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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Viertes Kapitel. §. 29.
nach verwarfen, und das der Heiden, welche ihn annah-
men 3). Als bald darauf Maria, wie es nach dem Zusam-
menhang und mehreren Lesarten scheint, noch ausserhalb
Bethlehem, von Geburtswehen befallen wird, bringt sie Jo-
seph in eine am Wege liegende Höhle, wo sie, während
die ganze Natur feiernd stillesteht, von einer Lichtwolke
verborgen, das Kind zur Welt bringt, und von herbeige-
rufenen Frauen auch nach der Entbindung noch als Jung-
frau befunden wird. -- Die Sage von der Geburt Jesu in
einer Höhle kennen schon Justin 4) und Origenes 5) und
bringen sie mit der Nachricht des Lukas, dass Jesus in ei-
ner phatne niedergelegt worden sei, so in Einklang, dass
sie in der Höhle eine Krippe sich befinden lassen, worin
ihnen auch manche Neuere beistimmen 6), während Andre
lieber die Höhle selbst als phatne, in der Bedeutung von
Futterstall, betrachten 7). Für die Geburt Jesu in der
Höhle beruft sich Justin auf die Weissagung Jes. 33, 16.:
outos (der Gerechte) oikesei en upselo spelaio petras
iskhuras
8), wie die Historia de nativitate Mariae etc.
für die Angabe, dass das am dritten Tage aus der Höhle
in den Stall gebrachte Jesuskind vom Ochsen und Esel an-
gebetet worden sei, auf Jes. 1, 3.: cognovit bos posses-
sorem suum, et asinus praesepe domini sui
9). In meh-
reren namhaften Apokryphen fallen zwischen den geburts-
helfenden Frauen und den Magiern die Hirten aus; doch
finden sie sich z. B. in dem Evangelium infantiae ara-

3) Das zuletzt angeführte Apokryphum a. a. O.
4) Dial. c. Tryph. 78.
5) c. Cels. 1, 51.
6) Hess, Geschichte Jesu 1, S. 43. Olshausen, bibl. Comm. 1,
S. 132.
7) Paulus, exeg. Handb. 1, a, S. 182.
8) a. a. O. No. 70 und 78.
9) Cap. 14.
Das Leben Jesu I. Band. 14

Viertes Kapitel. §. 29.
nach verwarfen, und das der Heiden, welche ihn annah-
men 3). Als bald darauf Maria, wie es nach dem Zusam-
menhang und mehreren Lesarten scheint, noch ausserhalb
Bethlehem, von Geburtswehen befallen wird, bringt sie Jo-
seph in eine am Wege liegende Höhle, wo sie, während
die ganze Natur feiernd stillesteht, von einer Lichtwolke
verborgen, das Kind zur Welt bringt, und von herbeige-
rufenen Frauen auch nach der Entbindung noch als Jung-
frau befunden wird. — Die Sage von der Geburt Jesu in
einer Höhle kennen schon Justin 4) und Origenes 5) und
bringen sie mit der Nachricht des Lukas, daſs Jesus in ei-
ner φατνη niedergelegt worden sei, so in Einklang, daſs
sie in der Höhle eine Krippe sich befinden lassen, worin
ihnen auch manche Neuere beistimmen 6), während Andre
lieber die Höhle selbst als φάτνη, in der Bedeutung von
Futterstall, betrachten 7). Für die Geburt Jesu in der
Höhle beruft sich Justin auf die Weissagung Jes. 33, 16.:
οὖτος (der Gerechte) οἰκήσει ἐν ὑψηλῷ σπηλαίῳ πέτρας
ἰσχυρᾶς
8), wie die Historia de nativitate Mariae etc.
für die Angabe, daſs das am dritten Tage aus der Höhle
in den Stall gebrachte Jesuskind vom Ochsen und Esel an-
gebetet worden sei, auf Jes. 1, 3.: cognovit bos posses-
sorem suum, et asinus praesepe domini sui
9). In meh-
reren namhaften Apokryphen fallen zwischen den geburts-
helfenden Frauen und den Magiern die Hirten aus; doch
finden sie sich z. B. in dem Evangelium infantiae ara-

3) Das zuletzt angeführte Apokryphum a. a. O.
4) Dial. c. Tryph. 78.
5) c. Cels. 1, 51.
6) Hess, Geschichte Jesu 1, S. 43. Olshausen, bibl. Comm. 1,
S. 132.
7) Paulus, exeg. Handb. 1, a, S. 182.
8) a. a. O. No. 70 und 78.
9) Cap. 14.
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[209/0233] Viertes Kapitel. §. 29. nach verwarfen, und das der Heiden, welche ihn annah- men 3). Als bald darauf Maria, wie es nach dem Zusam- menhang und mehreren Lesarten scheint, noch ausserhalb Bethlehem, von Geburtswehen befallen wird, bringt sie Jo- seph in eine am Wege liegende Höhle, wo sie, während die ganze Natur feiernd stillesteht, von einer Lichtwolke verborgen, das Kind zur Welt bringt, und von herbeige- rufenen Frauen auch nach der Entbindung noch als Jung- frau befunden wird. — Die Sage von der Geburt Jesu in einer Höhle kennen schon Justin 4) und Origenes 5) und bringen sie mit der Nachricht des Lukas, daſs Jesus in ei- ner φατνη niedergelegt worden sei, so in Einklang, daſs sie in der Höhle eine Krippe sich befinden lassen, worin ihnen auch manche Neuere beistimmen 6), während Andre lieber die Höhle selbst als φάτνη, in der Bedeutung von Futterstall, betrachten 7). Für die Geburt Jesu in der Höhle beruft sich Justin auf die Weissagung Jes. 33, 16.: οὖτος (der Gerechte) οἰκήσει ἐν ὑψηλῷ σπηλαίῳ πέτρας ἰσχυρᾶς 8), wie die Historia de nativitate Mariae etc. für die Angabe, daſs das am dritten Tage aus der Höhle in den Stall gebrachte Jesuskind vom Ochsen und Esel an- gebetet worden sei, auf Jes. 1, 3.: cognovit bos posses- sorem suum, et asinus praesepe domini sui 9). In meh- reren namhaften Apokryphen fallen zwischen den geburts- helfenden Frauen und den Magiern die Hirten aus; doch finden sie sich z. B. in dem Evangelium infantiae ara- 3) Das zuletzt angeführte Apokryphum a. a. O. 4) Dial. c. Tryph. 78. 5) c. Cels. 1, 51. 6) Hess, Geschichte Jesu 1, S. 43. Olshausen, bibl. Comm. 1, S. 132. 7) Paulus, exeg. Handb. 1, a, S. 182. 8) a. a. O. No. 70 und 78. 9) Cap. 14. Das Leben Jesu I. Band. 14

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/233>, abgerufen am 27.04.2024.