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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Die Mistdüngung.
Nutzen verspürt haben. Dies sind indessen noch seltene Beispiele, und die gewöhn-
liche Pferchung geschieht nur mit Schafen.

Ueber die Vortheile und Nachtheile dieser Pferchung sind die Meinungen noch
immer sehr getheilt.

Daß diese nächtliche enge Einsperrung der Gesundheit der Schafe und dann auch
der Qualität der Wolle einigermaßen nachtheilig sey, ist wohl entschieden. Nur die
härteren Schafarten können sie ertragen, und in England hat man manche lang- und
feinwollige Schafarten, denen sie in kurzer Zeit tödtlich wird, ungeachtet dieselben
Schafe bei freier Bewegung sonst Winter und Sommer draußen bleiben. Denn es
ist ein großer Unterschied, ob die Thiere durch freie Bewegung dem Eindruck, wel-
chen schlechte Witterung auf sie macht, widerstehen können, oder so eingesperrt sie
leidend ertragen müssen Wenn gleich nun unsere Landschafe und selbst die edlen spa-
nischen es auszuhalten vermögen, ohne davon umzukommen, so muß man doch zu-
gestehen, daß sie sich besser befinden, wenn sie des Nachts entweder frei herumlanfen
oder unter Dach kommen; und am meisten ist dieses bei den Lämmern bemerklich.

Aber auch, ohne Hinsicht auf die Thiere, verliert man gewiß an Dünger nicht,
sondern gewinnt vielmehr, wenn man die Schafe des Nachts in einen gestreuten
Stall bringt, und somit strohigen Dünger macht, der zwar keine so schnelle Wirkung
wie der Pferch äußert, aber ungleich nachhaltiger ist.

Dagegen aber hat diese Düngungsart den großen Vortheil, daß sie die Arbeit
und Fuhren des Mistes erspart, und dieser Vortheil ist um so größer, je entlegener
die Felder und je beschwerlicher die Wege dahin sind; weshalb man sie vor allen auf
bergigen Aeckern anwendet. Auch wird man alsdann dazu gezwungen, wenn man
kein Stroh und anderes Streuungssurrogat übrig hat. Es ist also die Lokalität,
welche hier, wie in den meisten Fällen, entscheidet.

Die Engländer sind zum Theil noch in anderer Hinsicht gegen den Hürdenschlag.
Sie behaupten nämlich und führen unzubezweifelnde Erfahrungen dafür an: daß eine
Schafweide sich verschlechtere, wenn man ihr den nächtlichen Dünger nehme, und
sich dagegen augenscheinlich verbessere, wenn man ihr solchen lasse. Im erstern
Falle könne sie in den folgenden Jahren immer weniger Schafe ernähren; im zwei-
ten dagegen immer mehrere, und verbessere sich somit progressiv. Höchst auffallend
sey ferner der Unterschied in der Fruchtbarkeit einer aufgebrochenen Schafkoppel, wenn

Zweiter Theil. E e

Die Miſtduͤngung.
Nutzen verſpuͤrt haben. Dies ſind indeſſen noch ſeltene Beiſpiele, und die gewoͤhn-
liche Pferchung geſchieht nur mit Schafen.

Ueber die Vortheile und Nachtheile dieſer Pferchung ſind die Meinungen noch
immer ſehr getheilt.

Daß dieſe naͤchtliche enge Einſperrung der Geſundheit der Schafe und dann auch
der Qualitaͤt der Wolle einigermaßen nachtheilig ſey, iſt wohl entſchieden. Nur die
haͤrteren Schafarten koͤnnen ſie ertragen, und in England hat man manche lang- und
feinwollige Schafarten, denen ſie in kurzer Zeit toͤdtlich wird, ungeachtet dieſelben
Schafe bei freier Bewegung ſonſt Winter und Sommer draußen bleiben. Denn es
iſt ein großer Unterſchied, ob die Thiere durch freie Bewegung dem Eindruck, wel-
chen ſchlechte Witterung auf ſie macht, widerſtehen koͤnnen, oder ſo eingeſperrt ſie
leidend ertragen muͤſſen Wenn gleich nun unſere Landſchafe und ſelbſt die edlen ſpa-
niſchen es auszuhalten vermoͤgen, ohne davon umzukommen, ſo muß man doch zu-
geſtehen, daß ſie ſich beſſer befinden, wenn ſie des Nachts entweder frei herumlanfen
oder unter Dach kommen; und am meiſten iſt dieſes bei den Laͤmmern bemerklich.

Aber auch, ohne Hinſicht auf die Thiere, verliert man gewiß an Duͤnger nicht,
ſondern gewinnt vielmehr, wenn man die Schafe des Nachts in einen geſtreuten
Stall bringt, und ſomit ſtrohigen Duͤnger macht, der zwar keine ſo ſchnelle Wirkung
wie der Pferch aͤußert, aber ungleich nachhaltiger iſt.

