Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.IV. Geschichtliche Entwicklung. 1) Das gesellschaftliche und das staatliche Princip des Bildungsrechts. Niemand wohl wird es für nöthig erachten, hier den Satz weiter Diese beiden Faktoren nun sind hier wie immer die menschliche Ge- Es mag uns daher wohl gestattet werden, hier den Charakter der Es ist an einem andern Orte gezeigt, daß die Gesammtordnung Einerseits nämlich ruft das Wesen der Gesellschaftsordnung noth- IV. Geſchichtliche Entwicklung. 1) Das geſellſchaftliche und das ſtaatliche Princip des Bildungsrechts. Niemand wohl wird es für nöthig erachten, hier den Satz weiter Dieſe beiden Faktoren nun ſind hier wie immer die menſchliche Ge- Es mag uns daher wohl geſtattet werden, hier den Charakter der Es iſt an einem andern Orte gezeigt, daß die Geſammtordnung Einerſeits nämlich ruft das Weſen der Geſellſchaftsordnung noth- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0048" n="20"/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Geſchichtliche Entwicklung.</hi> </head><lb/> <div n="5"> <head>1) <hi rendition="#g">Das geſellſchaftliche und das ſtaatliche Princip des<lb/> Bildungsrechts</hi>.</head><lb/> <p>Niemand wohl wird es für nöthig erachten, hier den Satz weiter<lb/> auszuführen, daß das poſitive Recht auf allen Gebieten des Lebens,<lb/> alſo auch der Verwaltung im Allgemeinen und das der Bildung im<lb/> Beſonderen nicht etwa zufällig und willkürlich entſteht, ſondern ſich in<lb/> ſeiner Bildung nach den großen Elementen richtet, welche das geſammte<lb/> Leben beherrſchen. Und ſo ſteht es feſt, daß die Wiſſenſchaft alles und<lb/> ſo auch dieſes Rechts nicht bloß in der Sammlung der betreffenden<lb/> Beſtimmungen, ſondern in dem Verſtändniß der großen Faktoren und<lb/> ihrer Geſetze beſteht, aus welchem das poſitive Recht hervorgeht.</p><lb/> <p>Dieſe beiden Faktoren nun ſind hier wie immer die menſchliche Ge-<lb/> ſellſchaft und die Staatsidee. Beide ſind in der Wirklichkeit untrennbar<lb/> verſchmolzen; nur die Wiſſenſchaft vermag ſie zu ſcheiden. Wo ſie es<lb/> aber thut, entſteht ein eigenthümliches Bild, das die bewegenden Kräfte<lb/> der Weltgeſchichte ſelbſtändig darlegt, uns in die große Werkſtatt aller<lb/> Rechtsbildung, und ſo auch die des Bildungsrechts aller Völker und<lb/> Zeiten hineinführt, und uns das Werden desjenigen zeigt, was wir<lb/> das poſitive Recht nennen.</p><lb/> <p>Es mag uns daher wohl geſtattet werden, hier den Charakter der<lb/> Geſellſchaft einerſeits und des Staats andererſeits zu bezeichnen, um<lb/> anſchauen zu können, wie ſie in lebendiger Wechſelwirkung das Bildungs-<lb/> weſen der Staaten erzeugt haben.</p><lb/> <p>Es iſt an einem andern Orte gezeigt, daß die Geſammtordnung<lb/> der geiſtigen und wirthſchaftlichen Güter in der Menſchheit, als Ord-<lb/> nung des Lebens derſelben erſcheinend, die Geſellſchaft iſt, und daß dieſe<lb/> Geſellſchaft drei große Grundformen bis jetzt entwickelt hat, die Ge-<lb/> ſchlechter-, die ſtändiſche und die ſtaatsbürgerliche Ordnung. Es iſt ferner<lb/> gezeigt, daß jede dieſer Ordnungen nicht bloß ihre Verfaſſung, ſondern auch<lb/> ihre Verwaltung erzeugt. Der Verwaltung im weiteſten Sinne gehört<lb/> auch das Bildungsweſen. Jede Geſellſchaftsordnung <hi rendition="#g">hat daher ihre<lb/> Geſtalt und ihr Recht des Bildungsweſens</hi>. Dieſes Bildungs-<lb/> weſen der Geſellſchaftsordnung im Gegenſatze zu dem des Staats hat<lb/> nun einen zweifachen Inhalt, auf dem ſein Einfluß und ſeine Geſchichte<lb/> beruhen.</p><lb/> <p>Einerſeits nämlich ruft das Weſen der Geſellſchaftsordnung noth-<lb/> wendig dasjenige hervor, wodurch ſie ſich von der Idee des Staates<lb/> ſcheidet, das iſt der <hi rendition="#g">Unterſchied</hi> der Klaſſen, und damit ihren Gegenſatz.<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [20/0048]
