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Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

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viel Menschen auf dem Erdboden leben etc.
ben jeden Tag über 82 tausend Menschen, in jeder
Stunde über 3400, in jeder Minute an 60. und al-
so in jeder Secunde einer. Diese Abwechselungen
sind so groß als sie seyn können, und können Ge-
legenheit geben, die Unbeständigkeit und Eitelkeit
alles dessen, was unter der Sonnen ist, sich lebhaft
vorzustellen.

§. 32.

Der gröste Nutzen den uns obige Rechnungen
geben, bestehet darinn, daß wir dadurch den Un-
grund einiger wieder die heilige Schrift gefasten
Meinungen können einsehen. Es gibt Leute, denen
bange ist, sie möchten bey der Auferstehung der tod-
ten, keinen Platz haben, auf der Erde zu stehen, da-
her ist es ihnen lächerlich, wenn sie von einem Thal
Josaphat hören. Andere meinen, die Erde habe
nicht so viel Materie, daß in der Auferstehung der
todten ein jeder Mensch seinen eigenen und einen eben
so grossen Leib bekommen könne. Unter denen Brie-
fen des Tyssot [s] findet sich ein eigener, worinn
dieser Mathematicus, aber auf eine sehr schlechte
Art, dieses Vorurtheil hat suchen wahrscheinlich zu
machen. Er sagt was und sagt doch nichts. In
denen Reisen des Masse hat man sich auch bemühet,
diesen Irrthum durch Rechnungen zu beweisen. [t]
Ich vermuthe, Tyssot habe sich hiedurch zu diesem
Irrthum verleiten lassen. Beyde Irrthümer will
ich mit einem mahl wiederlegen.

1.) Es
[s] Lettres choisies de Simon Tyssot de Patot. 1727. Vol. I.
p. 298. let.
58. Tyssot hat sich durch diese Briefe so verdächtig
gemacht, daß er von seinem Lehr-Amt in der Mathematick zu De-
venter abgesetzt worden. cf. Buddei hist. Atheismi. edit. Bwrtii
an. 1737. p.
119.
[t] Voyages de J. Masse p. 172.
G 3

viel Menſchen auf dem Erdboden leben ꝛc.
ben jeden Tag uͤber 82 tauſend Menſchen, in jeder
Stunde uͤber 3400, in jeder Minute an 60. und al-
ſo in jeder Secunde einer. Dieſe Abwechſelungen
ſind ſo groß als ſie ſeyn koͤnnen, und koͤnnen Ge-
legenheit geben, die Unbeſtaͤndigkeit und Eitelkeit
alles deſſen, was unter der Sonnen iſt, ſich lebhaft
vorzuſtellen.

§. 32.

Der groͤſte Nutzen den uns obige Rechnungen
geben, beſtehet darinn, daß wir dadurch den Un-
grund einiger wieder die heilige Schrift gefaſten
Meinungen koͤnnen einſehen. Es gibt Leute, denen
bange iſt, ſie moͤchten bey der Auferſtehung der tod-
ten, keinen Platz haben, auf der Erde zu ſtehen, da-
her iſt es ihnen laͤcherlich, wenn ſie von einem Thal
Joſaphat hoͤren. Andere meinen, die Erde habe
nicht ſo viel Materie, daß in der Auferſtehung der
todten ein jeder Menſch ſeinen eigenen und einen eben
ſo groſſen Leib bekommen koͤnne. Unter denen Brie-
fen des Tyſſot [s] findet ſich ein eigener, worinn
dieſer Mathematicus, aber auf eine ſehr ſchlechte
Art, dieſes Vorurtheil hat ſuchen wahrſcheinlich zu
machen. Er ſagt was und ſagt doch nichts. In
denen Reiſen des Maſſe hat man ſich auch bemuͤhet,
dieſen Irrthum durch Rechnungen zu beweiſen. [t]
Ich vermuthe, Tyſſot habe ſich hiedurch zu dieſem
Irrthum verleiten laſſen. Beyde Irrthuͤmer will
ich mit einem mahl wiederlegen.

1.) Es
[s] Lettres choiſies de Simon Tyſſot de Patot. 1727. Vol. I.
p. 298. let.
58. Tyſſot hat ſich durch dieſe Briefe ſo verdaͤchtig
gemacht, daß er von ſeinem Lehr-Amt in der Mathematick zu De-
venter abgeſetzt worden. cf. Buddei hiſt. Atheismi. edit. Bwrtii
an. 1737. p.
119.
[t] Voyages de J. Maſſé p. 172.
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[101/0147] viel Menſchen auf dem Erdboden leben ꝛc. ben jeden Tag uͤber 82 tauſend Menſchen, in jeder Stunde uͤber 3400, in jeder Minute an 60. und al- ſo in jeder Secunde einer. Dieſe Abwechſelungen ſind ſo groß als ſie ſeyn koͤnnen, und koͤnnen Ge- legenheit geben, die Unbeſtaͤndigkeit und Eitelkeit alles deſſen, was unter der Sonnen iſt, ſich lebhaft vorzuſtellen. §. 32. Der groͤſte Nutzen den uns obige Rechnungen geben, beſtehet darinn, daß wir dadurch den Un- grund einiger wieder die heilige Schrift gefaſten Meinungen koͤnnen einſehen. Es gibt Leute, denen bange iſt, ſie moͤchten bey der Auferſtehung der tod- ten, keinen Platz haben, auf der Erde zu ſtehen, da- her iſt es ihnen laͤcherlich, wenn ſie von einem Thal Joſaphat hoͤren. Andere meinen, die Erde habe nicht ſo viel Materie, daß in der Auferſtehung der todten ein jeder Menſch ſeinen eigenen und einen eben ſo groſſen Leib bekommen koͤnne. Unter denen Brie- fen des Tyſſot [s] findet ſich ein eigener, worinn dieſer Mathematicus, aber auf eine ſehr ſchlechte Art, dieſes Vorurtheil hat ſuchen wahrſcheinlich zu machen. Er ſagt was und ſagt doch nichts. In denen Reiſen des Maſſe hat man ſich auch bemuͤhet, dieſen Irrthum durch Rechnungen zu beweiſen. [t] Ich vermuthe, Tyſſot habe ſich hiedurch zu dieſem Irrthum verleiten laſſen. Beyde Irrthuͤmer will ich mit einem mahl wiederlegen. 1.) Es [s] Lettres choiſies de Simon Tyſſot de Patot. 1727. Vol. I. p. 298. let. 58. Tyſſot hat ſich durch dieſe Briefe ſo verdaͤchtig gemacht, daß er von ſeinem Lehr-Amt in der Mathematick zu De- venter abgeſetzt worden. cf. Buddei hiſt. Atheismi. edit. Bwrtii an. 1737. p. 119. [t] Voyages de J. Maſſé p. 172. G 3

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Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/147>, abgerufen am 30.04.2024.