Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

blike erröthete der Schnee um die Kinder, als wäre
er mit Millionen Rosen überstreut worden. Die
Kuppen und die Hörner warfen sehr lange grünliche
Schatten längs des Schnees.

"Sanna, wir werden jezt da weiter vorwärts
gehen, bis wir an den Rand des Berges kommen,
und hinunter sehen," sagte der Knabe.

Sie gingen nun in den Schnee hinaus. Er war
in der heiteren Nacht noch trokener geworden, und
wich den Tritten noch besser aus. Sie wateten rüstig
fort. Ihre Glieder wurden sogar geschmeidiger und
stärker, da sie gingen. Allein sie kamen an keinen
Rand, und sahen nicht hinunter. Schneefeld entwikelte
sich aus Schneefeld, und am Saume eines jeden stand
alle Male wieder der Himmel.

Sie gingen deßohngeachtet fort.

Da kamen sie wieder in das Eis. Sie wußten nicht,
wie das Eis daher gekommen sei, aber unter den Füssen
empfanden sie den glatten Boden, und waren gleich
nicht die fürchterlichen Trümmer, wie an jenem Rande,
an dem sie die Nacht zugebracht hatten, so sahen sie doch,
daß sie auf glattem Eise fortgingen, sie sahen hie und
da Stüke, die immer mehr wurden, die sich näher an sie
drängten, und die sie wieder zu klettern zwangen.

Aber sie verfolgten doch ihre Richtung.

blike erröthete der Schnee um die Kinder, als wäre
er mit Millionen Roſen überſtreut worden. Die
Kuppen und die Hörner warfen ſehr lange grünliche
Schatten längs des Schnees.

„Sanna, wir werden jezt da weiter vorwärts
gehen, bis wir an den Rand des Berges kommen,
und hinunter ſehen,“ ſagte der Knabe.

Sie gingen nun in den Schnee hinaus. Er war
in der heiteren Nacht noch trokener geworden, und
wich den Tritten noch beſſer aus. Sie wateten rüſtig
fort. Ihre Glieder wurden ſogar geſchmeidiger und
ſtärker, da ſie gingen. Allein ſie kamen an keinen
Rand, und ſahen nicht hinunter. Schneefeld entwikelte
ſich aus Schneefeld, und am Saume eines jeden ſtand
alle Male wieder der Himmel.

Sie gingen deßohngeachtet fort.

Da kamen ſie wieder in das Eis. Sie wußten nicht,
wie das Eis daher gekommen ſei, aber unter den Füſſen
empfanden ſie den glatten Boden, und waren gleich
nicht die fürchterlichen Trümmer, wie an jenem Rande,
an dem ſie die Nacht zugebracht hatten, ſo ſahen ſie doch,
daß ſie auf glattem Eiſe fortgingen, ſie ſahen hie und
da Stüke, die immer mehr wurden, die ſich näher an ſie
drängten, und die ſie wieder zu klettern zwangen.

Aber ſie verfolgten doch ihre Richtung.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0088" n="77"/>
blike erröthete der Schnee um die Kinder, als wäre<lb/>
er mit Millionen Ro&#x017F;en über&#x017F;treut worden. Die<lb/>
Kuppen und die Hörner warfen &#x017F;ehr lange grünliche<lb/>
Schatten längs des Schnees.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sanna, wir werden jezt da weiter vorwärts<lb/>
gehen, bis wir an den Rand des Berges kommen,<lb/>
und hinunter &#x017F;ehen,&#x201C; &#x017F;agte der Knabe.</p><lb/>
        <p>Sie gingen nun in den Schnee hinaus. Er war<lb/>
in der heiteren Nacht noch trokener geworden, und<lb/>
wich den Tritten noch be&#x017F;&#x017F;er aus. Sie wateten rü&#x017F;tig<lb/>
fort. Ihre Glieder wurden &#x017F;ogar ge&#x017F;chmeidiger und<lb/>
&#x017F;tärker, da &#x017F;ie gingen. Allein &#x017F;ie kamen an keinen<lb/>
Rand, und &#x017F;ahen nicht hinunter. Schneefeld entwikelte<lb/>
&#x017F;ich aus Schneefeld, und am Saume eines jeden &#x017F;tand<lb/>
alle Male wieder der Himmel.</p><lb/>
        <p>Sie gingen deßohngeachtet fort.</p><lb/>
        <p>Da kamen &#x017F;ie wieder in das Eis. Sie wußten nicht,<lb/>
wie das Eis daher gekommen &#x017F;ei, aber unter den Fü&#x017F;&#x017F;en<lb/>
empfanden &#x017F;ie den glatten Boden, und waren gleich<lb/>
nicht die fürchterlichen Trümmer, wie an jenem Rande,<lb/>
an dem &#x017F;ie die Nacht zugebracht hatten, &#x017F;o &#x017F;ahen &#x017F;ie doch,<lb/>
daß &#x017F;ie auf glattem Ei&#x017F;e fortgingen, &#x017F;ie &#x017F;ahen hie und<lb/>
da Stüke, die immer mehr wurden, die &#x017F;ich näher an &#x017F;ie<lb/>
drängten, und die &#x017F;ie wieder zu klettern zwangen.</p><lb/>
        <p>Aber &#x017F;ie verfolgten doch ihre Richtung.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0088] blike erröthete der Schnee um die Kinder, als wäre er mit Millionen Roſen überſtreut worden. Die Kuppen und die Hörner warfen ſehr lange grünliche Schatten längs des Schnees. „Sanna, wir werden jezt da weiter vorwärts gehen, bis wir an den Rand des Berges kommen, und hinunter ſehen,“ ſagte der Knabe. Sie gingen nun in den Schnee hinaus. Er war in der heiteren Nacht noch trokener geworden, und wich den Tritten noch beſſer aus. Sie wateten rüſtig fort. Ihre Glieder wurden ſogar geſchmeidiger und ſtärker, da ſie gingen. Allein ſie kamen an keinen Rand, und ſahen nicht hinunter. Schneefeld entwikelte ſich aus Schneefeld, und am Saume eines jeden ſtand alle Male wieder der Himmel. Sie gingen deßohngeachtet fort. Da kamen ſie wieder in das Eis. Sie wußten nicht, wie das Eis daher gekommen ſei, aber unter den Füſſen empfanden ſie den glatten Boden, und waren gleich nicht die fürchterlichen Trümmer, wie an jenem Rande, an dem ſie die Nacht zugebracht hatten, ſo ſahen ſie doch, daß ſie auf glattem Eiſe fortgingen, ſie ſahen hie und da Stüke, die immer mehr wurden, die ſich näher an ſie drängten, und die ſie wieder zu klettern zwangen. Aber ſie verfolgten doch ihre Richtung.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/88
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/88>, abgerufen am 01.05.2024.