IV. Geſchichtliche Entwicklung.
1) Das geſellſchaftliche und das ſtaatliche Princip des
Bildungsrechts.
Niemand wohl wird es für nöthig erachten, hier den Satz weiter
auszuführen, daß das poſitive Recht auf allen Gebieten des Lebens,
alſo auch der Verwaltung im Allgemeinen und das der Bildung im
Beſonderen nicht etwa zufällig und willkürlich entſteht, ſondern ſich in
ſeiner Bildung nach den großen Elementen richtet, welche das geſammte
Leben beherrſchen. Und ſo ſteht es feſt, daß die Wiſſenſchaft alles und
ſo auch dieſes Rechts nicht bloß in der Sammlung der betreffenden
Beſtimmungen, ſondern in dem Verſtändniß der großen Faktoren und
ihrer Geſetze beſteht, aus welchem das poſitive Recht hervorgeht.
Dieſe beiden Faktoren nun ſind hier wie immer die menſchliche Ge-
ſellſchaft und die Staatsidee. Beide ſind in der Wirklichkeit untrennbar
verſchmolzen; nur die Wiſſenſchaft vermag ſie zu ſcheiden. Wo ſie es
aber thut, entſteht ein eigenthümliches Bild, das die bewegenden Kräfte
der Weltgeſchichte ſelbſtändig darlegt, uns in die große Werkſtatt aller
Rechtsbildung, und ſo auch die des Bildungsrechts aller Völker und
Zeiten hineinführt, und uns das Werden desjenigen zeigt, was wir
das poſitive Recht nennen.
Es mag uns daher wohl geſtattet werden, hier den Charakter der
Geſellſchaft einerſeits und des Staats andererſeits zu bezeichnen, um
anſchauen zu können, wie ſie in lebendiger Wechſelwirkung das Bildungs-
weſen der Staaten erzeugt haben.
Es iſt an einem andern Orte gezeigt, daß die Geſammtordnung
der geiſtigen und wirthſchaftlichen Güter in der Menſchheit, als Ord-
nung des Lebens derſelben erſcheinend, die Geſellſchaft iſt, und daß dieſe
Geſellſchaft drei große Grundformen bis jetzt entwickelt hat, die Ge-
ſchlechter-, die ſtändiſche und die ſtaatsbürgerliche Ordnung. Es iſt ferner
gezeigt, daß jede dieſer Ordnungen nicht bloß ihre Verfaſſung, ſondern auch
ihre Verwaltung erzeugt. Der Verwaltung im weiteſten Sinne gehört
auch das Bildungsweſen. Jede Geſellſchaftsordnung hat daher ihre
Geſtalt und ihr Recht des Bildungsweſens. Dieſes Bildungs-
weſen der Geſellſchaftsordnung im Gegenſatze zu dem des Staats hat
nun einen zweifachen Inhalt, auf dem ſein Einfluß und ſeine Geſchichte
beruhen.
Einerſeits nämlich ruft das Weſen der Geſellſchaftsordnung noth-
wendig dasjenige hervor, wodurch ſie ſich von der Idee des Staates
ſcheidet, das iſt der Unterſchied der Klaſſen, und damit ihren Gegenſatz.
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