geben daher dasjenige, was jene gemeinsam umfaßt, und doch selbst nur wieder als Theil eines größern Ganzen erscheint. In ihnen liegt daher die Lösung des Problems, welches mit der wirthschaftlichen Fachbildung gekommen ist. Die Verwaltungslehre und das Verwal- tungsrecht bilden das für die letztere, was Philosophie und Geschichte für die Fakultäten sind; der Uebergang zu der Gemeinschaft mit den Studien der juristischen Fakultät wird dann in Nationalökonomie und Statistik gegeben, und erst auf dieser Basis darf man von einem or- ganischen System der wirthschaftlichen Fachbildung reden.
Zunächst als formelle Frage erscheint die, ob die Fachbildung für Verwaltungslehre und Recht ein Theil der Universität, oder ein Theil der wirthschaftlichen, speciell der technischen Anstalten bilden soll. In der That aber kann die Sache kaum zweifelhaft erscheinen. Die natür- liche Stellung ist die Anlehnung an die Universität, und zwar als ein innerhalb der juristisch-staatswissenschaftlichen Fakultät bestehendes Glied der letzteren. Abgesehen von allen wissenschaftlichen und dog- matischen Gründen sprechen dafür auch praktische Gründe in entschei- dender Weise. Wir betreten damit das letzte Gebiet der öffentlichen Lehrordnungsfrage der wirthschaftlichen Fachbildung.
Durch das Auftreten der letzteren nämlich ist das weite und un- bestimmte Gebiet der Cameralien eigentlich verschwunden und ihre Fächer sind gewissermaßen heimathslos geworden. Dennoch ist es kein Zweifel, daß die Verwaltung, während sie für gewisse Gebiete mit der allgemein staatswissenschaftlichen Bildung des Juristen sich genügen kann, für andere eine specielle Fachbildung wünschen muß, der die Breite einer wissenschaftlichen Basis fehlt, die aber dennoch innerhalb ihres Kreises ihre theoretische Grundlage fordert (z. B. Zoll-, Post-, Eisenbahn-, Steuerverwaltung etc.). Für diese Berufe ist mit der neuen Ordnung die organische Fachbildung verschwunden, und es ist der Widerspruch entstanden, daß der Staat zwar ein Prüfungs-, nicht aber ein Bildungssystem für dieselben besitzt. So lange nun die Verwaltung selbst noch eine mechanische war, konnte das genügen. Allein das Auf- treten der Volksvertretungen und der Publicistik macht es schon jetzt unmöglich, eine wissenschaftliche Bildung durch diese mechanische Routine zu ersetzen. Die Verwaltung muß daher über kurz oder lang dazu schrei- ten auch für diese, neben der streng volkswirthschaftlichen Fachbildung stehende staatswirthschaftliche Bildung Lehrorgane und einen Lehrplans aufzustellen, der wiederum auch hier in dem Zusammenhange mit dem Ganzen sein rechtes lebendiges Element empfangen soll. Da nun kann wiederum nur geschehen, indem diese Lehrgegenstände als das aufgefaßt und aufgestellt werden, was sie sind, als Theile der
geben daher dasjenige, was jene gemeinſam umfaßt, und doch ſelbſt nur wieder als Theil eines größern Ganzen erſcheint. In ihnen liegt daher die Löſung des Problems, welches mit der wirthſchaftlichen Fachbildung gekommen iſt. Die Verwaltungslehre und das Verwal- tungsrecht bilden das für die letztere, was Philoſophie und Geſchichte für die Fakultäten ſind; der Uebergang zu der Gemeinſchaft mit den Studien der juriſtiſchen Fakultät wird dann in Nationalökonomie und Statiſtik gegeben, und erſt auf dieſer Baſis darf man von einem or- ganiſchen Syſtem der wirthſchaftlichen Fachbildung reden.
Zunächſt als formelle Frage erſcheint die, ob die Fachbildung für Verwaltungslehre und Recht ein Theil der Univerſität, oder ein Theil der wirthſchaftlichen, ſpeciell der techniſchen Anſtalten bilden ſoll. In der That aber kann die Sache kaum zweifelhaft erſcheinen. Die natür- liche Stellung iſt die Anlehnung an die Univerſität, und zwar als ein innerhalb der juriſtiſch-ſtaatswiſſenſchaftlichen Fakultät beſtehendes Glied der letzteren. Abgeſehen von allen wiſſenſchaftlichen und dog- matiſchen Gründen ſprechen dafür auch praktiſche Gründe in entſchei- dender Weiſe. Wir betreten damit das letzte Gebiet der öffentlichen Lehrordnungsfrage der wirthſchaftlichen Fachbildung.
