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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Bodenarten.
barsten gehalten wurde, hatte 8 2/5 Prozent Humus mit 3 bis 4 Prozent Kalk, und
übrigens fast lauter Thon. Ein Boden aus dem Amte Wollup, der 61/2 Prozent
Humus hatte, war noch ein trefflicher Weizenboden, indem er nämlich diese
Frucht noch in dritter Tracht sehr üppig trug.

Die schwarze Farbe des Bodens steht nicht immer in Verhältniß mit seinem
Humus. Er ist zuweilen weißlich, wie schon erwähnt, und hat dennoch mehr
Humusgehalt, als ein anderer, der schwärzlicher aussieht. Seine schwarze
Farbe kommt aber zum Vorschein, wenn man ihn in einem verschlossenen
Tiegel glüht.

Diese reichen Thon- oder Klayboden finden sich nur in Niederungen, die ent-
weder notorisch oder doch höchst wahrscheinlich mit dem abgesetzten Schlamm des
Wassers tiefer oder flacher bedeckt worden sind; also an den Ufern der Ströme,
deren Wasser langsam übertrat und sich langsam wieder zurückzog, oder in solchen
Thälern, die vormals, ehe sich das Wasser einen Ausweg bahnte, Seen waren.
Man setzt diese Ackerarten in die erste Klasse, und nennt sie gewöhnlich starken
Weizenboden, weil sie noch in dritter Tracht nach dem Dünger bei dem Dreifelder-
systeme Weizen zu tragen vermögen.

Die in diese Klasse zu ordnenden Bodenarten haben indessen Gradationen in
ihrer Fruchtbarkeit und ihrem Werth. Ob man diese nach Verhältniß ihres
Humusgehalts allein bestimmen könne, getraue ich mich nicht zu entscheiden, indem
die Vergleichung der Fruchtbarkeit an entfernten Orten zu schwierig, und wohl
vom Klima mit abhängig ist. Ob der mehrere oder mindere Kalkgehalt und der
ihnen wahrscheinlich zuweilen beigemischte thierische Stoff die Fruchtbarkeit er-
höhe, ist ebenfalls noch nicht zu entscheiden.

Nach dem Resultate unserer Untersuchungen glaube ich jedoch annehmen zu
müssen, daß die Ackererde mindestens zwischen 5 bis 6 Prozent Humus halten
müsse, um in diese Klasse gesetzt zu werden.

Wir nehmen, um die Verhältnisse des Bodenwerths auszusprechen, den
Werth des uns bekannten fruchtbarsten Bodens zu 100 an, welcher propor-
tionale Werth dann durch den Einfluß, den seine Lage und andere Verhält-
nisse auf seine Nutzbarkeit haben können, zu erhöhen und zu vermindern ist.


Die Bodenarten.
barſten gehalten wurde, hatte 8⅖ Prozent Humus mit 3 bis 4 Prozent Kalk, und
uͤbrigens faſt lauter Thon. Ein Boden aus dem Amte Wollup, der 6½ Prozent
Humus hatte, war noch ein trefflicher Weizenboden, indem er naͤmlich dieſe
Frucht noch in dritter Tracht ſehr uͤppig trug.

Die ſchwarze Farbe des Bodens ſteht nicht immer in Verhaͤltniß mit ſeinem
Humus. Er iſt zuweilen weißlich, wie ſchon erwaͤhnt, und hat dennoch mehr
Humusgehalt, als ein anderer, der ſchwaͤrzlicher ausſieht. Seine ſchwarze
Farbe kommt aber zum Vorſchein, wenn man ihn in einem verſchloſſenen
Tiegel gluͤht.

Dieſe reichen Thon- oder Klayboden finden ſich nur in Niederungen, die ent-
weder notoriſch oder doch hoͤchſt wahrſcheinlich mit dem abgeſetzten Schlamm des
Waſſers tiefer oder flacher bedeckt worden ſind; alſo an den Ufern der Stroͤme,
deren Waſſer langſam uͤbertrat und ſich langſam wieder zuruͤckzog, oder in ſolchen
Thaͤlern, die vormals, ehe ſich das Waſſer einen Ausweg bahnte, Seen waren.
Man ſetzt dieſe Ackerarten in die erſte Klaſſe, und nennt ſie gewoͤhnlich ſtarken
Weizenboden, weil ſie noch in dritter Tracht nach dem Duͤnger bei dem Dreifelder-
ſyſteme Weizen zu tragen vermoͤgen.

