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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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Auch Jahn in seinem "Volksthum" vertritt den Werth der künstlerischen
Bildung im Volke, und Aretin macht dieselbe zu einem Theile der
constitutionellen Verwaltung (Staatsrecht der constitutionellen Monarchie
Bd. II. 1. Abtheilung §. 12). Freilich bleibt das alles, ebenso wie
später Pölitz, bloß bei dem ethisch-pädagogischen Elemente stehen. Die
eigentliche Verwaltungslehre in der damaligen Form der Polizeiwissen-
schaft läßt die Sache ganz eng; so noch Mohl Bd. I. §. 76--82.
Aber freilich hat ja auch Schmid die künstlerische Erziehung und
Bildung nicht mit aufgenommen. Der einzige Punkt, wo sie dann
wieder eine Stelle fand, war die Verwaltungsgesetzkunde und zwar ein-
fach, weil sie eine Reihe von Organisationen und geltenden Bestimmungen
enthält, welche mitgetheilt werden wollten. Eine Statistik für Deutsch-
land fehlt darüber gänzlich; was von Seiten freier Vereine geschieht,
ist so gut als unbekannt; selbst Männer wie Kugler und Schnaase
haben sich nur ganz gelegentlich mit dem Gegenstande beschäftigt. Hoffen
wir, daß dieses ja auch gewerblich so wichtige Gebiet nicht lange mehr
brach liegen bleibe. -- Die bekannten geltenden Institutionen und Be-
stimmungen sind folgende.

Oesterreich. Die Akademie der bildenden Künste in Wien. Die
Unterscheidung zwischen Vorbildung und Fachbildung, und damit die
Aufstellung der Vorbereitungs-, der Architektur- und Musterschule durch
die Organisation vom 8. Oktober 1850 aufgestellt. Neues Statut
von 1865, welches den Gedanken durchführt, die Selbstverwaltung der
Lehre den Professoren nach dem Muster der Universität zu übergeben.
-- Conservatorium der Musik in Wien. -- Zeichnen als Theil des
Realunterrichts. (Stubenrauch Bd. II. S. 417).

Preußen. Akademie der Künste in Berlin seit 1699 für alle
Zweige der bildenden Kunst; im Grunde ein Selbstverwaltungs-
körper für die Kunstbildung
, indem derselben wesentlich die Leitung
der folgenden Bildungsanstalten übergeben ist. Sie ist, wie die Wiener,
der französischen nachgebildet. Die unter ihrer Leitung stehenden Kunst-
bildungsanstalten sind: 1) die akademische Zeichnenschule als Vor-
bildungsanstalt, die zugleich für andere als berufsmäßige Künstler be-
stimmt ist. 2) Die Kunst und Gewerkschule für die der freien
Kunstgewerbe; -- 3) Die künstlerische Fachschule in der Akademie
für Künstler selbst in Berlin mit Aufnahmsprüfung. Außerhalb Berlins
sind ihrer Leitung untergeordnet die Kunst-, Bau- und Gewerkschulen in
Breslau, Danzig, Köln, Magdeburg und Königsberg (Rönne Bd. II.
§. 231 und 463). -- Die Musik ist gleichfalls speciell vertreten. Königl.
Musikinstitut in Berlin, Fachbildungsanstalt für Heranbildung von
Organisten, Cantoren etc. (Organisation vom 20. Juli 1833); ähnlich

Auch Jahn in ſeinem „Volksthum“ vertritt den Werth der künſtleriſchen
Bildung im Volke, und Aretin macht dieſelbe zu einem Theile der
conſtitutionellen Verwaltung (Staatsrecht der conſtitutionellen Monarchie
Bd. II. 1. Abtheilung §. 12). Freilich bleibt das alles, ebenſo wie
ſpäter Pölitz, bloß bei dem ethiſch-pädagogiſchen Elemente ſtehen. Die
eigentliche Verwaltungslehre in der damaligen Form der Polizeiwiſſen-
ſchaft läßt die Sache ganz eng; ſo noch Mohl Bd. I. §. 76—82.
Aber freilich hat ja auch Schmid die künſtleriſche Erziehung und
Bildung nicht mit aufgenommen. Der einzige Punkt, wo ſie dann
wieder eine Stelle fand, war die Verwaltungsgeſetzkunde und zwar ein-
fach, weil ſie eine Reihe von Organiſationen und geltenden Beſtimmungen
enthält, welche mitgetheilt werden wollten. Eine Statiſtik für Deutſch-
land fehlt darüber gänzlich; was von Seiten freier Vereine geſchieht,
iſt ſo gut als unbekannt; ſelbſt Männer wie Kugler und Schnaaſe
haben ſich nur ganz gelegentlich mit dem Gegenſtande beſchäftigt. Hoffen
wir, daß dieſes ja auch gewerblich ſo wichtige Gebiet nicht lange mehr
brach liegen bleibe. — Die bekannten geltenden Inſtitutionen und Be-
ſtimmungen ſind folgende.

Oeſterreich. Die Akademie der bildenden Künſte in Wien. Die
Unterſcheidung zwiſchen Vorbildung und Fachbildung, und damit die
Aufſtellung der Vorbereitungs-, der Architektur- und Muſterſchule durch
die Organiſation vom 8. Oktober 1850 aufgeſtellt. Neues Statut
von 1865, welches den Gedanken durchführt, die Selbſtverwaltung der
Lehre den Profeſſoren nach dem Muſter der Univerſität zu übergeben.
— Conſervatorium der Muſik in Wien. — Zeichnen als Theil des
Realunterrichts. (Stubenrauch Bd. II. S. 417).

