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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.

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rühmt worden. Aber unter dem Pabst Leo dem X
erschien eine beträchtliche Anzahl vorzüglicher Künst-
ler in Stein und Stahl, davon Giov. Bernardi, Va-
lerio Belli,
insgemein Val. Vicentino genannt, und
Matteo de Nassaro, Aless. Cesari und Pietro Mar. da
Pescio
die vorzüglichsten waren. Die Arbeiten des
Val. Vicentino sind meistentheils schöner, als die
Antiken vom zweyten Rang, und viele seiner Mün-
zen und Steine nach antiker Art werden eben des-
wegen, weil sie zu schön sind, für nachgemachte,
oder nachgeahmte Werke erkannt.

Jn der zweyten Hälfte des XVI Jahrhunderts
scheinet die Anzahl der guten Künstler in dieser Art
in Jtalien abgenommen zu haben, doch verdienen
Jac. von Trezzo und Birago, zwey Mayländer die für
König Philipp den II in Spanien gearbeitet haben,
genennt zu werden. Der Birago soll zuerst unter-
nommen haben in Diamant zu schneiden. Damals
fiengen auch deutsche Stein- und Stempelschneider
unter dem Kayser Rudolf dem II an sich hervor zu
thun. Sandrat gedenkt zwar eines Engelhards
aus Nürnberg, der ein Freund des Alb. Dürers soll
gewesen seyn, als eines großen Künstlers; aber er
sagt zugleich, er habe sich durch Pettschafte hervor-
gethan. Unter Kayser Rudolf machte sich Caspar
Lehmann berühmt, nach ihm Christoph Schwaiger.
Und gegen Ende des XVI und Anfangs des XVII
Jahrhunderts, fiengen auch in Frankreich einige an
berühmt zu werden. Von Coldoree hat man einige
schöne Köpfe von Heinrich dem IV und in dem Ca-
binet des Hrn. v. Crozat, das izt der Herzog von
Orleans besizt, ist ein Cameo von ihm, der den
Kopf der Königin Elisabeth von England vorstellt,
und von Mariette gerühmt wird. Auch wird ein
Julien de Fontenay, Cammerdiener Heinrichs IV
genennt; aber der eben erwähnte Schriftsteller, hält
ihn mit dem Coldoree für eine Person.

Ueberhaupt aber liefert das XVII Jahrhundert
wenig berühmte Namen der Steinschneider; hinge-
gen haben sich in demselben viel sehr gute Stempel-
schneider hervorgethan. Jn der ersten Hälfte des-
selben verdienen Warin, dessen Köpfe von den Köni-
gen Ludwig XIII und XIV sehr schön sind, Thomas
Simon, der unter Carl I in England gearbeitet
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hat, vorzüglich angemerkt zu werden. Von der
andern Hälfte desselben bis auf unsre Zeit hat sich
die Anzahl sehr guter Stempelschneider sehr ver-
mehret. Die Liebhaber schäzen besonders die Arbeiten
der Römer Hamerani, (vielleicht Hammer, denn sie
scheinen deutschen Ursprungs zu seyn) eines Joh.
Crokers
aus Dreßden, der in London Königl. Stem-
pelschneider gewesen, eines Rottiers, eines Karl-
steen
aus Schweden, dem man die Erfindung des
erhabenen Stempels (+) zuschreibt, eines Raymund
Falz,
der in Berlin unter Friedrich dem I gelebt hat,
und vorzüglich meines unlängst verstorbenen Lands-
manns Hedlinger.

Von den neuern Steinschneidern sind vorzüglich
Dorsch aus Nürnberg, Flavio Sirlato, Carlo Co-
stanzi, Domenico Landi, Gottfr. Grafft, Jac.
Guay,
und vornehmlich Laur. Natter, bekannt.

Stellung.
(Schöne Künste.)

Es liegt in den verschiedenen Stellungen des Leibes
eine so große Kraft, daß fast jede Vollkommenheit
und jede Schwachheit, jede Leidenschaft, jede Gemüths-
art und jeder Charakter durch die Stellung allein
kann ausgedrükt werden. Zuneigung, Hochachtung,
Mitleiden für andre Menschen, oder Verachtung,
Furcht und Abneigung gegen sie, können durch die
bloße Stellung des Leibes bewürkt werden. Auch
die Unachtsamesten wissen es, daß es freche und be-
scheidene, hochmüthige und demüthige, fröhliche und
niedergeschlagene Stellungen giebt; die sich aber be-
sonders darin geübet haben, die menschliche Seele
in dem Körper zu sehen, entdeken bisweilen in der
Stellung des Leibes ihre ganze Beschaffenheit.
Deswegen ist die bloße Leibesstellung ein wichtiger
Gegenstand in den Werken der schönen Künste.
Mahler und Bildhauer, Schauspiehler, Tänzer
und Redner befinden sich gar oft in dem Fall, den
größten Nachdruk ihrer Vorstellungen durch dieses
Mittel zu erhalten. Darum ist es eben so wichtig
für sie, den Menschen in seinen verschiedenen Stellun-
gen zu beobachten, als auf die innern Bewegungen
und Regungen des Herzens Achtung zu geben; und
der kennt den Menschen gewiß nur halb, der blos

