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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Die Koppelwirthschaft.
mehr, als bei dem Dreifeldersystem, wo sie das ungedüngte Land nur zu oft ver-
geblich beackert, indem sie wenig über die Aussaat davon gewinnt. Die Arbeit
geht in einer sehr regulären Ordnung, ist nicht nur durch alle Jahre gleich, son-
dern vertheilt sich auch gut unter den Jahreszeiten. Jede Art von Arbeit kann in
dem Zeitpunkte geschehen, der für dieselbe am zweckmäßigsten ist, und bei der
Beackerung der schon im Herbste umgebrochenen Brache findet die Auswahl der
günstigsten Witterung zum Pflügen und Eggen statt; weshalb dann auch jeder an-
erkennt, daß man, um vorzügliche Brachen zu sehen, Mecklenburg bereisen müsse.
Der Dünger wird dem Acker zur rechten Zeit mitgetheilt, und aufs genaueste mit
der Erdkrume gemischt, so daß er seine volle Wirksamkeit auf die Früchte äußert.
Der Koppelwirth ist mit der ganzen Vorbereitung seines Ackers zur Winterungs-
saat in der Regel zu rechter Zeit fertig, und kann, worauf so vieles ankommt, das
früheste günstige Saatwetter wählen, was man bei andern Wirthschaften minder
in seiner Gewalt hat.

Man hat ihr vorgeworfen, daß sie die Arbeit des Feldbaues zu sehr vermin-
dere, dadurch die Thätigkeit der Nation lähme, und der Bevölkerung schade.
Aber dieser Vorwurf kann nur von denen gemacht werden, die da nicht bedenken,
daß sie keine wüstliegende Strecken dulde, sondern alles in Kultur nehme, jedes zu
dem, wozu es die Natur geschaffen hat. Wenn die Bevölkerung sich seit ihrer
Einführung in Mecklenburg vermindert hätte, was doch erweislich nicht der Fall
ist, so wäre es nur dem zu großen Umfange der Güter und dem Mangel an kleinen
Nahrungen beizumessen.

Wie die Arbeit, ist sich auch die Ernte -- ungewöhnliche Jahre abgerech-
net -- immer gleich, und zwar nicht bloß in Ansehung der abzuerntenden Fläche,
sondern auch des wirklichen Ertrages. Die Verschiedenheit in der Fruchtbarkeit
der Jahre ist dabei wenigstens nicht so groß, als in andern Wirthschaften. Die
Winterung mißräth, ihrer zweckmäßigen und frühen Bestellung wegen, sehr sel-
ten. Man kann fast mit Sicherheit auf etwas gewisses rechnen, wenn keine be-
sonderen Unglücksfälle eintreten. Eben deshalb hört man aber auch weniger von
einem ungewöhnlich hohen Ertrage, den man einmal von einem Theile des Feldes
in einem Jahr gehabt habe, und den man sich selbst kaum zu erklären weiß. Des-

Die Koppelwirthſchaft.
mehr, als bei dem Dreifelderſyſtem, wo ſie das ungeduͤngte Land nur zu oft ver-
geblich beackert, indem ſie wenig uͤber die Ausſaat davon gewinnt. Die Arbeit
geht in einer ſehr regulaͤren Ordnung, iſt nicht nur durch alle Jahre gleich, ſon-
dern vertheilt ſich auch gut unter den Jahreszeiten. Jede Art von Arbeit kann in
dem Zeitpunkte geſchehen, der fuͤr dieſelbe am zweckmaͤßigſten iſt, und bei der
Beackerung der ſchon im Herbſte umgebrochenen Brache findet die Auswahl der
guͤnſtigſten Witterung zum Pfluͤgen und Eggen ſtatt; weshalb dann auch jeder an-
erkennt, daß man, um vorzuͤgliche Brachen zu ſehen, Mecklenburg bereiſen muͤſſe.
Der Duͤnger wird dem Acker zur rechten Zeit mitgetheilt, und aufs genaueſte mit
der Erdkrume gemiſcht, ſo daß er ſeine volle Wirkſamkeit auf die Fruͤchte aͤußert.
Der Koppelwirth iſt mit der ganzen Vorbereitung ſeines Ackers zur Winterungs-
ſaat in der Regel zu rechter Zeit fertig, und kann, worauf ſo vieles ankommt, das
fruͤheſte guͤnſtige Saatwetter waͤhlen, was man bei andern Wirthſchaften minder
in ſeiner Gewalt hat.

