Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

bewegten sich ihre Augen unter den geschlossenen Lidern. "Ein Geyer!" sprach sie leise.

Der Ritter fuhr in jähem Schreck zusammen. "Rolf Lembeck!" schrie er. "Verfluchter! Das gilt Dir Deinen Tod!"

Das Kind aber schlug die Arme fest um seinen Hals. "Vater! mein Vater!" schrie sie. "O, ich sterbe!"

Der Augenblick, den des Königs Arzt vorhergesehen hatte, schien gekommen. Zwiefach gespitzt war ihr der Pfeil ins Herz gedrungen; sie sprach nicht mehr; erbarmungslose Gichter warfen den jungen Körper in ihres Vaters Armen hin und wieder.

Still trug der Ritter sein Kind ins Schloß zurück; Heudan, die Dogge, folgte mit gesenktem Haupt.

"Mariä Heimsuchung!" murmelte der Mann. "O heilige Mutter, nimm mein Kind in Deinen Schutz!"

- - Aber die Mutter Gottes war nicht die Hüterin der Minne. - Ein Bote auf schnellstem Rosse ritt nach Schleswig, um einen sicheren Medikus zu holen; inzwischen legte die Base mit zitternder Hand kühle Binden um das Herz des Kindes, und ein Chirurg aus Haderslev ging ihr dabei zur Hülfe; am Fuß des Bettes stand der Schloßhauptmann:

bewegten sich ihre Augen unter den geschlossenen Lidern. „Ein Geyer!“ sprach sie leise.

Der Ritter fuhr in jähem Schreck zusammen. „Rolf Lembeck!“ schrie er. „Verfluchter! Das gilt Dir Deinen Tod!“

Das Kind aber schlug die Arme fest um seinen Hals. „Vater! mein Vater!“ schrie sie. „O, ich sterbe!“

Der Augenblick, den des Königs Arzt vorhergesehen hatte, schien gekommen. Zwiefach gespitzt war ihr der Pfeil ins Herz gedrungen; sie sprach nicht mehr; erbarmungslose Gichter warfen den jungen Körper in ihres Vaters Armen hin und wieder.

Still trug der Ritter sein Kind ins Schloß zurück; Heudan, die Dogge, folgte mit gesenktem Haupt.

„Mariä Heimsuchung!“ murmelte der Mann. „O heilige Mutter, nimm mein Kind in Deinen Schutz!“

– – Aber die Mutter Gottes war nicht die Hüterin der Minne. – Ein Bote auf schnellstem Rosse ritt nach Schleswig, um einen sicheren Medikus zu holen; inzwischen legte die Base mit zitternder Hand kühle Binden um das Herz des Kindes, und ein Chirurg aus Haderslev ging ihr dabei zur Hülfe; am Fuß des Bettes stand der Schloßhauptmann:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0201" n="197"/>
bewegten sich ihre Augen unter den geschlossenen Lidern. &#x201E;Ein Geyer!&#x201C; sprach sie leise.</p>
        <p>Der Ritter fuhr in jähem Schreck zusammen. &#x201E;Rolf Lembeck!&#x201C; schrie er. &#x201E;Verfluchter! Das gilt Dir Deinen Tod!&#x201C;</p>
        <p>Das Kind aber schlug die Arme fest um seinen Hals. &#x201E;Vater! mein Vater!&#x201C; schrie sie. &#x201E;O, ich sterbe!&#x201C;</p>
        <p>Der Augenblick, den des Königs Arzt vorhergesehen hatte, schien gekommen. Zwiefach gespitzt war ihr der Pfeil ins Herz gedrungen; sie sprach nicht mehr; erbarmungslose Gichter warfen den jungen Körper in ihres Vaters Armen hin und wieder.</p>
        <p>Still trug der Ritter sein Kind ins Schloß zurück; Heudan, die Dogge, folgte mit gesenktem Haupt.</p>
        <p>&#x201E;Mariä Heimsuchung!&#x201C; murmelte der Mann. &#x201E;O heilige Mutter, nimm mein Kind in Deinen Schutz!&#x201C;</p>
        <p>&#x2013; &#x2013; Aber die Mutter Gottes war nicht die Hüterin der Minne. &#x2013; Ein Bote auf schnellstem Rosse ritt nach Schleswig, um einen sicheren Medikus zu holen; inzwischen legte die Base mit zitternder Hand kühle Binden um das Herz des Kindes, und ein Chirurg aus Haderslev ging ihr dabei zur Hülfe; am Fuß des Bettes stand der Schloßhauptmann:
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0201] bewegten sich ihre Augen unter den geschlossenen Lidern. „Ein Geyer!“ sprach sie leise. Der Ritter fuhr in jähem Schreck zusammen. „Rolf Lembeck!“ schrie er. „Verfluchter! Das gilt Dir Deinen Tod!“ Das Kind aber schlug die Arme fest um seinen Hals. „Vater! mein Vater!“ schrie sie. „O, ich sterbe!“ Der Augenblick, den des Königs Arzt vorhergesehen hatte, schien gekommen. Zwiefach gespitzt war ihr der Pfeil ins Herz gedrungen; sie sprach nicht mehr; erbarmungslose Gichter warfen den jungen Körper in ihres Vaters Armen hin und wieder. Still trug der Ritter sein Kind ins Schloß zurück; Heudan, die Dogge, folgte mit gesenktem Haupt. „Mariä Heimsuchung!“ murmelte der Mann. „O heilige Mutter, nimm mein Kind in Deinen Schutz!“ – – Aber die Mutter Gottes war nicht die Hüterin der Minne. – Ein Bote auf schnellstem Rosse ritt nach Schleswig, um einen sicheren Medikus zu holen; inzwischen legte die Base mit zitternder Hand kühle Binden um das Herz des Kindes, und ein Chirurg aus Haderslev ging ihr dabei zur Hülfe; am Fuß des Bettes stand der Schloßhauptmann:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/201
Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/201>, abgerufen am 11.05.2024.