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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Vegetabilische Düngungsmittel.
Furche Zeit hat, um desto mehr Kraft wird es gewinnen. Der mit Hederich am
meisten angefüllte Acker wird am meisten Nutzen von der Brache haben, selbst
ohne Hinsicht auf den Vortheil, der aus der Zerstörung dieses Unkrauts erfolgt.

Auch selbst die Stoppel, welche von den meisten Früchten im Acker zurück-
bleibt, giebt ihm wenigstens einigen Moder zurück. Je stärker diese Stoppel ist,
um desto mehr bewirkt sie, und daher wird der Acker bei gleicher Mistdüngung
merklich weniger in solchen Gegenden ausgesogen, wo man den Gebrauch hat,
eine sehr hohe Stoppel beim Schneiden des Getreides stehen zu lassen. Es ist
dann aber von Wichtigkeit, diese Stoppel bald unterzupflügen, weil sie nur im
Boden in eigentliche Fäulniß überzugehen scheint; der Luft ausgesetzt aber mehr
verwittert. Die Stoppel anderer Früchte, die stärkere Stengel und Wurzeln
haben, überwiegen zum Theil die Getreidestoppel in der Masse dessen, was sie
dem Boden zurückgeben. Am auffallendsten düngen aber diejenigen Gewächse
durch ihre umgepflügte Stoppel und zerstörte Wurzeln, welche nicht durch Rei-
fung des Samens in dürres Stroh verwandelt wurden, sondern noch schleimige
Theile in sich behielten. Daher die anerkannte verbessernde Eigenschaft der grü-
nen Wicken und des Klees, die in der Regel vor ihrem Unterpflügen überdem noch
neue saftreiche Blätter hervortreiben, und auch bei ihrer Aberntung manche Abfälle
auf dem Felde zurücklassen.

Am wirksamsten düngt der Rasen oder die Grasnarbe, die sich nach einer län-
gern Ruhe auf dem Boden erzeugt. Das dichte Gewebe von Kraut und Wurzeln,
gemengt mit der thierischen Materie der absterbenden Würmer und Insekten, wo-
zu sich noch der Rückstand des Düngers des weidenden Viehes gesellt, giebt dem
Erdboden eine beträchtliche Kraft, welche mehrere Ernten ohne aufgefahrnen
Dünger zu geben vermögend ist. Man hat dies fälschlich der Ruhe des Ackers
selbst zugeschrieben, welche doch keine andere als eine negative Wirkung haben
kann. Derjenige Boden, welcher in der größten Kraft niedergelegt worden, und
daher die reichste Grasnarbe zu bilden vermag, wird während seiner Ruhejahre,
nicht durch seine Unthätigkeit, sondern gerade durch seine produzirende Kraft am
meisten an neuer Kraft gewinnen. Der irrige Begriff von Ruhe hat vielleicht mit
dazu Veranlassung gegeben, oder doch das gewöhnliche Verfahren erhalten, daß
man nur erschöpften Acker zu Grase niederlegt, in der Hoffnung, er werde durch

Vegetabiliſche Duͤngungsmittel.
Furche Zeit hat, um deſto mehr Kraft wird es gewinnen. Der mit Hederich am
meiſten angefuͤllte Acker wird am meiſten Nutzen von der Brache haben, ſelbſt
ohne Hinſicht auf den Vortheil, der aus der Zerſtoͤrung dieſes Unkrauts erfolgt.

Auch ſelbſt die Stoppel, welche von den meiſten Fruͤchten im Acker zuruͤck-
bleibt, giebt ihm wenigſtens einigen Moder zuruͤck. Je ſtaͤrker dieſe Stoppel iſt,
um deſto mehr bewirkt ſie, und daher wird der Acker bei gleicher Miſtduͤngung
merklich weniger in ſolchen Gegenden ausgeſogen, wo man den Gebrauch hat,
eine ſehr hohe Stoppel beim Schneiden des Getreides ſtehen zu laſſen. Es iſt
dann aber von Wichtigkeit, dieſe Stoppel bald unterzupfluͤgen, weil ſie nur im
Boden in eigentliche Faͤulniß uͤberzugehen ſcheint; der Luft ausgeſetzt aber mehr
verwittert. Die Stoppel anderer Fruͤchte, die ſtaͤrkere Stengel und Wurzeln
haben, uͤberwiegen zum Theil die Getreideſtoppel in der Maſſe deſſen, was ſie
dem Boden zuruͤckgeben. Am auffallendſten duͤngen aber diejenigen Gewaͤchſe
durch ihre umgepfluͤgte Stoppel und zerſtoͤrte Wurzeln, welche nicht durch Rei-
fung des Samens in duͤrres Stroh verwandelt wurden, ſondern noch ſchleimige
Theile in ſich behielten. Daher die anerkannte verbeſſernde Eigenſchaft der gruͤ-
nen Wicken und des Klees, die in der Regel vor ihrem Unterpfluͤgen uͤberdem noch
neue ſaftreiche Blaͤtter hervortreiben, und auch bei ihrer Aberntung manche Abfaͤlle
auf dem Felde zuruͤcklaſſen.