sein
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Es ist nicht nur leichter und sicherer erhabene, als
vertiefte Arbeit zu machen; sondern wenn man, wie oste
geschieht, die Fatalität hat, daß ein Stempel im Härten,
[Spaltenumbruch] oder währendem Prägen springt, so kann man, vermit-
telst des erhabenen Stempels, bald wieder einen andern
vertieften prägen.

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Ste
ruͤhmt worden. Aber unter dem Pabſt Leo dem X
erſchien eine betraͤchtliche Anzahl vorzuͤglicher Kuͤnſt-
ler in Stein und Stahl, davon Giov. Bernardi, Va-
lerio Belli,
insgemein Val. Vicentino genannt, und
Matteo de Naſſaro, Aleſſ. Ceſari und Pietro Mar. da
Peſcio
die vorzuͤglichſten waren. Die Arbeiten des
Val. Vicentino ſind meiſtentheils ſchoͤner, als die
Antiken vom zweyten Rang, und viele ſeiner Muͤn-
zen und Steine nach antiker Art werden eben des-
wegen, weil ſie zu ſchoͤn ſind, fuͤr nachgemachte,
oder nachgeahmte Werke erkannt.

Jn der zweyten Haͤlfte des XVI Jahrhunderts
ſcheinet die Anzahl der guten Kuͤnſtler in dieſer Art
in Jtalien abgenommen zu haben, doch verdienen
Jac. von Trezzo und Birago, zwey Maylaͤnder die fuͤr
Koͤnig Philipp den II in Spanien gearbeitet haben,
genennt zu werden. Der Birago ſoll zuerſt unter-
nommen haben in Diamant zu ſchneiden. Damals
fiengen auch deutſche Stein- und Stempelſchneider
unter dem Kayſer Rudolf dem II an ſich hervor zu
thun. Sandrat gedenkt zwar eines Engelhards
aus Nuͤrnberg, der ein Freund des Alb. Duͤrers ſoll
geweſen ſeyn, als eines großen Kuͤnſtlers; aber er
ſagt zugleich, er habe ſich durch Pettſchafte hervor-
gethan. Unter Kayſer Rudolf machte ſich Caſpar
Lehmann beruͤhmt, nach ihm Chriſtoph Schwaiger.
Und gegen Ende des XVI und Anfangs des XVII
Jahrhunderts, fiengen auch in Frankreich einige an
beruͤhmt zu werden. Von Coldoree hat man einige
ſchoͤne Koͤpfe von Heinrich dem IV und in dem Ca-
binet des Hrn. v. Crozat, das izt der Herzog von
Orleans beſizt, iſt ein Cameo von ihm, der den
Kopf der Koͤnigin Eliſabeth von England vorſtellt,
und von Mariette geruͤhmt wird. Auch wird ein
Julien de Fontenay, Cammerdiener Heinrichs IV
genennt; aber der eben erwaͤhnte Schriftſteller, haͤlt
ihn mit dem Coldoree fuͤr eine Perſon.

Ueberhaupt aber liefert das XVII Jahrhundert
wenig beruͤhmte Namen der Steinſchneider; hinge-
gen haben ſich in demſelben viel ſehr gute Stempel-
ſchneider hervorgethan. Jn der erſten Haͤlfte deſ-
ſelben verdienen Warin, deſſen Koͤpfe von den Koͤni-
gen Ludwig XIII und XIV ſehr ſchoͤn ſind, Thomas
Simon, der unter Carl I in England gearbeitet
[Spaltenumbruch]

Ste
hat, vorzuͤglich angemerkt zu werden. Von der
andern Haͤlfte deſſelben bis auf unſre Zeit hat ſich
die Anzahl ſehr guter Stempelſchneider ſehr ver-
mehret. Die Liebhaber ſchaͤzen beſonders die Arbeiten
der Roͤmer Hamerani, (vielleicht Hammer, denn ſie
ſcheinen deutſchen Urſprungs zu ſeyn) eines Joh.
Crokers
aus Dreßden, der in London Koͤnigl. Stem-
pelſchneider geweſen, eines Rottiers, eines Karl-
ſteen
aus Schweden, dem man die Erfindung des
erhabenen Stempels (†) zuſchreibt, eines Raymund
Falz,
der in Berlin unter Friedrich dem I gelebt hat,
und vorzuͤglich meines unlaͤngſt verſtorbenen Lands-
manns Hedlinger.

