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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Kalkerde.

3) Kreide. Sie ist eine feste Kalkart von verschiedener Härte, fühlt sich
mager an, färbt leicht ab, und läßt sich leicht schaben. Sie ist weiß oder gelblich-
weiß von Farbe. Den Namen Kreide hat sie von der Insel Kreta, jetzt Kandia,
welche sie in großer Menge und von vorzüglicher Güte liefert. Sie ist aber auch
in vielen andern Ländern anzutreffen, wo sie ganze Vorgebirge bildet, z. B. in
England, Dänemark, Frankreich u. s. w. Ersteres besteht wahrscheinlich ganz
in seinem Kerne aus einem Kalkfelsen. Sie kann zum Kalkbrennen dienen, und
ist im gemeinen Leben bekanntlich nützlich. Es giebt noch andere Mineralien,
die auch den Namen Kreide führen, aber nicht mit der wahren Kreide verwechselt
werden dürfen. Die spanische Kreide ist eine Art Speckstein, die zu dem Bitter-
erdengeschlecht gehört. Die schwarze Kreide gehört zum Schiefergeschlecht.

4) Pulverförmiger Kalk. Oft findet man in Hügeln, Ebenen und
Niederungen eine weiße, mehr oder weniger ins gelbe oder graue fallende bröck-
liche Erdart, welche größtentheils aus kohlensaurem Kalk besteht. Sie ist mager
anzufühlen, backt wenig zusammen, und giebt mit Wasser angerührt keine bin-
dende Masse. Wir nennen sie pulverförmigen oder erdigen Kalk. An vielen Or-
ten wird sie aber Mergelkalk genannt, zuweilen auch schlechthin Mergel. Sie
hat aber einen zu großen Antheil an Kalk, mehrentheils über 90 Prozent, als daß
man sie zu den Mergelarten zählen sollte. Sie kann, in Ziegelformen gestrichen,
zu lebendigem [ - 2 Zeichen fehlen]lke gebrannt werden, paßt sich aber auch ungebrannt als Dün-
gungsmittel, indem sie an der Luft leicht in ein feines Pulver zerfällt. Sie ist des-
halb für den Landwirth von großer Wichtigkeit. Wahrscheinlich ist sie mit der
folgenden Art gleichen Ursprungs.

5) Blätter- oder Muschelkalk. Man findet diesen zuweilen in Ber-
gen, häufiger aber in Niederungen mit einer starken Lage von mooriger Dammerde
bedeckt. Zu oberst trifft man eine Lage von noch unzergangenen Muschelschaalen
an, die etwas tiefer schon ganz in Blätter zerfallen sind, unter welchen dann
lockerer, ganz unten aber zuweilen beinahe steinigter Kalk lieget. Man kann hier
die Entstehung des Kalks aus Schaalthieren und seine allmählige Bildung zum
Stein sehr deutlich wahrnehmen.

6) Kalksinter und Kalktupf. Diese Kalkarten sind aus Wasser entstan-
den, welche viel kohlensauren Kalk durch Hülfe der Kohlensäure aufgelöst hatten;

Zweiter Theil. M
Die Kalkerde.

3) Kreide. Sie iſt eine feſte Kalkart von verſchiedener Haͤrte, fuͤhlt ſich
mager an, faͤrbt leicht ab, und laͤßt ſich leicht ſchaben. Sie iſt weiß oder gelblich-
weiß von Farbe. Den Namen Kreide hat ſie von der Inſel Kreta, jetzt Kandia,
welche ſie in großer Menge und von vorzuͤglicher Guͤte liefert. Sie iſt aber auch
in vielen andern Laͤndern anzutreffen, wo ſie ganze Vorgebirge bildet, z. B. in
England, Daͤnemark, Frankreich u. ſ. w. Erſteres beſteht wahrſcheinlich ganz
in ſeinem Kerne aus einem Kalkfelſen. Sie kann zum Kalkbrennen dienen, und
iſt im gemeinen Leben bekanntlich nuͤtzlich. Es giebt noch andere Mineralien,
die auch den Namen Kreide fuͤhren, aber nicht mit der wahren Kreide verwechſelt
werden duͤrfen. Die ſpaniſche Kreide iſt eine Art Speckſtein, die zu dem Bitter-
erdengeſchlecht gehoͤrt. Die ſchwarze Kreide gehoͤrt zum Schiefergeſchlecht.

4) Pulverfoͤrmiger Kalk. Oft findet man in Huͤgeln, Ebenen und
Niederungen eine weiße, mehr oder weniger ins gelbe oder graue fallende broͤck-
liche Erdart, welche groͤßtentheils aus kohlenſaurem Kalk beſteht. Sie iſt mager
anzufuͤhlen, backt wenig zuſammen, und giebt mit Waſſer angeruͤhrt keine bin-
dende Maſſe. Wir nennen ſie pulverfoͤrmigen oder erdigen Kalk. An vielen Or-
ten wird ſie aber Mergelkalk genannt, zuweilen auch ſchlechthin Mergel. Sie
hat aber einen zu großen Antheil an Kalk, mehrentheils uͤber 90 Prozent, als daß
man ſie zu den Mergelarten zaͤhlen ſollte. Sie kann, in Ziegelformen geſtrichen,
zu lebendigem [ – 2 Zeichen fehlen]lke gebrannt werden, paßt ſich aber auch ungebrannt als Duͤn-
gungsmittel, indem ſie an der Luft leicht in ein feines Pulver zerfaͤllt. Sie iſt des-
halb fuͤr den Landwirth von großer Wichtigkeit. Wahrſcheinlich iſt ſie mit der
folgenden Art gleichen Urſprungs.