Durch das Auftreten der letzteren nämlich iſt das weite und un- beſtimmte Gebiet der Cameralien eigentlich verſchwunden und ihre Fächer ſind gewiſſermaßen heimathslos geworden. Dennoch iſt es kein Zweifel, daß die Verwaltung, während ſie für gewiſſe Gebiete mit der allgemein ſtaatswiſſenſchaftlichen Bildung des Juriſten ſich genügen kann, für andere eine ſpecielle Fachbildung wünſchen muß, der die Breite einer wiſſenſchaftlichen Baſis fehlt, die aber dennoch innerhalb ihres Kreiſes ihre theoretiſche Grundlage fordert (z. B. Zoll-, Poſt-, Eiſenbahn-, Steuerverwaltung ꝛc.). Für dieſe Berufe iſt mit der neuen Ordnung die organiſche Fachbildung verſchwunden, und es iſt der Widerſpruch entſtanden, daß der Staat zwar ein Prüfungs-, nicht aber ein Bildungsſyſtem für dieſelben beſitzt. So lange nun die Verwaltung ſelbſt noch eine mechaniſche war, konnte das genügen. Allein das Auf- treten der Volksvertretungen und der Publiciſtik macht es ſchon jetzt unmöglich, eine wiſſenſchaftliche Bildung durch dieſe mechaniſche Routine zu erſetzen. Die Verwaltung muß daher über kurz oder lang dazu ſchrei- ten auch für dieſe, neben der ſtreng volkswirthſchaftlichen Fachbildung ſtehende ſtaatswirthſchaftliche Bildung Lehrorgane und einen Lehrplans aufzuſtellen, der wiederum auch hier in dem Zuſammenhange mit dem Ganzen ſein rechtes lebendiges Element empfangen ſoll. Da nun kann wiederum nur geſchehen, indem dieſe Lehrgegenſtände als das aufgefaßt und aufgeſtellt werden, was ſie ſind, als Theile der
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liegt daher die Löſung des Problems, welches mit der wirthſchaftlichen
Fachbildung gekommen iſt. Die Verwaltungslehre und das Verwal-
tungsrecht bilden das für die letztere, was Philoſophie und Geſchichte
für die Fakultäten ſind; der Uebergang zu der Gemeinſchaft mit den
Studien der juriſtiſchen Fakultät wird dann in Nationalökonomie und
Statiſtik gegeben, und erſt auf dieſer Baſis darf man von einem or-
ganiſchen Syſtem der wirthſchaftlichen Fachbildung reden.
Zunächſt als formelle Frage erſcheint die, ob die Fachbildung für
Verwaltungslehre und Recht ein Theil der Univerſität, oder ein Theil
der wirthſchaftlichen, ſpeciell der techniſchen Anſtalten bilden ſoll. In
der That aber kann die Sache kaum zweifelhaft erſcheinen. Die natür-
liche Stellung iſt die Anlehnung an die Univerſität, und zwar als ein
innerhalb der juriſtiſch-ſtaatswiſſenſchaftlichen Fakultät beſtehendes
Glied der letzteren. Abgeſehen von allen wiſſenſchaftlichen und dog-
matiſchen Gründen ſprechen dafür auch praktiſche Gründe in entſchei-
dender Weiſe. Wir betreten damit das letzte Gebiet der öffentlichen
Lehrordnungsfrage der wirthſchaftlichen Fachbildung.
Durch das Auftreten der letzteren nämlich iſt das weite und un-
beſtimmte Gebiet der Cameralien eigentlich verſchwunden und ihre
Fächer ſind gewiſſermaßen heimathslos geworden. Dennoch iſt es kein
Zweifel, daß die Verwaltung, während ſie für gewiſſe Gebiete mit der
allgemein ſtaatswiſſenſchaftlichen Bildung des Juriſten ſich genügen
kann, für andere eine ſpecielle Fachbildung wünſchen muß, der die
Breite einer wiſſenſchaftlichen Baſis fehlt, die aber dennoch innerhalb
ihres Kreiſes ihre theoretiſche Grundlage fordert (z. B. Zoll-, Poſt-,
Eiſenbahn-, Steuerverwaltung ꝛc.). Für dieſe Berufe iſt mit der neuen
Ordnung die organiſche Fachbildung verſchwunden, und es iſt der
Widerſpruch entſtanden, daß der Staat zwar ein Prüfungs-, nicht aber
ein Bildungsſyſtem für dieſelben beſitzt. So lange nun die Verwaltung
ſelbſt noch eine mechaniſche war, konnte das genügen. Allein das Auf-
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unmöglich, eine wiſſenſchaftliche Bildung durch dieſe mechaniſche Routine
zu erſetzen. Die Verwaltung muß daher über kurz oder lang dazu ſchrei-
ten auch für dieſe, neben der ſtreng volkswirthſchaftlichen Fachbildung
ſtehende ſtaatswirthſchaftliche Bildung Lehrorgane und einen Lehrplans
aufzuſtellen, der wiederum auch hier in dem Zuſammenhange mit
dem Ganzen ſein rechtes lebendiges Element empfangen ſoll. Da
nun kann wiederum nur geſchehen, indem dieſe Lehrgegenſtände als
das aufgefaßt und aufgeſtellt werden, was ſie ſind, als Theile der
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/302>, abgerufen am 16.06.2024.
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