabsichtigt wird. Dadurch sind
sie ein selbständiges Bildungsorgan.

Freilich ist es dabei der Sache nach gleichgültig, ob diese Unter-
gymnasien auch formell und räumlich von den Obergymnasien getrennt
sind oder nur als die unteren Classen des Gymnasiums überhaupt
erscheinen, das in diesem Falle für seine unterste Classe mit dem
neunten Jahre anfängt und mit seiner obersten bei dem Abgang für
die Universität aufhört; denn jene untersten Classen haben hier in allen
wohl eingerichteten Gymnasien genau die Funktion der Untergymnasien.
Die Gränze liegt dabei im Objekt. Das Obergymnasium -- oder
die höhere Classengruppe -- beginnt da, wo der Schüler von der Gram-
matik zum Lesen eines Classikers übergeht, womit dann wieder der
griechische Elementarunterricht verbunden wird. So greifen diese
Studien in einander und erst jetzt ist das Wesen der Realgymnasien
klar zu bestimmen.

Von den Untergymnasien kann nämlich die weitere Vorbildung
entweder zur eigentlich classischen, oder zur wirthschaftlichen über-
gehen. Aus dem Bedürfniß nun, die letztere des höheren classischen
Elementes nicht entbehren zu lassen, ist nun der Versuch hervorge-
gangen, Anstalten zu errichten, in welchen die wirthschaftliche Vorbildung
allerdings die Hauptsache ist, jedoch die classische auf Grundlage der
in dem Untergymnasium erworbenen lateinischen Elementarbildung
speciell für das Lateinische so weit zu führen, daß die römische Classi-
cität gewonnen wird, während die griechische Elementarbildung des
Obergymnasiums wegfällt und an ihre Stelle die wissenschaftlich-reale
Vorbildung tritt. Eine solche Anstalt, welche so in eigenthümlicher
Weise die Realbildung mit der classischen verbindet und in der römischen
Classicität den inneren Uebergang zur classischen Bildung überhaupt
festhält, ist das sogenannte Realgymnasium. Obwohl nur noch in
einzelnen Beispielen vorkommend, hat es dennoch eine große Zukunft.

Bei der Unfertigkeit des Bildungsprocesses dieser Organisation hat
es nun einen entschiedenen Werth, sich diese Verhältnisse in ein festes
Schema zu bringen. Dasselbe ist folgendes, mit systematischer Beziehung
auf die Elementarbildung.

für die erſten Jahre des wirklichen Lernens beſtimmt und ihr Lehr-
princip iſt es, den Elementarunterricht, namentlich der alten
Sprachen
zu geben, in dem Sinne und Umfang, daß das, was ſie
hier bieten, werthlos bleibt, wenn nicht irgend eine andere Weiter-
bildung ſtattfindet. Während daher der Eintritt in die Bürgerſchule
die Abſicht vorausſetzt, mit derſelben abzuſchließen, hat der Eintritt
in das Untergymnaſium nur dann einen Sinn, wenn der Uebergang
in eine der beiden folgenden Stufen beabſichtigt wird. Dadurch ſind
ſie ein ſelbſtändiges Bildungsorgan.

Freilich iſt es dabei der Sache nach gleichgültig, ob dieſe Unter-
gymnaſien auch formell und räumlich von den Obergymnaſien getrennt
ſind oder nur als die unteren Claſſen des Gymnaſiums überhaupt
erſcheinen, das in dieſem Falle für ſeine unterſte Claſſe mit dem
neunten Jahre anfängt und mit ſeiner oberſten bei dem Abgang für
die Univerſität aufhört; denn jene unterſten Claſſen haben hier in allen
wohl eingerichteten Gymnaſien genau die Funktion der Untergymnaſien.
Die Gränze liegt dabei im Objekt. Das Obergymnaſium — oder
die höhere Claſſengruppe — beginnt da, wo der Schüler von der Gram-
matik zum Leſen eines Claſſikers übergeht, womit dann wieder der
griechiſche Elementarunterricht verbunden wird. So greifen dieſe
Studien in einander und erſt jetzt iſt das Weſen der Realgymnaſien
klar zu beſtimmen.

Von den Untergymnaſien kann nämlich die weitere Vorbildung
entweder zur eigentlich claſſiſchen, oder zur wirthſchaftlichen über-
gehen. Aus dem Bedürfniß nun, die letztere des höheren claſſiſchen
Elementes nicht entbehren zu laſſen, iſt nun der Verſuch hervorge-
gangen, Anſtalten zu errichten, in welchen die wirthſchaftliche Vorbildung
allerdings die Hauptſache iſt, jedoch die claſſiſche auf Grundlage der
in dem Untergymnaſium erworbenen lateiniſchen Elementarbildung
ſpeciell für das Lateiniſche ſo weit zu führen, daß die römiſche Claſſi-
cität gewonnen wird, während die griechiſche Elementarbildung des
Obergymnaſiums wegfällt und an ihre Stelle die wiſſenſchaftlich-reale
Vorbildung tritt. Eine ſolche Anſtalt, welche ſo in eigenthümlicher
Weiſe die Realbildung mit der claſſiſchen verbindet und in der römiſchen
Claſſicität den inneren Uebergang zur claſſiſchen Bildung überhaupt
feſthält, iſt das ſogenannte Realgymnaſium. Obwohl nur noch in
einzelnen Beiſpielen vorkommend, hat es dennoch eine große Zukunft.

