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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Die Arbeit der Beackerung.
tigkeit aufnehmen, bevor sie bis zur Oberfläche heraufstaut, und deshalb finden wir
den rajolten Gartenboden noch nicht von schädlicher Nässe überfüllt, wenn der flache
Ackerboden schon ganz morastig ist. So lange aber die Feuchtigkeit nicht bis zur
Oberfläche heraufstaut, wird sie den Pflanzen nicht leicht schädlich. Dagegen hält
nun der tiefere Boden die mehrere Feuchtigkeit, die er aufgenommen hat, um so län-
ger in sich, und theilt sie der Oberfläche, wenn diese ausgedörret ist, genugsam mit.
Man bemerkt ersteres vorzüglich auf lehmigem Boden; letzteres aber zeigt sich auch
auf Sandboden, der, wenn er rajolt worden, ziemlich lange feucht bleibt. Diesen
Vorzug gewährt ein tiefer Boden selbst durch die größere Tiefe, die weiter hinaus-
geht, als die Wurzeln der Pflanzen einzudringen vermögen. Ich erkläre es mir we-
nigstens daraus, warum selbst Getreide auf Boden, der einige Jahre vorher 3 Fuß
tief rajolt war, bei anhaltender Dürre augenscheinlich besser stand, wie auf dem, der
nur 11/2 Fuß tief rajolt war, ungeachtet beide Theile vor und nach dem Rajolen auf
völlig gleiche Weise behandelt waren.

Auf tieferem Boden leiden ferner die Pflanzen deshalb weniger von der Dürre
und Hitze, und selbst auch vom Froste und der schnellen Temperaturveränderung der
Luft, weil ihre Wurzeln mehr in die Tiefe gehn, und minder davon getroffen werden,
wie an der Oberfläche. Augenscheinlich stehen sie deshalb bei großer Hitze und Dürre
auf tieferem Boden weit frischer, als auf seichtem, wo sie so leicht verscheinen.

Eine allgemeine Erfahrung ist es endlich, daß sich das Getreide auf tiefem Bo-
den selten lagert, wenn es gleich sehr dicht und üppig steht. Dies rührt ohne Zweifel
von der größern Stärke her, die der untere Theil des Stamms durch seine tiefgehen-
den Wurzeln bekommt, wogegen es bei dichten Saaten den ersten Austrieben zu sehr
an Nahrung mangelt, um die völlige Stärke zu erlangen.

Außer dem Getreide aber begünstigt der tiefere Boden den Anbau solcher Ge-
wächse, die mit ihren starken Wurzeln noch tiefer eindringen, und sich ihre Nahrung
noch unterhalb der Gränze der Getreidewurzeln heraufholen. Hierdurch wird ein
Acker, der eine noch größere Tiefe hat, als zum Getreidebau nöthig zu seyn scheint,
immer noch mehr werth, wenn gleich in geringerer Progression, als bis zu der Tiefe,
wohin auch die Getreidewurzeln dringen.


Die Arbeit der Beackerung.
tigkeit aufnehmen, bevor ſie bis zur Oberflaͤche heraufſtaut, und deshalb finden wir
den rajolten Gartenboden noch nicht von ſchaͤdlicher Naͤſſe uͤberfuͤllt, wenn der flache
Ackerboden ſchon ganz moraſtig iſt. So lange aber die Feuchtigkeit nicht bis zur
Oberflaͤche heraufſtaut, wird ſie den Pflanzen nicht leicht ſchaͤdlich. Dagegen haͤlt
nun der tiefere Boden die mehrere Feuchtigkeit, die er aufgenommen hat, um ſo laͤn-
ger in ſich, und theilt ſie der Oberflaͤche, wenn dieſe ausgedoͤrret iſt, genugſam mit.
Man bemerkt erſteres vorzuͤglich auf lehmigem Boden; letzteres aber zeigt ſich auch
auf Sandboden, der, wenn er rajolt worden, ziemlich lange feucht bleibt. Dieſen
Vorzug gewaͤhrt ein tiefer Boden ſelbſt durch die groͤßere Tiefe, die weiter hinaus-
geht, als die Wurzeln der Pflanzen einzudringen vermoͤgen. Ich erklaͤre es mir we-
nigſtens daraus, warum ſelbſt Getreide auf Boden, der einige Jahre vorher 3 Fuß
tief rajolt war, bei anhaltender Duͤrre augenſcheinlich beſſer ſtand, wie auf dem, der
nur 1½ Fuß tief rajolt war, ungeachtet beide Theile vor und nach dem Rajolen auf
voͤllig gleiche Weiſe behandelt waren.

