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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Mistdüngung.
nämlich Sauerstoff einsaugt, und Kohlensäure entwickelt. Es läßt sich aber mit
Wahrscheinlichkeit annehmen, daß diese mit der Feuchtigkeit sich in den Boden
ziehe, und ihn befruchte. Bei der Trockniß geht aber keine Zersetzung vor sich.
Man findet einen Brachacker, wo solcher Mist einige Wochen lang gelegen hat,
sehr stark und lebhaft begrünt, selbst an solchen Stellen, die nicht unmittelbar
mit diesem Miste in Berührung standen; ein Beweis, daß sich seine befruchtende
Wirkung, bevor er unter die Erde kommt, auch in seinem Umkreise verbreite, und
vom Erdboden angezogen werde.

Aus diesen Gründen scheint die Verbreitung des Mistes auf den Acker, wenn
er auch längere Zeit liegen muß, ehe er untergepflügt wird, keine Bedenklichkeit
zu haben; es sey denn auf einem abhängigen Felde, wo das abfließende Regen-
oder Schneewasser ihn auswaschen und entkräften kann. In letzterem Falle muß
er, wenn man die Ausfuhr zu einer Zeit vollführen will, wo er nicht untergebracht
werden kann, in Mieten gefahren werden. Es ist aber zu bemerken, daß er sich,
wenn er in solchen Mieten steht, selbst im Winter weit stärker zersetze, und weit
mehr zusammenfalle, als auf dem Hofe, welches nur von der stärkern Berührung
der Luft, und dadurch bei fortdauernder Gährung bewirkten Verdunstung her-
rühren kann.

Ein sehr fehlerhaftes und nachtheiliges Verfahren ist es, den Mist in den
kleinen Haufen, worin er vom Wagen abgestoßen wird, auf dem Acker liegen zu
lassen. Hat er seine Gährung noch nicht überstanden, so zersetzt er sich in solchen
kleinen Haufen mit dem größten Verluste, indem ihm der Wind die sich entwickeln-
den flüchtigen Theile entführet, und er zersetzt sich überdem ungleich, in der Mitte
stark, im Umkreise wenig oder gar nicht. Seine größte Kraft, und seine am mei-
sten aufgelösten Theile ziehen sich auf der Stelle wo der Haufen liegt in den Bo-
den, und das unkräftige, minder aufgelöste bleibt zurück, weswegen nachher auch
bei der sorgfältigsten Ausstreuung, die Plätze wo die Haufen gelegen, sich meh-
rere Jahre lang oft durch übermäßige Geilheit der Saaten, die sich an solchen
Stellen wohl gar niederlegen, auszeichnen, wogegen um sie herum die Früchte
nur kümmerlich stehen. Man muß es sich daher zu einer unverbrüchlichen Regel
machen, den Mist sogleich auszustreuen, wenn er in solchen Haufen abgestoßen
worden, und dieses kaum einen Tag verschieben.


Die Miſtduͤngung.
naͤmlich Sauerſtoff einſaugt, und Kohlenſaͤure entwickelt. Es laͤßt ſich aber mit
Wahrſcheinlichkeit annehmen, daß dieſe mit der Feuchtigkeit ſich in den Boden
ziehe, und ihn befruchte. Bei der Trockniß geht aber keine Zerſetzung vor ſich.
Man findet einen Brachacker, wo ſolcher Miſt einige Wochen lang gelegen hat,
ſehr ſtark und lebhaft begruͤnt, ſelbſt an ſolchen Stellen, die nicht unmittelbar
mit dieſem Miſte in Beruͤhrung ſtanden; ein Beweis, daß ſich ſeine befruchtende
Wirkung, bevor er unter die Erde kommt, auch in ſeinem Umkreiſe verbreite, und
vom Erdboden angezogen werde.

Aus dieſen Gruͤnden ſcheint die Verbreitung des Miſtes auf den Acker, wenn
er auch laͤngere Zeit liegen muß, ehe er untergepfluͤgt wird, keine Bedenklichkeit
zu haben; es ſey denn auf einem abhaͤngigen Felde, wo das abfließende Regen-
oder Schneewaſſer ihn auswaſchen und entkraͤften kann. In letzterem Falle muß
er, wenn man die Ausfuhr zu einer Zeit vollfuͤhren will, wo er nicht untergebracht
werden kann, in Mieten gefahren werden. Es iſt aber zu bemerken, daß er ſich,
wenn er in ſolchen Mieten ſteht, ſelbſt im Winter weit ſtaͤrker zerſetze, und weit
mehr zuſammenfalle, als auf dem Hofe, welches nur von der ſtaͤrkern Beruͤhrung
der Luft, und dadurch bei fortdauernder Gaͤhrung bewirkten Verdunſtung her-
ruͤhren kann.