Die in dieſe Klaſſe zu ordnenden Bodenarten haben indeſſen Gradationen in
ihrer Fruchtbarkeit und ihrem Werth. Ob man dieſe nach Verhaͤltniß ihres
Humusgehalts allein beſtimmen koͤnne, getraue ich mich nicht zu entſcheiden, indem
die Vergleichung der Fruchtbarkeit an entfernten Orten zu ſchwierig, und wohl
vom Klima mit abhaͤngig iſt. Ob der mehrere oder mindere Kalkgehalt und der
ihnen wahrſcheinlich zuweilen beigemiſchte thieriſche Stoff die Fruchtbarkeit er-
hoͤhe, iſt ebenfalls noch nicht zu entſcheiden.

Nach dem Reſultate unſerer Unterſuchungen glaube ich jedoch annehmen zu
muͤſſen, daß die Ackererde mindeſtens zwiſchen 5 bis 6 Prozent Humus halten
muͤſſe, um in dieſe Klaſſe geſetzt zu werden.

Wir nehmen, um die Verhaͤltniſſe des Bodenwerths auszuſprechen, den
Werth des uns bekannten fruchtbarſten Bodens zu 100 an, welcher propor-
tionale Werth dann durch den Einfluß, den ſeine Lage und andere Verhaͤlt-
niſſe auf ſeine Nutzbarkeit haben koͤnnen, zu erhoͤhen und zu vermindern iſt.


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[124/0168] Die Bodenarten. barſten gehalten wurde, hatte 8⅖ Prozent Humus mit 3 bis 4 Prozent Kalk, und uͤbrigens faſt lauter Thon. Ein Boden aus dem Amte Wollup, der 6½ Prozent Humus hatte, war noch ein trefflicher Weizenboden, indem er naͤmlich dieſe Frucht noch in dritter Tracht ſehr uͤppig trug. Die ſchwarze Farbe des Bodens ſteht nicht immer in Verhaͤltniß mit ſeinem Humus. Er iſt zuweilen weißlich, wie ſchon erwaͤhnt, und hat dennoch mehr Humusgehalt, als ein anderer, der ſchwaͤrzlicher ausſieht. Seine ſchwarze Farbe kommt aber zum Vorſchein, wenn man ihn in einem verſchloſſenen Tiegel gluͤht. Dieſe reichen Thon- oder Klayboden finden ſich nur in Niederungen, die ent- weder notoriſch oder doch hoͤchſt wahrſcheinlich mit dem abgeſetzten Schlamm des Waſſers tiefer oder flacher bedeckt worden ſind; alſo an den Ufern der Stroͤme, deren Waſſer langſam uͤbertrat und ſich langſam wieder zuruͤckzog, oder in ſolchen Thaͤlern, die vormals, ehe ſich das Waſſer einen Ausweg bahnte, Seen waren. Man ſetzt dieſe Ackerarten in die erſte Klaſſe, und nennt ſie gewoͤhnlich ſtarken Weizenboden, weil ſie noch in dritter Tracht nach dem Duͤnger bei dem Dreifelder- ſyſteme Weizen zu tragen vermoͤgen. Die in dieſe Klaſſe zu ordnenden Bodenarten haben indeſſen Gradationen in ihrer Fruchtbarkeit und ihrem Werth. Ob man dieſe nach Verhaͤltniß ihres Humusgehalts allein beſtimmen koͤnne, getraue ich mich nicht zu entſcheiden, indem die Vergleichung der Fruchtbarkeit an entfernten Orten zu ſchwierig, und wohl vom Klima mit abhaͤngig iſt. Ob der mehrere oder mindere Kalkgehalt und der ihnen wahrſcheinlich zuweilen beigemiſchte thieriſche Stoff die Fruchtbarkeit er- hoͤhe, iſt ebenfalls noch nicht zu entſcheiden. Nach dem Reſultate unſerer Unterſuchungen glaube ich jedoch annehmen zu muͤſſen, daß die Ackererde mindeſtens zwiſchen 5 bis 6 Prozent Humus halten muͤſſe, um in dieſe Klaſſe geſetzt zu werden. Wir nehmen, um die Verhaͤltniſſe des Bodenwerths auszuſprechen, den Werth des uns bekannten fruchtbarſten Bodens zu 100 an, welcher propor- tionale Werth dann durch den Einfluß, den ſeine Lage und andere Verhaͤlt- niſſe auf ſeine Nutzbarkeit haben koͤnnen, zu erhoͤhen und zu vermindern iſt.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/168>, abgerufen am 28.04.2024.