Am wirkſamſten duͤngt der Raſen oder die Grasnarbe, die ſich nach einer laͤn-
gern Ruhe auf dem Boden erzeugt. Das dichte Gewebe von Kraut und Wurzeln,
gemengt mit der thieriſchen Materie der abſterbenden Wuͤrmer und Inſekten, wo-
zu ſich noch der Ruͤckſtand des Duͤngers des weidenden Viehes geſellt, giebt dem
Erdboden eine betraͤchtliche Kraft, welche mehrere Ernten ohne aufgefahrnen
Duͤnger zu geben vermoͤgend iſt. Man hat dies faͤlſchlich der Ruhe des Ackers
ſelbſt zugeſchrieben, welche doch keine andere als eine negative Wirkung haben
kann. Derjenige Boden, welcher in der groͤßten Kraft niedergelegt worden, und
daher die reichſte Grasnarbe zu bilden vermag, wird waͤhrend ſeiner Ruhejahre,
nicht durch ſeine Unthaͤtigkeit, ſondern gerade durch ſeine produzirende Kraft am
meiſten an neuer Kraft gewinnen. Der irrige Begriff von Ruhe hat vielleicht mit
dazu Veranlaſſung gegeben, oder doch das gewoͤhnliche Verfahren erhalten, daß
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[226/0274] Vegetabiliſche Duͤngungsmittel. Furche Zeit hat, um deſto mehr Kraft wird es gewinnen. Der mit Hederich am meiſten angefuͤllte Acker wird am meiſten Nutzen von der Brache haben, ſelbſt ohne Hinſicht auf den Vortheil, der aus der Zerſtoͤrung dieſes Unkrauts erfolgt. Auch ſelbſt die Stoppel, welche von den meiſten Fruͤchten im Acker zuruͤck- bleibt, giebt ihm wenigſtens einigen Moder zuruͤck. Je ſtaͤrker dieſe Stoppel iſt, um deſto mehr bewirkt ſie, und daher wird der Acker bei gleicher Miſtduͤngung merklich weniger in ſolchen Gegenden ausgeſogen, wo man den Gebrauch hat, eine ſehr hohe Stoppel beim Schneiden des Getreides ſtehen zu laſſen. Es iſt dann aber von Wichtigkeit, dieſe Stoppel bald unterzupfluͤgen, weil ſie nur im Boden in eigentliche Faͤulniß uͤberzugehen ſcheint; der Luft ausgeſetzt aber mehr verwittert. Die Stoppel anderer Fruͤchte, die ſtaͤrkere Stengel und Wurzeln haben, uͤberwiegen zum Theil die Getreideſtoppel in der Maſſe deſſen, was ſie dem Boden zuruͤckgeben. Am auffallendſten duͤngen aber diejenigen Gewaͤchſe durch ihre umgepfluͤgte Stoppel und zerſtoͤrte Wurzeln, welche nicht durch Rei- fung des Samens in duͤrres Stroh verwandelt wurden, ſondern noch ſchleimige Theile in ſich behielten. Daher die anerkannte verbeſſernde Eigenſchaft der gruͤ- nen Wicken und des Klees, die in der Regel vor ihrem Unterpfluͤgen uͤberdem noch neue ſaftreiche Blaͤtter hervortreiben, und auch bei ihrer Aberntung manche Abfaͤlle auf dem Felde zuruͤcklaſſen. Am wirkſamſten duͤngt der Raſen oder die Grasnarbe, die ſich nach einer laͤn- gern Ruhe auf dem Boden erzeugt. Das dichte Gewebe von Kraut und Wurzeln, gemengt mit der thieriſchen Materie der abſterbenden Wuͤrmer und Inſekten, wo- zu ſich noch der Ruͤckſtand des Duͤngers des weidenden Viehes geſellt, giebt dem Erdboden eine betraͤchtliche Kraft, welche mehrere Ernten ohne aufgefahrnen Duͤnger zu geben vermoͤgend iſt. Man hat dies faͤlſchlich der Ruhe des Ackers ſelbſt zugeſchrieben, welche doch keine andere als eine negative Wirkung haben kann. Derjenige Boden, welcher in der groͤßten Kraft niedergelegt worden, und daher die reichſte Grasnarbe zu bilden vermag, wird waͤhrend ſeiner Ruhejahre, nicht durch ſeine Unthaͤtigkeit, ſondern gerade durch ſeine produzirende Kraft am meiſten an neuer Kraft gewinnen. Der irrige Begriff von Ruhe hat vielleicht mit dazu Veranlaſſung gegeben, oder doch das gewoͤhnliche Verfahren erhalten, daß man nur erſchoͤpften Acker zu Graſe niederlegt, in der Hoffnung, er werde durch

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/274>, abgerufen am 28.04.2024.