Von den neuern Steinſchneidern ſind vorzuͤglich
Dorſch aus Nuͤrnberg, Flavio Sirlato, Carlo Co-
ſtanzi, Domenico Landi, Gottfr. Grafft, Jac.
Guay,
und vornehmlich Laur. Natter, bekannt.

Stellung.
(Schoͤne Kuͤnſte.)

Es liegt in den verſchiedenen Stellungen des Leibes
eine ſo große Kraft, daß faſt jede Vollkommenheit
und jede Schwachheit, jede Leidenſchaft, jede Gemuͤths-
art und jeder Charakter durch die Stellung allein
kann ausgedruͤkt werden. Zuneigung, Hochachtung,
Mitleiden fuͤr andre Menſchen, oder Verachtung,
Furcht und Abneigung gegen ſie, koͤnnen durch die
bloße Stellung des Leibes bewuͤrkt werden. Auch
die Unachtſameſten wiſſen es, daß es freche und be-
ſcheidene, hochmuͤthige und demuͤthige, froͤhliche und
niedergeſchlagene Stellungen giebt; die ſich aber be-
ſonders darin geuͤbet haben, die menſchliche Seele
in dem Koͤrper zu ſehen, entdeken bisweilen in der
Stellung des Leibes ihre ganze Beſchaffenheit.
Deswegen iſt die bloße Leibesſtellung ein wichtiger
Gegenſtand in den Werken der ſchoͤnen Kuͤnſte.
Mahler und Bildhauer, Schauſpiehler, Taͤnzer
und Redner befinden ſich gar oft in dem Fall, den
groͤßten Nachdruk ihrer Vorſtellungen durch dieſes
Mittel zu erhalten. Darum iſt es eben ſo wichtig
fuͤr ſie, den Menſchen in ſeinen verſchiedenen Stellun-
gen zu beobachten, als auf die innern Bewegungen
und Regungen des Herzens Achtung zu geben; und
der kennt den Menſchen gewiß nur halb, der blos

