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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868.

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daß mithin die Enteignung von jedem Gute ausgeschlossen werde, dessen
Besitz nur als Vortheil für die Unternehmung erscheint; -- zweitens
soll nichts der Enteignung unterworfen werden, was sich die Unter-
nehmung durch etwas Anderes würde ersetzen können. Alle Thätigkeit
der genehmigenden Behörde steht unter den angegebenen Regeln; um
sie damit conform zu machen, gibt es aber kein anderes Mittel, als
das der Beschwerde, die auch hier wieder ihre hohe Wichtigkeit zeigt.

Es folgt daraus, daß jede Unternehmung, die der Enteignung be-
darf, die Detailpläne der Behörde vorlegen muß. Es folgt aber ferner,
daß da, wo diese Detailpläne nicht gemacht werden können, ohne frem-
den Grund zu betreten, die Genehmigung für dieses Betreten zum
Zweck des Aufstellens der Detailpläne vorausgehen kann (Vorgenehmi-
gung, Vorconcession). Es folgt aber endlich, daß die Vorlage sich
nicht bloß auf die Enteignung eines Gutes, sondern auch auf Enteig-
nung einzelner Momente desselben beziehen kann, namentlich auf Her-
stellung und Ablösung von Dienstbarkeiten, Aenderung derselben, auf
die Benützung von Gruben und Aehnliches. Die Behörde hat dabei
unzweifelhaft das Recht, eben so wohl die Enteignung solcher einzelner
Momente, als des ganzen Gutes auszusprechen, indem sie die folgenden
Grundsätze für ihr Verfahren dabei betrachtet.

Allein während die Verwaltung auf diese Weise sich ihr eignes
Urtheil bildet über die Einzelobjekte der Enteignung, tritt nun ein
zweites Moment hinzu, welches dazu bestimmt ist, den obigen Grund-
satz der Beschränkung der Enteignung auf das Nothwendige eben im
Einzelnen durchzuführen. Das ist die Organisirung der Betheiligung
der Einzelnen an der Bestimmung der Enteignungsobjekte. Diese
Organisirung besteht darin, daß -- am besten natürlich gemeindeweise
-- die Detailpläne ausgelegt und die durch die Enteignung Betroffenen
aufgefordert -- oder doch zugelassen werden, ihre Aeußerungen über die
Anforderungen der Unternehmung abzugeben. Diese Aeußerungen werden
amtlich protocollirt und bei der schließlichen Detailgenehmigung ver-
werthet. Grundsatz soll sein, daß jede Einwendung gegen eine Einzel-
enteignung mit begründetem Erlaß der betreffenden Behörde erledigt
werde; die Beschwerde gegen den Erlaß steht frei. Die Bedeutung dieser
öffentlichen Betheiligung beruht darauf, daß die örtliche Nothwendigkeit
örtlich am besten erkannt, und das örtliche und Einzelinteresse gegen-
über dem Interesse der Unternehmung zur vollen Geltung gebracht
werde, während die Behörde, allein stehend, nur den oft scheinbaren
technischen Bedarf beurtheilen kann. In dieser Anziehung der Bethei-
ligten ist gleichsam das Element der Selbstverwaltung vertreten, und
die Art und Weise, wie sie eingerichtet wird und zur Geltung gelangt,

daß mithin die Enteignung von jedem Gute ausgeſchloſſen werde, deſſen
Beſitz nur als Vortheil für die Unternehmung erſcheint; — zweitens
ſoll nichts der Enteignung unterworfen werden, was ſich die Unter-
nehmung durch etwas Anderes würde erſetzen können. Alle Thätigkeit
der genehmigenden Behörde ſteht unter den angegebenen Regeln; um
ſie damit conform zu machen, gibt es aber kein anderes Mittel, als
das der Beſchwerde, die auch hier wieder ihre hohe Wichtigkeit zeigt.

Es folgt daraus, daß jede Unternehmung, die der Enteignung be-
darf, die Detailpläne der Behörde vorlegen muß. Es folgt aber ferner,
daß da, wo dieſe Detailpläne nicht gemacht werden können, ohne frem-
den Grund zu betreten, die Genehmigung für dieſes Betreten zum
Zweck des Aufſtellens der Detailpläne vorausgehen kann (Vorgenehmi-
gung, Vorconceſſion). Es folgt aber endlich, daß die Vorlage ſich
nicht bloß auf die Enteignung eines Gutes, ſondern auch auf Enteig-
nung einzelner Momente deſſelben beziehen kann, namentlich auf Her-
ſtellung und Ablöſung von Dienſtbarkeiten, Aenderung derſelben, auf
die Benützung von Gruben und Aehnliches. Die Behörde hat dabei
unzweifelhaft das Recht, eben ſo wohl die Enteignung ſolcher einzelner
Momente, als des ganzen Gutes auszuſprechen, indem ſie die folgenden
Grundſätze für ihr Verfahren dabei betrachtet.