5) Blaͤtter- oder Muſchelkalk. Man findet dieſen zuweilen in Ber-
gen, haͤufiger aber in Niederungen mit einer ſtarken Lage von mooriger Dammerde
bedeckt. Zu oberſt trifft man eine Lage von noch unzergangenen Muſchelſchaalen
an, die etwas tiefer ſchon ganz in Blaͤtter zerfallen ſind, unter welchen dann
lockerer, ganz unten aber zuweilen beinahe ſteinigter Kalk lieget. Man kann hier
die Entſtehung des Kalks aus Schaalthieren und ſeine allmaͤhlige Bildung zum
Stein ſehr deutlich wahrnehmen.

6) Kalkſinter und Kalktupf. Dieſe Kalkarten ſind aus Waſſer entſtan-
den, welche viel kohlenſauren Kalk durch Huͤlfe der Kohlenſaͤure aufgeloͤſt hatten;

Zweiter Theil. M
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[89/0133] Die Kalkerde. 3) Kreide. Sie iſt eine feſte Kalkart von verſchiedener Haͤrte, fuͤhlt ſich mager an, faͤrbt leicht ab, und laͤßt ſich leicht ſchaben. Sie iſt weiß oder gelblich- weiß von Farbe. Den Namen Kreide hat ſie von der Inſel Kreta, jetzt Kandia, welche ſie in großer Menge und von vorzuͤglicher Guͤte liefert. Sie iſt aber auch in vielen andern Laͤndern anzutreffen, wo ſie ganze Vorgebirge bildet, z. B. in England, Daͤnemark, Frankreich u. ſ. w. Erſteres beſteht wahrſcheinlich ganz in ſeinem Kerne aus einem Kalkfelſen. Sie kann zum Kalkbrennen dienen, und iſt im gemeinen Leben bekanntlich nuͤtzlich. Es giebt noch andere Mineralien, die auch den Namen Kreide fuͤhren, aber nicht mit der wahren Kreide verwechſelt werden duͤrfen. Die ſpaniſche Kreide iſt eine Art Speckſtein, die zu dem Bitter- erdengeſchlecht gehoͤrt. Die ſchwarze Kreide gehoͤrt zum Schiefergeſchlecht. 4) Pulverfoͤrmiger Kalk. Oft findet man in Huͤgeln, Ebenen und Niederungen eine weiße, mehr oder weniger ins gelbe oder graue fallende broͤck- liche Erdart, welche groͤßtentheils aus kohlenſaurem Kalk beſteht. Sie iſt mager anzufuͤhlen, backt wenig zuſammen, und giebt mit Waſſer angeruͤhrt keine bin- dende Maſſe. Wir nennen ſie pulverfoͤrmigen oder erdigen Kalk. An vielen Or- ten wird ſie aber Mergelkalk genannt, zuweilen auch ſchlechthin Mergel. Sie hat aber einen zu großen Antheil an Kalk, mehrentheils uͤber 90 Prozent, als daß man ſie zu den Mergelarten zaͤhlen ſollte. Sie kann, in Ziegelformen geſtrichen, zu lebendigem __lke gebrannt werden, paßt ſich aber auch ungebrannt als Duͤn- gungsmittel, indem ſie an der Luft leicht in ein feines Pulver zerfaͤllt. Sie iſt des- halb fuͤr den Landwirth von großer Wichtigkeit. Wahrſcheinlich iſt ſie mit der folgenden Art gleichen Urſprungs. 5) Blaͤtter- oder Muſchelkalk. Man findet dieſen zuweilen in Ber- gen, haͤufiger aber in Niederungen mit einer ſtarken Lage von mooriger Dammerde bedeckt. Zu oberſt trifft man eine Lage von noch unzergangenen Muſchelſchaalen an, die etwas tiefer ſchon ganz in Blaͤtter zerfallen ſind, unter welchen dann lockerer, ganz unten aber zuweilen beinahe ſteinigter Kalk lieget. Man kann hier die Entſtehung des Kalks aus Schaalthieren und ſeine allmaͤhlige Bildung zum Stein ſehr deutlich wahrnehmen. 6) Kalkſinter und Kalktupf. Dieſe Kalkarten ſind aus Waſſer entſtan- den, welche viel kohlenſauren Kalk durch Huͤlfe der Kohlenſaͤure aufgeloͤſt hatten; Zweiter Theil. M

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/133>, abgerufen am 27.04.2024.