Bei der Unfertigkeit des Bildungsproceſſes dieſer Organiſation hat
es nun einen entſchiedenen Werth, ſich dieſe Verhältniſſe in ein feſtes
Schema zu bringen. Daſſelbe iſt folgendes, mit ſyſtematiſcher Beziehung
auf die Elementarbildung.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <p><pb facs="#f0239" n="211"/>
für die er&#x017F;ten Jahre des wirklichen Lernens be&#x017F;timmt und ihr Lehr-<lb/>
princip i&#x017F;t es, den <hi rendition="#g">Elementaru</hi>nterricht, namentlich der <hi rendition="#g">alten<lb/>
Sprachen</hi> zu geben, in dem Sinne und Umfang, daß das, was &#x017F;ie<lb/>
hier bieten, <hi rendition="#g">werthlos</hi> bleibt, wenn nicht irgend eine andere Weiter-<lb/>
bildung &#x017F;tattfindet. Während daher der Eintritt in die Bürger&#x017F;chule<lb/>
die Ab&#x017F;icht voraus&#x017F;etzt, mit der&#x017F;elben abzu&#x017F;chließen, hat der Eintritt<lb/>
in das Untergymna&#x017F;ium nur dann einen Sinn, wenn der Uebergang<lb/>
in eine der beiden folgenden Stufen beab&#x017F;ichtigt wird. <hi rendition="#g">Dadurch</hi> &#x017F;ind<lb/>
&#x017F;ie ein &#x017F;elb&#x017F;tändiges Bildungsorgan.</p><lb/>
                      <p>Freilich i&#x017F;t es dabei der Sache nach gleichgültig, ob die&#x017F;e Unter-<lb/>
gymna&#x017F;ien auch formell und räumlich von den Obergymna&#x017F;ien getrennt<lb/>
&#x017F;ind oder nur als die unteren <hi rendition="#g">Cla&#x017F;&#x017F;en</hi> des Gymna&#x017F;iums überhaupt<lb/>
er&#x017F;cheinen, das in die&#x017F;em Falle für &#x017F;eine unter&#x017F;te Cla&#x017F;&#x017F;e mit dem<lb/>
neunten Jahre anfängt und mit &#x017F;einer ober&#x017F;ten bei dem Abgang für<lb/>
die Univer&#x017F;ität aufhört; denn jene unter&#x017F;ten Cla&#x017F;&#x017F;en haben hier in allen<lb/>
wohl eingerichteten Gymna&#x017F;ien genau die Funktion der Untergymna&#x017F;ien.<lb/>
Die <hi rendition="#g">Gränze</hi> liegt dabei im Objekt. Das Obergymna&#x017F;ium &#x2014; oder<lb/>
die höhere Cla&#x017F;&#x017F;engruppe &#x2014; beginnt da, wo der Schüler von der Gram-<lb/>
matik zum Le&#x017F;en eines Cla&#x017F;&#x017F;ikers übergeht, womit dann wieder der<lb/><hi rendition="#g">griechi&#x017F;che</hi> Elementarunterricht verbunden wird. So greifen die&#x017F;e<lb/>
Studien in einander und er&#x017F;t jetzt i&#x017F;t das We&#x017F;en der Realgymna&#x017F;ien<lb/>
klar zu be&#x017F;timmen.</p><lb/>
                      <p>Von den Untergymna&#x017F;ien kann nämlich die weitere Vorbildung<lb/><hi rendition="#g">entweder</hi> zur eigentlich cla&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen, <hi rendition="#g">oder</hi> zur wirth&#x017F;chaftlichen über-<lb/>
gehen. Aus dem Bedürfniß nun, die letztere des höheren cla&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Elementes nicht entbehren zu la&#x017F;&#x017F;en, i&#x017F;t nun der Ver&#x017F;uch hervorge-<lb/>
gangen, An&#x017F;talten zu errichten, in welchen die wirth&#x017F;chaftliche Vorbildung<lb/>
allerdings die Haupt&#x017F;ache i&#x017F;t, jedoch die cla&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che auf Grundlage der<lb/>
in dem Untergymna&#x017F;ium erworbenen <hi rendition="#g">lateini&#x017F;chen</hi> Elementarbildung<lb/>
&#x017F;peciell für das Lateini&#x017F;che &#x017F;o weit zu führen, daß die <hi rendition="#g">römi&#x017F;che</hi> Cla&#x017F;&#x017F;i-<lb/>
cität gewonnen wird, während die griechi&#x017F;che Elementarbildung des<lb/>
Obergymna&#x017F;iums wegfällt und an ihre Stelle die wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlich-reale<lb/>
Vorbildung tritt. Eine &#x017F;olche An&#x017F;talt, welche &#x017F;o in eigenthümlicher<lb/>
