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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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geschnittene Steine. Sie kamen in das gläserne
Eckhäuschen und in alle Theile des Gartens. In
Hinsicht der Bilder meines Vaters sprach sich mein
Gastfreund dahin aus, daß sie als Ganzes durchaus
werthvoller seien als seine Sammlung, obwohl er
auch einzelne Stücke besize, welche dem Besten aus
meines Vaters Sammlung an die Seite gestellt wer¬
den könnten. Meinen Vater freute dieses Urtheil,
und er sagte, er hätte ungefähr dasselbe gefällt. Die
geschnittenen Steine, sagte mein Gastfreund, seien
auserlesen, und denen hätte er nichts Gleiches ent¬
gegen zu stellen, es müßte nur das Marmorstandbild
sein.

"Das ist es auch, und das ist das Höchste, was
in beiden Kunstsammlungen besteht," erwiederte mein
Vater.

Die Schnizarbeiten im Glashäuschen waren mei¬
nem Gastfreunde aus meinen Abbildungen bekannt.
Er beschäftigte sich aber doch mit ihrer genauen Be¬
sichtigung, und ertheilte ihnen mit Rücksicht auf die
Zeit ihrer Entstehung viel Lob. Mein Einbeerblatt
aus Marmor im Garten wurde einer Anerkennung
nicht für unwürdig erachtet. Meinen Vater erquickte
die Würdigung seiner Schäze von einem Manne, wie

geſchnittene Steine. Sie kamen in das gläſerne
Eckhäuschen und in alle Theile des Gartens. In
Hinſicht der Bilder meines Vaters ſprach ſich mein
Gaſtfreund dahin aus, daß ſie als Ganzes durchaus
werthvoller ſeien als ſeine Sammlung, obwohl er
auch einzelne Stücke beſize, welche dem Beſten aus
meines Vaters Sammlung an die Seite geſtellt wer¬
den könnten. Meinen Vater freute dieſes Urtheil,
und er ſagte, er hätte ungefähr dasſelbe gefällt. Die
geſchnittenen Steine, ſagte mein Gaſtfreund, ſeien
auserleſen, und denen hätte er nichts Gleiches ent¬
gegen zu ſtellen, es müßte nur das Marmorſtandbild
ſein.

„Das iſt es auch, und das iſt das Höchſte, was
in beiden Kunſtſammlungen beſteht,“ erwiederte mein
Vater.

Die Schnizarbeiten im Glashäuschen waren mei¬
nem Gaſtfreunde aus meinen Abbildungen bekannt.
Er beſchäftigte ſich aber doch mit ihrer genauen Be¬
ſichtigung, und ertheilte ihnen mit Rückſicht auf die
Zeit ihrer Entſtehung viel Lob. Mein Einbeerblatt
aus Marmor im Garten wurde einer Anerkennung
nicht für unwürdig erachtet. Meinen Vater erquickte
die Würdigung ſeiner Schäze von einem Manne, wie

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[397/0411] geſchnittene Steine. Sie kamen in das gläſerne Eckhäuschen und in alle Theile des Gartens. In Hinſicht der Bilder meines Vaters ſprach ſich mein Gaſtfreund dahin aus, daß ſie als Ganzes durchaus werthvoller ſeien als ſeine Sammlung, obwohl er auch einzelne Stücke beſize, welche dem Beſten aus meines Vaters Sammlung an die Seite geſtellt wer¬ den könnten. Meinen Vater freute dieſes Urtheil, und er ſagte, er hätte ungefähr dasſelbe gefällt. Die geſchnittenen Steine, ſagte mein Gaſtfreund, ſeien auserleſen, und denen hätte er nichts Gleiches ent¬ gegen zu ſtellen, es müßte nur das Marmorſtandbild ſein. „Das iſt es auch, und das iſt das Höchſte, was in beiden Kunſtſammlungen beſteht,“ erwiederte mein Vater. Die Schnizarbeiten im Glashäuschen waren mei¬ nem Gaſtfreunde aus meinen Abbildungen bekannt. Er beſchäftigte ſich aber doch mit ihrer genauen Be¬ ſichtigung, und ertheilte ihnen mit Rückſicht auf die Zeit ihrer Entſtehung viel Lob. Mein Einbeerblatt aus Marmor im Garten wurde einer Anerkennung nicht für unwürdig erachtet. Meinen Vater erquickte die Würdigung ſeiner Schäze von einem Manne, wie

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/411>, abgerufen am 14.05.2024.