Dagegen aber hat dieſe Duͤngungsart den großen Vortheil, daß ſie die Arbeit
und Fuhren des Miſtes erſpart, und dieſer Vortheil iſt um ſo groͤßer, je entlegener
die Felder und je beſchwerlicher die Wege dahin ſind; weshalb man ſie vor allen auf
bergigen Aeckern anwendet. Auch wird man alsdann dazu gezwungen, wenn man
kein Stroh und anderes Streuungsſurrogat uͤbrig hat. Es iſt alſo die Lokalitaͤt,
welche hier, wie in den meiſten Faͤllen, entſcheidet.

Die Englaͤnder ſind zum Theil noch in anderer Hinſicht gegen den Huͤrdenſchlag.
Sie behaupten naͤmlich und fuͤhren unzubezweifelnde Erfahrungen dafuͤr an: daß eine
Schafweide ſich verſchlechtere, wenn man ihr den naͤchtlichen Duͤnger nehme, und
ſich dagegen augenſcheinlich verbeſſere, wenn man ihr ſolchen laſſe. Im erſtern
Falle koͤnne ſie in den folgenden Jahren immer weniger Schafe ernaͤhren; im zwei-
ten dagegen immer mehrere, und verbeſſere ſich ſomit progreſſiv. Hoͤchſt auffallend
ſey ferner der Unterſchied in der Fruchtbarkeit einer aufgebrochenen Schafkoppel, wenn

Zweiter Theil. E e
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[217/0265] Die Miſtduͤngung. Nutzen verſpuͤrt haben. Dies ſind indeſſen noch ſeltene Beiſpiele, und die gewoͤhn- liche Pferchung geſchieht nur mit Schafen. Ueber die Vortheile und Nachtheile dieſer Pferchung ſind die Meinungen noch immer ſehr getheilt. Daß dieſe naͤchtliche enge Einſperrung der Geſundheit der Schafe und dann auch der Qualitaͤt der Wolle einigermaßen nachtheilig ſey, iſt wohl entſchieden. Nur die haͤrteren Schafarten koͤnnen ſie ertragen, und in England hat man manche lang- und feinwollige Schafarten, denen ſie in kurzer Zeit toͤdtlich wird, ungeachtet dieſelben Schafe bei freier Bewegung ſonſt Winter und Sommer draußen bleiben. Denn es iſt ein großer Unterſchied, ob die Thiere durch freie Bewegung dem Eindruck, wel- chen ſchlechte Witterung auf ſie macht, widerſtehen koͤnnen, oder ſo eingeſperrt ſie leidend ertragen muͤſſen Wenn gleich nun unſere Landſchafe und ſelbſt die edlen ſpa- niſchen es auszuhalten vermoͤgen, ohne davon umzukommen, ſo muß man doch zu- geſtehen, daß ſie ſich beſſer befinden, wenn ſie des Nachts entweder frei herumlanfen oder unter Dach kommen; und am meiſten iſt dieſes bei den Laͤmmern bemerklich. Aber auch, ohne Hinſicht auf die Thiere, verliert man gewiß an Duͤnger nicht, ſondern gewinnt vielmehr, wenn man die Schafe des Nachts in einen geſtreuten Stall bringt, und ſomit ſtrohigen Duͤnger macht, der zwar keine ſo ſchnelle Wirkung wie der Pferch aͤußert, aber ungleich nachhaltiger iſt. Dagegen aber hat dieſe Duͤngungsart den großen Vortheil, daß ſie die Arbeit und Fuhren des Miſtes erſpart, und dieſer Vortheil iſt um ſo groͤßer, je entlegener die Felder und je beſchwerlicher die Wege dahin ſind; weshalb man ſie vor allen auf bergigen Aeckern anwendet. Auch wird man alsdann dazu gezwungen, wenn man kein Stroh und anderes Streuungsſurrogat uͤbrig hat. Es iſt alſo die Lokalitaͤt, welche hier, wie in den meiſten Faͤllen, entſcheidet. Die Englaͤnder ſind zum Theil noch in anderer Hinſicht gegen den Huͤrdenſchlag. Sie behaupten naͤmlich und fuͤhren unzubezweifelnde Erfahrungen dafuͤr an: daß eine Schafweide ſich verſchlechtere, wenn man ihr den naͤchtlichen Duͤnger nehme, und ſich dagegen augenſcheinlich verbeſſere, wenn man ihr ſolchen laſſe. Im erſtern Falle koͤnne ſie in den folgenden Jahren immer weniger Schafe ernaͤhren; im zwei- ten dagegen immer mehrere, und verbeſſere ſich ſomit progreſſiv. Hoͤchſt auffallend ſey ferner der Unterſchied in der Fruchtbarkeit einer aufgebrochenen Schafkoppel, wenn Zweiter Theil. E e

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/265>, abgerufen am 28.04.2024.