Preußen. Akademie der Künſte in Berlin ſeit 1699 für alle
Zweige der bildenden Kunſt; im Grunde ein Selbſtverwaltungs-
körper für die Kunſtbildung
, indem derſelben weſentlich die Leitung
der folgenden Bildungsanſtalten übergeben iſt. Sie iſt, wie die Wiener,
der franzöſiſchen nachgebildet. Die unter ihrer Leitung ſtehenden Kunſt-
bildungsanſtalten ſind: 1) die akademiſche Zeichnenſchule als Vor-
bildungsanſtalt, die zugleich für andere als berufsmäßige Künſtler be-
ſtimmt iſt. 2) Die Kunſt und Gewerkſchule für die der freien
Kunſtgewerbe; — 3) Die künſtleriſche Fachſchule in der Akademie
für Künſtler ſelbſt in Berlin mit Aufnahmsprüfung. Außerhalb Berlins
ſind ihrer Leitung untergeordnet die Kunſt-, Bau- und Gewerkſchulen in
Breslau, Danzig, Köln, Magdeburg und Königsberg (Rönne Bd. II.
§. 231 und 463). — Die Muſik iſt gleichfalls ſpeciell vertreten. Königl.
Muſikinſtitut in Berlin, Fachbildungsanſtalt für Heranbildung von
Organiſten, Cantoren ꝛc. (Organiſation vom 20. Juli 1833); ähnlich

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[285/0313] Auch Jahn in ſeinem „Volksthum“ vertritt den Werth der künſtleriſchen Bildung im Volke, und Aretin macht dieſelbe zu einem Theile der conſtitutionellen Verwaltung (Staatsrecht der conſtitutionellen Monarchie Bd. II. 1. Abtheilung §. 12). Freilich bleibt das alles, ebenſo wie ſpäter Pölitz, bloß bei dem ethiſch-pädagogiſchen Elemente ſtehen. Die eigentliche Verwaltungslehre in der damaligen Form der Polizeiwiſſen- ſchaft läßt die Sache ganz eng; ſo noch Mohl Bd. I. §. 76—82. Aber freilich hat ja auch Schmid die künſtleriſche Erziehung und Bildung nicht mit aufgenommen. Der einzige Punkt, wo ſie dann wieder eine Stelle fand, war die Verwaltungsgeſetzkunde und zwar ein- fach, weil ſie eine Reihe von Organiſationen und geltenden Beſtimmungen enthält, welche mitgetheilt werden wollten. Eine Statiſtik für Deutſch- land fehlt darüber gänzlich; was von Seiten freier Vereine geſchieht, iſt ſo gut als unbekannt; ſelbſt Männer wie Kugler und Schnaaſe haben ſich nur ganz gelegentlich mit dem Gegenſtande beſchäftigt. Hoffen wir, daß dieſes ja auch gewerblich ſo wichtige Gebiet nicht lange mehr brach liegen bleibe. — Die bekannten geltenden Inſtitutionen und Be- ſtimmungen ſind folgende. Oeſterreich. Die Akademie der bildenden Künſte in Wien. Die Unterſcheidung zwiſchen Vorbildung und Fachbildung, und damit die Aufſtellung der Vorbereitungs-, der Architektur- und Muſterſchule durch die Organiſation vom 8. Oktober 1850 aufgeſtellt. Neues Statut von 1865, welches den Gedanken durchführt, die Selbſtverwaltung der Lehre den Profeſſoren nach dem Muſter der Univerſität zu übergeben. — Conſervatorium der Muſik in Wien. — Zeichnen als Theil des Realunterrichts. (Stubenrauch Bd. II. S. 417). Preußen. Akademie der Künſte in Berlin ſeit 1699 für alle Zweige der bildenden Kunſt; im Grunde ein Selbſtverwaltungs- körper für die Kunſtbildung, indem derſelben weſentlich die Leitung der folgenden Bildungsanſtalten übergeben iſt. Sie iſt, wie die Wiener, der franzöſiſchen nachgebildet. Die unter ihrer Leitung ſtehenden Kunſt- bildungsanſtalten ſind: 1) die akademiſche Zeichnenſchule als Vor- bildungsanſtalt, die zugleich für andere als berufsmäßige Künſtler be- ſtimmt iſt. 2) Die Kunſt und Gewerkſchule für die der freien Kunſtgewerbe; — 3) Die künſtleriſche Fachſchule in der Akademie für Künſtler ſelbſt in Berlin mit Aufnahmsprüfung. Außerhalb Berlins ſind ihrer Leitung untergeordnet die Kunſt-, Bau- und Gewerkſchulen in Breslau, Danzig, Köln, Magdeburg und Königsberg (Rönne Bd. II. §. 231 und 463). — Die Muſik iſt gleichfalls ſpeciell vertreten. Königl. Muſikinſtitut in Berlin, Fachbildungsanſtalt für Heranbildung von Organiſten, Cantoren ꝛc. (Organiſation vom 20. Juli 1833); ähnlich

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/313>, abgerufen am 29.04.2024.