Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Schwäche und Nullität des Staatskörpers,
zu welchem er gehört, oder bey den auffallend-
sten Kränkungen der politischen Freyheit des-
selben, glücklich ist, weil seine bürgerliche Si-
cherheit und Freyheit geschützt sind; so wie es
Staaten giebt, in denen die größte öffentliche
Macht und die vollkommenste politische Orga-
nisation den einzelnen Bürger nicht für den
Mangel oder den Verlust einer wohlgeordne-
ten Polizey schadlos halten können.

Bürgerliche Sicherheit setzt bürgerliche
Freyheit voraus. Ohne diese würde jene frey-
lich eine Ruhe bewirken, die aber der Ruhe
im Grabe ähnlich wäre, deren Folgen Fäulniß
und Verwesung sind. Jene ist das Resultat
sehr zusammengesetzter und künstlich verbunde-
ner Zwecke: diese hingegen die Wirkung Eines
einfachen Grundsatzes. Mit einem Wort: Si-
cherheit muß von der machthabenden Gewalt
erzwungen, Freyheit vergönnt werden.

Der Zustand der bürgerlichen Sicherheit
in jedem Staat ist ein aufgelöstes Problem;
die Gesetze und die Mittel zur Handhabung
derselben sind Gegenstände der öffentlichen Kennt-
niß. Der Zustand der bürgerlichen Freyheit

Schwaͤche und Nullitaͤt des Staatskoͤrpers,
zu welchem er gehoͤrt, oder bey den auffallend-
ſten Kraͤnkungen der politiſchen Freyheit deſ-
ſelben, gluͤcklich iſt, weil ſeine buͤrgerliche Si-
cherheit und Freyheit geſchuͤtzt ſind; ſo wie es
Staaten giebt, in denen die groͤßte oͤffentliche
Macht und die vollkommenſte politiſche Orga-
niſation den einzelnen Buͤrger nicht fuͤr den
Mangel oder den Verluſt einer wohlgeordne-
ten Polizey ſchadlos halten koͤnnen.

Buͤrgerliche Sicherheit ſetzt buͤrgerliche
Freyheit voraus. Ohne dieſe wuͤrde jene frey-
lich eine Ruhe bewirken, die aber der Ruhe
im Grabe aͤhnlich waͤre, deren Folgen Faͤulniß
und Verweſung ſind. Jene iſt das Reſultat
ſehr zuſammengeſetzter und kuͤnſtlich verbunde-
ner Zwecke: dieſe hingegen die Wirkung Eines
einfachen Grundſatzes. Mit einem Wort: Si-
cherheit muß von der machthabenden Gewalt
erzwungen, Freyheit vergoͤnnt werden.

Der Zuſtand der buͤrgerlichen Sicherheit
in jedem Staat iſt ein aufgeloͤſtes Problem;
die Geſetze und die Mittel zur Handhabung
derſelben ſind Gegenſtaͤnde der oͤffentlichen Kennt-
niß. Der Zuſtand der buͤrgerlichen Freyheit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0192" n="158"/>
Schwa&#x0364;che und Nullita&#x0364;t des Staatsko&#x0364;rpers,<lb/>
zu welchem er geho&#x0364;rt, oder bey den auffallend-<lb/>
&#x017F;ten Kra&#x0364;nkungen der politi&#x017F;chen Freyheit de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben, glu&#x0364;cklich i&#x017F;t, weil &#x017F;eine bu&#x0364;rgerliche Si-<lb/>
cherheit und Freyheit ge&#x017F;chu&#x0364;tzt &#x017F;ind; &#x017F;o wie es<lb/>
Staaten giebt, in denen die gro&#x0364;ßte o&#x0364;ffentliche<lb/>
Macht und die vollkommen&#x017F;te politi&#x017F;che Orga-<lb/>
ni&#x017F;ation den einzelnen Bu&#x0364;rger nicht fu&#x0364;r den<lb/>
Mangel oder den Verlu&#x017F;t einer wohlgeordne-<lb/>
ten Polizey &#x017F;chadlos halten ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
          <p>Bu&#x0364;rgerliche Sicherheit &#x017F;etzt bu&#x0364;rgerliche<lb/>
Freyheit voraus. Ohne die&#x017F;e wu&#x0364;rde jene frey-<lb/>
lich eine Ruhe bewirken, die aber der Ruhe<lb/>
im Grabe a&#x0364;hnlich wa&#x0364;re, deren Folgen Fa&#x0364;ulniß<lb/>
und Verwe&#x017F;ung &#x017F;ind. Jene i&#x017F;t das Re&#x017F;ultat<lb/>
&#x017F;ehr zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzter und ku&#x0364;n&#x017F;tlich verbunde-<lb/>
ner Zwecke: die&#x017F;e hingegen die Wirkung Eines<lb/>
einfachen Grund&#x017F;atzes. Mit einem Wort: Si-<lb/>
cherheit muß von der machthabenden Gewalt<lb/>
erzwungen, Freyheit vergo&#x0364;nnt werden.</p><lb/>
          <p>Der Zu&#x017F;tand der bu&#x0364;rgerlichen Sicherheit<lb/>
in jedem Staat i&#x017F;t ein aufgelo&#x0364;&#x017F;tes Problem;<lb/>
die Ge&#x017F;etze und die Mittel zur Handhabung<lb/>
der&#x017F;elben &#x017F;ind Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde der o&#x0364;ffentlichen Kennt-<lb/>
niß. Der Zu&#x017F;tand der bu&#x0364;rgerlichen Freyheit<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0192] Schwaͤche und Nullitaͤt des Staatskoͤrpers, zu welchem er gehoͤrt, oder bey den auffallend- ſten Kraͤnkungen der politiſchen Freyheit deſ- ſelben, gluͤcklich iſt, weil ſeine buͤrgerliche Si- cherheit und Freyheit geſchuͤtzt ſind; ſo wie es Staaten giebt, in denen die groͤßte oͤffentliche Macht und die vollkommenſte politiſche Orga- niſation den einzelnen Buͤrger nicht fuͤr den Mangel oder den Verluſt einer wohlgeordne- ten Polizey ſchadlos halten koͤnnen. Buͤrgerliche Sicherheit ſetzt buͤrgerliche Freyheit voraus. Ohne dieſe wuͤrde jene frey- lich eine Ruhe bewirken, die aber der Ruhe im Grabe aͤhnlich waͤre, deren Folgen Faͤulniß und Verweſung ſind. Jene iſt das Reſultat ſehr zuſammengeſetzter und kuͤnſtlich verbunde- ner Zwecke: dieſe hingegen die Wirkung Eines einfachen Grundſatzes. Mit einem Wort: Si- cherheit muß von der machthabenden Gewalt erzwungen, Freyheit vergoͤnnt werden. Der Zuſtand der buͤrgerlichen Sicherheit in jedem Staat iſt ein aufgeloͤſtes Problem; die Geſetze und die Mittel zur Handhabung derſelben ſind Gegenſtaͤnde der oͤffentlichen Kennt- niß. Der Zuſtand der buͤrgerlichen Freyheit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg01_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg01_1794/192
Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg01_1794/192>, abgerufen am 01.05.2024.