Wei&#x017F;e die Realbildung mit der cla&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen verbindet und in der römi&#x017F;chen<lb/>
Cla&#x017F;&#x017F;icität den inneren Uebergang zur cla&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Bildung überhaupt<lb/>
fe&#x017F;thält, i&#x017F;t das &#x017F;ogenannte <hi rendition="#g">Realgymna&#x017F;ium</hi>. Obwohl nur noch in<lb/>
einzelnen Bei&#x017F;pielen vorkommend, hat es dennoch eine große Zukunft.</p><lb/>
                      <p>Bei der Unfertigkeit des Bildungsproce&#x017F;&#x017F;es die&#x017F;er Organi&#x017F;ation hat<lb/>
es nun einen ent&#x017F;chiedenen Werth, &#x017F;ich die&#x017F;e Verhältni&#x017F;&#x017F;e in ein fe&#x017F;tes<lb/>
Schema zu bringen. Da&#x017F;&#x017F;elbe i&#x017F;t folgendes, mit &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;cher Beziehung<lb/>
auf die Elementarbildung.</p><lb/>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[211/0239] für die erſten Jahre des wirklichen Lernens beſtimmt und ihr Lehr- princip iſt es, den Elementarunterricht, namentlich der alten Sprachen zu geben, in dem Sinne und Umfang, daß das, was ſie hier bieten, werthlos bleibt, wenn nicht irgend eine andere Weiter- bildung ſtattfindet. Während daher der Eintritt in die Bürgerſchule die Abſicht vorausſetzt, mit derſelben abzuſchließen, hat der Eintritt in das Untergymnaſium nur dann einen Sinn, wenn der Uebergang in eine der beiden folgenden Stufen beabſichtigt wird. Dadurch ſind ſie ein ſelbſtändiges Bildungsorgan. Freilich iſt es dabei der Sache nach gleichgültig, ob dieſe Unter- gymnaſien auch formell und räumlich von den Obergymnaſien getrennt ſind oder nur als die unteren Claſſen des Gymnaſiums überhaupt erſcheinen, das in dieſem Falle für ſeine unterſte Claſſe mit dem neunten Jahre anfängt und mit ſeiner oberſten bei dem Abgang für die Univerſität aufhört; denn jene unterſten Claſſen haben hier in allen wohl eingerichteten Gymnaſien genau die Funktion der Untergymnaſien. Die Gränze liegt dabei im Objekt. Das Obergymnaſium — oder die höhere Claſſengruppe — beginnt da, wo der Schüler von der Gram- matik zum Leſen eines Claſſikers übergeht, womit dann wieder der griechiſche Elementarunterricht verbunden wird. So greifen dieſe Studien in einander und erſt jetzt iſt das Weſen der Realgymnaſien klar zu beſtimmen. Von den Untergymnaſien kann nämlich die weitere Vorbildung entweder zur eigentlich claſſiſchen, oder zur wirthſchaftlichen über- gehen. Aus dem Bedürfniß nun, die letztere des höheren claſſiſchen Elementes nicht entbehren zu laſſen, iſt nun der Verſuch hervorge- gangen, Anſtalten zu errichten, in welchen die wirthſchaftliche Vorbildung allerdings die Hauptſache iſt, jedoch die claſſiſche auf Grundlage der in dem Untergymnaſium erworbenen lateiniſchen Elementarbildung ſpeciell für das Lateiniſche ſo weit zu führen, daß die römiſche Claſſi- cität gewonnen wird, während die griechiſche Elementarbildung des Obergymnaſiums wegfällt und an ihre Stelle die wiſſenſchaftlich-reale Vorbildung tritt. Eine ſolche Anſtalt, welche ſo in eigenthümlicher Weiſe die Realbildung mit der claſſiſchen verbindet und in der römiſchen Claſſicität den inneren Uebergang zur claſſiſchen Bildung überhaupt feſthält, iſt das ſogenannte Realgymnaſium. Obwohl nur noch in einzelnen Beiſpielen vorkommend, hat es dennoch eine große Zukunft. Bei der Unfertigkeit des Bildungsproceſſes dieſer Organiſation hat es nun einen entſchiedenen Werth, ſich dieſe Verhältniſſe in ein feſtes Schema zu bringen. Daſſelbe iſt folgendes, mit ſyſtematiſcher Beziehung auf die Elementarbildung.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/239
Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/239>, abgerufen am 30.04.2024.