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Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.

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Freuden- und Trauer-Oden.

Jm Hafen landest Du nun an,
Und dein herumgeworfner Kahn
Jst von so manchem Sturm der Wintertage mürbe.

Dich hat hier eine lange Nacht,
Die um uns alles finster macht,
So manche Jahre schon bedecket,
Zu sterben warest Du bereit,
Daß Du des Todes Bitterkeit
Und seinen herben Kelch dahero kaum geschmecket.
Mit Glaubens-Augen sahest Du
Der Dir annoch vorhandnen Ruh
Und jener Herrlichkeit entgegen,
Die alles wiederum verjüngt,
Die uns der letzte Morgen bringt,
Wenn wir uns dermahleinst auf Erdenbetten regen.
Die hattest Du vorangeschickt,
Und ihr die Augen zugedrückt,
Die deinen Stand erträglich machte,
Es gieng Dir in der Seele nah,
Als man sie auf der Bahre sah,
Worauf dein Alter wohl vor ihr zu seyn gedachte.
Allein GOtt hatte dieß gefügt,
Daß Du noch väterlich vergnügt
Der Kinder Liebe solltest schmecken,
Der Tochter, deren Pflegehand
Sich allemahl beweglich fand,
Nach deiner Schwachheit sich recht liebreich aus-
zustrecken.
Wie

Freuden- und Trauer-Oden.

Jm Hafen landeſt Du nun an,
Und dein herumgeworfner Kahn
Jſt von ſo manchem Sturm der Wintertage muͤrbe.

Dich hat hier eine lange Nacht,
Die um uns alles finſter macht,
So manche Jahre ſchon bedecket,
Zu ſterben wareſt Du bereit,
Daß Du des Todes Bitterkeit
Und ſeinen herben Kelch dahero kaum geſchmecket.
Mit Glaubens-Augen ſaheſt Du
Der Dir annoch vorhandnen Ruh
Und jener Herrlichkeit entgegen,
Die alles wiederum verjuͤngt,
Die uns der letzte Morgen bringt,
Wenn wir uns dermahleinſt auf Erdenbetten regen.
Die hatteſt Du vorangeſchickt,
Und ihr die Augen zugedruͤckt,
Die deinen Stand ertraͤglich machte,
Es gieng Dir in der Seele nah,
Als man ſie auf der Bahre ſah,
Worauf dein Alter wohl vor ihr zu ſeyn gedachte.
Allein GOtt hatte dieß gefuͤgt,
Daß Du noch vaͤterlich vergnuͤgt
Der Kinder Liebe ſollteſt ſchmecken,
Der Tochter, deren Pflegehand
Sich allemahl beweglich fand,
Nach deiner Schwachheit ſich recht liebreich aus-
zuſtrecken.
Wie
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[283/0303] Freuden- und Trauer-Oden. Jm Hafen landeſt Du nun an, Und dein herumgeworfner Kahn Jſt von ſo manchem Sturm der Wintertage muͤrbe. Dich hat hier eine lange Nacht, Die um uns alles finſter macht, So manche Jahre ſchon bedecket, Zu ſterben wareſt Du bereit, Daß Du des Todes Bitterkeit Und ſeinen herben Kelch dahero kaum geſchmecket. Mit Glaubens-Augen ſaheſt Du Der Dir annoch vorhandnen Ruh Und jener Herrlichkeit entgegen, Die alles wiederum verjuͤngt, Die uns der letzte Morgen bringt, Wenn wir uns dermahleinſt auf Erdenbetten regen. Die hatteſt Du vorangeſchickt, Und ihr die Augen zugedruͤckt, Die deinen Stand ertraͤglich machte, Es gieng Dir in der Seele nah, Als man ſie auf der Bahre ſah, Worauf dein Alter wohl vor ihr zu ſeyn gedachte. Allein GOtt hatte dieß gefuͤgt, Daß Du noch vaͤterlich vergnuͤgt Der Kinder Liebe ſollteſt ſchmecken, Der Tochter, deren Pflegehand Sich allemahl beweglich fand, Nach deiner Schwachheit ſich recht liebreich aus- zuſtrecken. Wie

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Zitationshilfe: Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/303>, abgerufen am 29.04.2024.