ſein
(†) [Spaltenumbruch]
Es iſt nicht nur leichter und ſicherer erhabene, als
vertiefte Arbeit zu machen; ſondern wenn man, wie oſte
geſchieht, die Fatalitaͤt hat, daß ein Stempel im Haͤrten,
[Spaltenumbruch] oder waͤhrendem Praͤgen ſpringt, ſo kann man, vermit-
telſt des erhabenen Stempels, bald wieder einen andern
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[1110[1092]/0539] Ste Ste ruͤhmt worden. Aber unter dem Pabſt Leo dem X erſchien eine betraͤchtliche Anzahl vorzuͤglicher Kuͤnſt- ler in Stein und Stahl, davon Giov. Bernardi, Va- lerio Belli, insgemein Val. Vicentino genannt, und Matteo de Naſſaro, Aleſſ. Ceſari und Pietro Mar. da Peſcio die vorzuͤglichſten waren. Die Arbeiten des Val. Vicentino ſind meiſtentheils ſchoͤner, als die Antiken vom zweyten Rang, und viele ſeiner Muͤn- zen und Steine nach antiker Art werden eben des- wegen, weil ſie zu ſchoͤn ſind, fuͤr nachgemachte, oder nachgeahmte Werke erkannt. Jn der zweyten Haͤlfte des XVI Jahrhunderts ſcheinet die Anzahl der guten Kuͤnſtler in dieſer Art in Jtalien abgenommen zu haben, doch verdienen Jac. von Trezzo und Birago, zwey Maylaͤnder die fuͤr Koͤnig Philipp den II in Spanien gearbeitet haben, genennt zu werden. Der Birago ſoll zuerſt unter- nommen haben in Diamant zu ſchneiden. Damals fiengen auch deutſche Stein- und Stempelſchneider unter dem Kayſer Rudolf dem II an ſich hervor zu thun. Sandrat gedenkt zwar eines Engelhards aus Nuͤrnberg, der ein Freund des Alb. Duͤrers ſoll geweſen ſeyn, als eines großen Kuͤnſtlers; aber er ſagt zugleich, er habe ſich durch Pettſchafte hervor- gethan. Unter Kayſer Rudolf machte ſich Caſpar Lehmann beruͤhmt, nach ihm Chriſtoph Schwaiger. Und gegen Ende des XVI und Anfangs des XVII Jahrhunderts, fiengen auch in Frankreich einige an beruͤhmt zu werden. Von Coldoree hat man einige ſchoͤne Koͤpfe von Heinrich dem IV und in dem Ca- binet des Hrn. v. Crozat, das izt der Herzog von Orleans beſizt, iſt ein Cameo von ihm, der den Kopf der Koͤnigin Eliſabeth von England vorſtellt, und von Mariette geruͤhmt wird. Auch wird ein Julien de Fontenay, Cammerdiener Heinrichs IV genennt; aber der eben erwaͤhnte Schriftſteller, haͤlt ihn mit dem Coldoree fuͤr eine Perſon. Ueberhaupt aber liefert das XVII Jahrhundert wenig beruͤhmte Namen der Steinſchneider; hinge- gen haben ſich in demſelben viel ſehr gute Stempel- ſchneider hervorgethan. Jn der erſten Haͤlfte deſ- ſelben verdienen Warin, deſſen Koͤpfe von den Koͤni- gen Ludwig XIII und XIV ſehr ſchoͤn ſind, Thomas Simon, der unter Carl I in England gearbeitet hat, vorzuͤglich angemerkt zu werden. Von der andern Haͤlfte deſſelben bis auf unſre Zeit hat ſich die Anzahl ſehr guter Stempelſchneider ſehr ver- mehret. Die Liebhaber ſchaͤzen beſonders die Arbeiten der Roͤmer Hamerani, (vielleicht Hammer, denn ſie ſcheinen deutſchen Urſprungs zu ſeyn) eines Joh. Crokers aus Dreßden, der in London Koͤnigl. Stem- pelſchneider geweſen, eines Rottiers, eines Karl- ſteen aus Schweden, dem man die Erfindung des erhabenen Stempels (†) zuſchreibt, eines Raymund Falz, der in Berlin unter Friedrich dem I gelebt hat, und vorzuͤglich meines unlaͤngſt verſtorbenen Lands- manns Hedlinger. Von den neuern Steinſchneidern ſind vorzuͤglich Dorſch aus Nuͤrnberg, Flavio Sirlato, Carlo Co- ſtanzi, Domenico Landi, Gottfr. Grafft, Jac. Guay, und vornehmlich Laur. Natter, bekannt. Stellung. (Schoͤne Kuͤnſte.) Es liegt in den verſchiedenen Stellungen des Leibes eine ſo große Kraft, daß faſt jede Vollkommenheit und jede Schwachheit, jede Leidenſchaft, jede Gemuͤths- art und jeder Charakter durch die Stellung allein kann ausgedruͤkt werden. Zuneigung, Hochachtung, Mitleiden fuͤr andre Menſchen, oder Verachtung, Furcht und Abneigung gegen ſie, koͤnnen durch die bloße Stellung des Leibes bewuͤrkt werden. Auch die Unachtſameſten wiſſen es, daß es freche und be- ſcheidene, hochmuͤthige und demuͤthige, froͤhliche und niedergeſchlagene Stellungen giebt; die ſich aber be- ſonders darin geuͤbet haben, die menſchliche Seele in dem Koͤrper zu ſehen, entdeken bisweilen in der Stellung des Leibes ihre ganze Beſchaffenheit. Deswegen iſt die bloße Leibesſtellung ein wichtiger Gegenſtand in den Werken der ſchoͤnen Kuͤnſte. Mahler und Bildhauer, Schauſpiehler, Taͤnzer und Redner befinden ſich gar oft in dem Fall, den groͤßten Nachdruk ihrer Vorſtellungen durch dieſes Mittel zu erhalten. Darum iſt es eben ſo wichtig fuͤr ſie, den Menſchen in ſeinen verſchiedenen Stellun- gen zu beobachten, als auf die innern Bewegungen und Regungen des Herzens Achtung zu geben; und der kennt den Menſchen gewiß nur halb, der blos ſein (†) Es iſt nicht nur leichter und ſicherer erhabene, als vertiefte Arbeit zu machen; ſondern wenn man, wie oſte geſchieht, die Fatalitaͤt hat, daß ein Stempel im Haͤrten, oder waͤhrendem Praͤgen ſpringt, ſo kann man, vermit- telſt des erhabenen Stempels, bald wieder einen andern vertieften praͤgen.

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 1110[1092]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/539>, abgerufen am 27.04.2024.