Ein ſehr fehlerhaftes und nachtheiliges Verfahren iſt es, den Miſt in den
kleinen Haufen, worin er vom Wagen abgeſtoßen wird, auf dem Acker liegen zu
laſſen. Hat er ſeine Gaͤhrung noch nicht uͤberſtanden, ſo zerſetzt er ſich in ſolchen
kleinen Haufen mit dem groͤßten Verluſte, indem ihm der Wind die ſich entwickeln-
den fluͤchtigen Theile entfuͤhret, und er zerſetzt ſich uͤberdem ungleich, in der Mitte
ſtark, im Umkreiſe wenig oder gar nicht. Seine groͤßte Kraft, und ſeine am mei-
ſten aufgeloͤſten Theile ziehen ſich auf der Stelle wo der Haufen liegt in den Bo-
den, und das unkraͤftige, minder aufgeloͤſte bleibt zuruͤck, weswegen nachher auch
bei der ſorgfaͤltigſten Ausſtreuung, die Plaͤtze wo die Haufen gelegen, ſich meh-
rere Jahre lang oft durch uͤbermaͤßige Geilheit der Saaten, die ſich an ſolchen
Stellen wohl gar niederlegen, auszeichnen, wogegen um ſie herum die Fruͤchte
nur kuͤmmerlich ſtehen. Man muß es ſich daher zu einer unverbruͤchlichen Regel
machen, den Miſt ſogleich auszuſtreuen, wenn er in ſolchen Haufen abgeſtoßen
worden, und dieſes kaum einen Tag verſchieben.


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[196/0244] Die Miſtduͤngung. naͤmlich Sauerſtoff einſaugt, und Kohlenſaͤure entwickelt. Es laͤßt ſich aber mit Wahrſcheinlichkeit annehmen, daß dieſe mit der Feuchtigkeit ſich in den Boden ziehe, und ihn befruchte. Bei der Trockniß geht aber keine Zerſetzung vor ſich. Man findet einen Brachacker, wo ſolcher Miſt einige Wochen lang gelegen hat, ſehr ſtark und lebhaft begruͤnt, ſelbſt an ſolchen Stellen, die nicht unmittelbar mit dieſem Miſte in Beruͤhrung ſtanden; ein Beweis, daß ſich ſeine befruchtende Wirkung, bevor er unter die Erde kommt, auch in ſeinem Umkreiſe verbreite, und vom Erdboden angezogen werde. Aus dieſen Gruͤnden ſcheint die Verbreitung des Miſtes auf den Acker, wenn er auch laͤngere Zeit liegen muß, ehe er untergepfluͤgt wird, keine Bedenklichkeit zu haben; es ſey denn auf einem abhaͤngigen Felde, wo das abfließende Regen- oder Schneewaſſer ihn auswaſchen und entkraͤften kann. In letzterem Falle muß er, wenn man die Ausfuhr zu einer Zeit vollfuͤhren will, wo er nicht untergebracht werden kann, in Mieten gefahren werden. Es iſt aber zu bemerken, daß er ſich, wenn er in ſolchen Mieten ſteht, ſelbſt im Winter weit ſtaͤrker zerſetze, und weit mehr zuſammenfalle, als auf dem Hofe, welches nur von der ſtaͤrkern Beruͤhrung der Luft, und dadurch bei fortdauernder Gaͤhrung bewirkten Verdunſtung her- ruͤhren kann. Ein ſehr fehlerhaftes und nachtheiliges Verfahren iſt es, den Miſt in den kleinen Haufen, worin er vom Wagen abgeſtoßen wird, auf dem Acker liegen zu laſſen. Hat er ſeine Gaͤhrung noch nicht uͤberſtanden, ſo zerſetzt er ſich in ſolchen kleinen Haufen mit dem groͤßten Verluſte, indem ihm der Wind die ſich entwickeln- den fluͤchtigen Theile entfuͤhret, und er zerſetzt ſich uͤberdem ungleich, in der Mitte ſtark, im Umkreiſe wenig oder gar nicht. Seine groͤßte Kraft, und ſeine am mei- ſten aufgeloͤſten Theile ziehen ſich auf der Stelle wo der Haufen liegt in den Bo- den, und das unkraͤftige, minder aufgeloͤſte bleibt zuruͤck, weswegen nachher auch bei der ſorgfaͤltigſten Ausſtreuung, die Plaͤtze wo die Haufen gelegen, ſich meh- rere Jahre lang oft durch uͤbermaͤßige Geilheit der Saaten, die ſich an ſolchen Stellen wohl gar niederlegen, auszeichnen, wogegen um ſie herum die Fruͤchte nur kuͤmmerlich ſtehen. Man muß es ſich daher zu einer unverbruͤchlichen Regel machen, den Miſt ſogleich auszuſtreuen, wenn er in ſolchen Haufen abgeſtoßen worden, und dieſes kaum einen Tag verſchieben.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/244>, abgerufen am 30.04.2024.