Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

der Gedanke, Sie alle zu sehen, mir wegen des
Übels, das ich Ihnen zufügte, und das mir immer
Unruhe machte, Ihre vollkommene Verzeihung zu
holen, und Ihre Achtung zu erwerben; denn ich habe
seither in vielen Schlachten mit jenem leichten Herzen
gekämpft, das mir dieser Herr damals gewünscht hat."

Er zeigte bei diesen Worten auf den Verwalter.

"So gefallen Sie mir viel besser, junger Mann,
als in jener Nacht," sagte der mit rothem Angesichte
und schneeweißen Haaren prangende Schloßherr.

"Ja, lieber Herr," erwiederte der Fremde, "ich
kenne kein fröhlicheres Gefühl, als mit entlasteter
Brust an der Seite seiner Stammes- und Sprachge¬
nossen einem übermüthigen und anmaßenden Feinde
des schönen Vaterlandes entgegen zu reiten. Mir ist
dies Gefühl zu Theil geworden, ich habe gesucht, die
Scharte, die meine Dienstpflicht in jener Nacht der
gemeinschaftlichen Sache vielleicht geschlagen hat,
wieder gut zu machen, und mögen alle Himmel geben,
daß das so tief fühlende denkende edelherzige Volk der
Deutschen nie wieder in seinen altersgrauen Fehler
zurükfalle, und gegen sich selber kämpfe."

"Ja gebe es Gott, gebe es Gott," sagten die
Männer.

Es war indessen der Kaffeh eingeschenkt worden,

der Gedanke, Sie alle zu ſehen, mir wegen des
Übels, das ich Ihnen zufügte, und das mir immer
Unruhe machte, Ihre vollkommene Verzeihung zu
holen, und Ihre Achtung zu erwerben; denn ich habe
ſeither in vielen Schlachten mit jenem leichten Herzen
gekämpft, das mir dieſer Herr damals gewünſcht hat.“

Er zeigte bei dieſen Worten auf den Verwalter.

„So gefallen Sie mir viel beſſer, junger Mann,
als in jener Nacht,“ ſagte der mit rothem Angeſichte
und ſchneeweißen Haaren prangende Schloßherr.

„Ja, lieber Herr,“ erwiederte der Fremde, „ich
kenne kein fröhlicheres Gefühl, als mit entlaſteter
Bruſt an der Seite ſeiner Stammes- und Sprachge¬
noſſen einem übermüthigen und anmaßenden Feinde
des ſchönen Vaterlandes entgegen zu reiten. Mir iſt
dies Gefühl zu Theil geworden, ich habe geſucht, die
Scharte, die meine Dienſtpflicht in jener Nacht der
gemeinſchaftlichen Sache vielleicht geſchlagen hat,
wieder gut zu machen, und mögen alle Himmel geben,
daß das ſo tief fühlende denkende edelherzige Volk der
Deutſchen nie wieder in ſeinen altersgrauen Fehler
zurükfalle, und gegen ſich ſelber kämpfe.“

„Ja gebe es Gott, gebe es Gott,“ ſagten die
Männer.

Es war indeſſen der Kaffeh eingeſchenkt worden‚

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0272" n="261"/>
der Gedanke, Sie alle zu &#x017F;ehen, mir wegen des<lb/>
Übels, das ich Ihnen zufügte, und das mir immer<lb/>
Unruhe machte, Ihre vollkommene Verzeihung zu<lb/>
holen, und Ihre Achtung zu erwerben; denn ich habe<lb/>
&#x017F;either in vielen Schlachten mit jenem leichten Herzen<lb/>
gekämpft, das mir die&#x017F;er Herr damals gewün&#x017F;cht hat.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Er zeigte bei die&#x017F;en Worten auf den Verwalter.</p><lb/>
        <p>&#x201E;So gefallen Sie mir viel be&#x017F;&#x017F;er, junger Mann,<lb/>
als in jener Nacht,&#x201C; &#x017F;agte der mit rothem Ange&#x017F;ichte<lb/>
und &#x017F;chneeweißen Haaren prangende Schloßherr.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja, lieber Herr,&#x201C; erwiederte der Fremde, &#x201E;ich<lb/>
kenne kein fröhlicheres Gefühl, als mit entla&#x017F;teter<lb/>
Bru&#x017F;t an der Seite &#x017F;einer Stammes- und Sprachge¬<lb/>
no&#x017F;&#x017F;en einem übermüthigen und anmaßenden Feinde<lb/>
des &#x017F;chönen Vaterlandes entgegen zu reiten. Mir i&#x017F;t<lb/>
dies Gefühl zu Theil geworden, ich habe ge&#x017F;ucht, die<lb/>
Scharte, die meine Dien&#x017F;tpflicht in jener Nacht der<lb/>
gemein&#x017F;chaftlichen Sache vielleicht ge&#x017F;chlagen hat,<lb/>
wieder gut zu machen, und mögen alle Himmel geben,<lb/>
daß das &#x017F;o tief fühlende denkende edelherzige Volk der<lb/>
Deut&#x017F;chen nie wieder in &#x017F;einen altersgrauen Fehler<lb/>
zurükfalle, und gegen &#x017F;ich &#x017F;elber kämpfe.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja gebe es Gott, gebe es Gott,&#x201C; &#x017F;agten die<lb/>
Männer.</p><lb/>
        <p>Es war inde&#x017F;&#x017F;en der Kaffeh einge&#x017F;chenkt worden&#x201A;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0272] der Gedanke, Sie alle zu ſehen, mir wegen des Übels, das ich Ihnen zufügte, und das mir immer Unruhe machte, Ihre vollkommene Verzeihung zu holen, und Ihre Achtung zu erwerben; denn ich habe ſeither in vielen Schlachten mit jenem leichten Herzen gekämpft, das mir dieſer Herr damals gewünſcht hat.“ Er zeigte bei dieſen Worten auf den Verwalter. „So gefallen Sie mir viel beſſer, junger Mann, als in jener Nacht,“ ſagte der mit rothem Angeſichte und ſchneeweißen Haaren prangende Schloßherr. „Ja, lieber Herr,“ erwiederte der Fremde, „ich kenne kein fröhlicheres Gefühl, als mit entlaſteter Bruſt an der Seite ſeiner Stammes- und Sprachge¬ noſſen einem übermüthigen und anmaßenden Feinde des ſchönen Vaterlandes entgegen zu reiten. Mir iſt dies Gefühl zu Theil geworden, ich habe geſucht, die Scharte, die meine Dienſtpflicht in jener Nacht der gemeinſchaftlichen Sache vielleicht geſchlagen hat, wieder gut zu machen, und mögen alle Himmel geben, daß das ſo tief fühlende denkende edelherzige Volk der Deutſchen nie wieder in ſeinen altersgrauen Fehler zurükfalle, und gegen ſich ſelber kämpfe.“ „Ja gebe es Gott, gebe es Gott,“ ſagten die Männer. Es war indeſſen der Kaffeh eingeſchenkt worden‚

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/272
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/272>, abgerufen am 28.04.2024.