Allein während die Verwaltung auf dieſe Weiſe ſich ihr eignes
Urtheil bildet über die Einzelobjekte der Enteignung, tritt nun ein
zweites Moment hinzu, welches dazu beſtimmt iſt, den obigen Grund-
ſatz der Beſchränkung der Enteignung auf das Nothwendige eben im
Einzelnen durchzuführen. Das iſt die Organiſirung der Betheiligung
der Einzelnen an der Beſtimmung der Enteignungsobjekte. Dieſe
Organiſirung beſteht darin, daß — am beſten natürlich gemeindeweiſe
— die Detailpläne ausgelegt und die durch die Enteignung Betroffenen
aufgefordert — oder doch zugelaſſen werden, ihre Aeußerungen über die
Anforderungen der Unternehmung abzugeben. Dieſe Aeußerungen werden
amtlich protocollirt und bei der ſchließlichen Detailgenehmigung ver-
werthet. Grundſatz ſoll ſein, daß jede Einwendung gegen eine Einzel-
enteignung mit begründetem Erlaß der betreffenden Behörde erledigt
werde; die Beſchwerde gegen den Erlaß ſteht frei. Die Bedeutung dieſer
öffentlichen Betheiligung beruht darauf, daß die örtliche Nothwendigkeit
örtlich am beſten erkannt, und das örtliche und Einzelintereſſe gegen-
über dem Intereſſe der Unternehmung zur vollen Geltung gebracht
werde, während die Behörde, allein ſtehend, nur den oft ſcheinbaren
techniſchen Bedarf beurtheilen kann. In dieſer Anziehung der Bethei-
ligten iſt gleichſam das Element der Selbſtverwaltung vertreten, und
die Art und Weiſe, wie ſie eingerichtet wird und zur Geltung gelangt,

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[328/0346] daß mithin die Enteignung von jedem Gute ausgeſchloſſen werde, deſſen Beſitz nur als Vortheil für die Unternehmung erſcheint; — zweitens ſoll nichts der Enteignung unterworfen werden, was ſich die Unter- nehmung durch etwas Anderes würde erſetzen können. Alle Thätigkeit der genehmigenden Behörde ſteht unter den angegebenen Regeln; um ſie damit conform zu machen, gibt es aber kein anderes Mittel, als das der Beſchwerde, die auch hier wieder ihre hohe Wichtigkeit zeigt. Es folgt daraus, daß jede Unternehmung, die der Enteignung be- darf, die Detailpläne der Behörde vorlegen muß. Es folgt aber ferner, daß da, wo dieſe Detailpläne nicht gemacht werden können, ohne frem- den Grund zu betreten, die Genehmigung für dieſes Betreten zum Zweck des Aufſtellens der Detailpläne vorausgehen kann (Vorgenehmi- gung, Vorconceſſion). Es folgt aber endlich, daß die Vorlage ſich nicht bloß auf die Enteignung eines Gutes, ſondern auch auf Enteig- nung einzelner Momente deſſelben beziehen kann, namentlich auf Her- ſtellung und Ablöſung von Dienſtbarkeiten, Aenderung derſelben, auf die Benützung von Gruben und Aehnliches. Die Behörde hat dabei unzweifelhaft das Recht, eben ſo wohl die Enteignung ſolcher einzelner Momente, als des ganzen Gutes auszuſprechen, indem ſie die folgenden Grundſätze für ihr Verfahren dabei betrachtet. Allein während die Verwaltung auf dieſe Weiſe ſich ihr eignes Urtheil bildet über die Einzelobjekte der Enteignung, tritt nun ein zweites Moment hinzu, welches dazu beſtimmt iſt, den obigen Grund- ſatz der Beſchränkung der Enteignung auf das Nothwendige eben im Einzelnen durchzuführen. Das iſt die Organiſirung der Betheiligung der Einzelnen an der Beſtimmung der Enteignungsobjekte. Dieſe Organiſirung beſteht darin, daß — am beſten natürlich gemeindeweiſe — die Detailpläne ausgelegt und die durch die Enteignung Betroffenen aufgefordert — oder doch zugelaſſen werden, ihre Aeußerungen über die Anforderungen der Unternehmung abzugeben. Dieſe Aeußerungen werden amtlich protocollirt und bei der ſchließlichen Detailgenehmigung ver- werthet. Grundſatz ſoll ſein, daß jede Einwendung gegen eine Einzel- enteignung mit begründetem Erlaß der betreffenden Behörde erledigt werde; die Beſchwerde gegen den Erlaß ſteht frei. Die Bedeutung dieſer öffentlichen Betheiligung beruht darauf, daß die örtliche Nothwendigkeit örtlich am beſten erkannt, und das örtliche und Einzelintereſſe gegen- über dem Intereſſe der Unternehmung zur vollen Geltung gebracht werde, während die Behörde, allein ſtehend, nur den oft ſcheinbaren techniſchen Bedarf beurtheilen kann. In dieſer Anziehung der Bethei- ligten iſt gleichſam das Element der Selbſtverwaltung vertreten, und die Art und Weiſe, wie ſie eingerichtet wird und zur Geltung gelangt,

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 7. Stuttgart, 1868, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre07_1868/346>, abgerufen am 29.04.2024.