Man hat ihr vorgeworfen, daß ſie die Arbeit des Feldbaues zu ſehr vermin-
dere, dadurch die Thaͤtigkeit der Nation laͤhme, und der Bevoͤlkerung ſchade.
Aber dieſer Vorwurf kann nur von denen gemacht werden, die da nicht bedenken,
daß ſie keine wuͤſtliegende Strecken dulde, ſondern alles in Kultur nehme, jedes zu
dem, wozu es die Natur geſchaffen hat. Wenn die Bevoͤlkerung ſich ſeit ihrer
Einfuͤhrung in Mecklenburg vermindert haͤtte, was doch erweislich nicht der Fall
iſt, ſo waͤre es nur dem zu großen Umfange der Guͤter und dem Mangel an kleinen
Nahrungen beizumeſſen.

Wie die Arbeit, iſt ſich auch die Ernte — ungewoͤhnliche Jahre abgerech-
net — immer gleich, und zwar nicht bloß in Anſehung der abzuerntenden Flaͤche,
ſondern auch des wirklichen Ertrages. Die Verſchiedenheit in der Fruchtbarkeit
der Jahre iſt dabei wenigſtens nicht ſo groß, als in andern Wirthſchaften. Die
Winterung mißraͤth, ihrer zweckmaͤßigen und fruͤhen Beſtellung wegen, ſehr ſel-
ten. Man kann faſt mit Sicherheit auf etwas gewiſſes rechnen, wenn keine be-
ſonderen Ungluͤcksfaͤlle eintreten. Eben deshalb hoͤrt man aber auch weniger von
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[333/0379] Die Koppelwirthſchaft. mehr, als bei dem Dreifelderſyſtem, wo ſie das ungeduͤngte Land nur zu oft ver- geblich beackert, indem ſie wenig uͤber die Ausſaat davon gewinnt. Die Arbeit geht in einer ſehr regulaͤren Ordnung, iſt nicht nur durch alle Jahre gleich, ſon- dern vertheilt ſich auch gut unter den Jahreszeiten. Jede Art von Arbeit kann in dem Zeitpunkte geſchehen, der fuͤr dieſelbe am zweckmaͤßigſten iſt, und bei der Beackerung der ſchon im Herbſte umgebrochenen Brache findet die Auswahl der guͤnſtigſten Witterung zum Pfluͤgen und Eggen ſtatt; weshalb dann auch jeder an- erkennt, daß man, um vorzuͤgliche Brachen zu ſehen, Mecklenburg bereiſen muͤſſe. Der Duͤnger wird dem Acker zur rechten Zeit mitgetheilt, und aufs genaueſte mit der Erdkrume gemiſcht, ſo daß er ſeine volle Wirkſamkeit auf die Fruͤchte aͤußert. Der Koppelwirth iſt mit der ganzen Vorbereitung ſeines Ackers zur Winterungs- ſaat in der Regel zu rechter Zeit fertig, und kann, worauf ſo vieles ankommt, das fruͤheſte guͤnſtige Saatwetter waͤhlen, was man bei andern Wirthſchaften minder in ſeiner Gewalt hat. Man hat ihr vorgeworfen, daß ſie die Arbeit des Feldbaues zu ſehr vermin- dere, dadurch die Thaͤtigkeit der Nation laͤhme, und der Bevoͤlkerung ſchade. Aber dieſer Vorwurf kann nur von denen gemacht werden, die da nicht bedenken, daß ſie keine wuͤſtliegende Strecken dulde, ſondern alles in Kultur nehme, jedes zu dem, wozu es die Natur geſchaffen hat. Wenn die Bevoͤlkerung ſich ſeit ihrer Einfuͤhrung in Mecklenburg vermindert haͤtte, was doch erweislich nicht der Fall iſt, ſo waͤre es nur dem zu großen Umfange der Guͤter und dem Mangel an kleinen Nahrungen beizumeſſen. Wie die Arbeit, iſt ſich auch die Ernte — ungewoͤhnliche Jahre abgerech- net — immer gleich, und zwar nicht bloß in Anſehung der abzuerntenden Flaͤche, ſondern auch des wirklichen Ertrages. Die Verſchiedenheit in der Fruchtbarkeit der Jahre iſt dabei wenigſtens nicht ſo groß, als in andern Wirthſchaften. Die Winterung mißraͤth, ihrer zweckmaͤßigen und fruͤhen Beſtellung wegen, ſehr ſel- ten. Man kann faſt mit Sicherheit auf etwas gewiſſes rechnen, wenn keine be- ſonderen Ungluͤcksfaͤlle eintreten. Eben deshalb hoͤrt man aber auch weniger von einem ungewoͤhnlich hohen Ertrage, den man einmal von einem Theile des Feldes in einem Jahr gehabt habe, und den man ſich ſelbſt kaum zu erklaͤren weiß. Des-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/379>, abgerufen am 27.04.2024.