Auf tieferem Boden leiden ferner die Pflanzen deshalb weniger von der Duͤrre
und Hitze, und ſelbſt auch vom Froſte und der ſchnellen Temperaturveraͤnderung der
Luft, weil ihre Wurzeln mehr in die Tiefe gehn, und minder davon getroffen werden,
wie an der Oberflaͤche. Augenſcheinlich ſtehen ſie deshalb bei großer Hitze und Duͤrre
auf tieferem Boden weit friſcher, als auf ſeichtem, wo ſie ſo leicht verſcheinen.

Eine allgemeine Erfahrung iſt es endlich, daß ſich das Getreide auf tiefem Bo-
den ſelten lagert, wenn es gleich ſehr dicht und uͤppig ſteht. Dies ruͤhrt ohne Zweifel
von der groͤßern Staͤrke her, die der untere Theil des Stamms durch ſeine tiefgehen-
den Wurzeln bekommt, wogegen es bei dichten Saaten den erſten Austrieben zu ſehr
an Nahrung mangelt, um die voͤllige Staͤrke zu erlangen.

Außer dem Getreide aber beguͤnſtigt der tiefere Boden den Anbau ſolcher Ge-
waͤchſe, die mit ihren ſtarken Wurzeln noch tiefer eindringen, und ſich ihre Nahrung
noch unterhalb der Graͤnze der Getreidewurzeln heraufholen. Hierdurch wird ein
Acker, der eine noch groͤßere Tiefe hat, als zum Getreidebau noͤthig zu ſeyn ſcheint,
immer noch mehr werth, wenn gleich in geringerer Progreſſion, als bis zu der Tiefe,
wohin auch die Getreidewurzeln dringen.


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[85/0107] Die Arbeit der Beackerung. tigkeit aufnehmen, bevor ſie bis zur Oberflaͤche heraufſtaut, und deshalb finden wir den rajolten Gartenboden noch nicht von ſchaͤdlicher Naͤſſe uͤberfuͤllt, wenn der flache Ackerboden ſchon ganz moraſtig iſt. So lange aber die Feuchtigkeit nicht bis zur Oberflaͤche heraufſtaut, wird ſie den Pflanzen nicht leicht ſchaͤdlich. Dagegen haͤlt nun der tiefere Boden die mehrere Feuchtigkeit, die er aufgenommen hat, um ſo laͤn- ger in ſich, und theilt ſie der Oberflaͤche, wenn dieſe ausgedoͤrret iſt, genugſam mit. Man bemerkt erſteres vorzuͤglich auf lehmigem Boden; letzteres aber zeigt ſich auch auf Sandboden, der, wenn er rajolt worden, ziemlich lange feucht bleibt. Dieſen Vorzug gewaͤhrt ein tiefer Boden ſelbſt durch die groͤßere Tiefe, die weiter hinaus- geht, als die Wurzeln der Pflanzen einzudringen vermoͤgen. Ich erklaͤre es mir we- nigſtens daraus, warum ſelbſt Getreide auf Boden, der einige Jahre vorher 3 Fuß tief rajolt war, bei anhaltender Duͤrre augenſcheinlich beſſer ſtand, wie auf dem, der nur 1½ Fuß tief rajolt war, ungeachtet beide Theile vor und nach dem Rajolen auf voͤllig gleiche Weiſe behandelt waren. Auf tieferem Boden leiden ferner die Pflanzen deshalb weniger von der Duͤrre und Hitze, und ſelbſt auch vom Froſte und der ſchnellen Temperaturveraͤnderung der Luft, weil ihre Wurzeln mehr in die Tiefe gehn, und minder davon getroffen werden, wie an der Oberflaͤche. Augenſcheinlich ſtehen ſie deshalb bei großer Hitze und Duͤrre auf tieferem Boden weit friſcher, als auf ſeichtem, wo ſie ſo leicht verſcheinen. Eine allgemeine Erfahrung iſt es endlich, daß ſich das Getreide auf tiefem Bo- den ſelten lagert, wenn es gleich ſehr dicht und uͤppig ſteht. Dies ruͤhrt ohne Zweifel von der groͤßern Staͤrke her, die der untere Theil des Stamms durch ſeine tiefgehen- den Wurzeln bekommt, wogegen es bei dichten Saaten den erſten Austrieben zu ſehr an Nahrung mangelt, um die voͤllige Staͤrke zu erlangen. Außer dem Getreide aber beguͤnſtigt der tiefere Boden den Anbau ſolcher Ge- waͤchſe, die mit ihren ſtarken Wurzeln noch tiefer eindringen, und ſich ihre Nahrung noch unterhalb der Graͤnze der Getreidewurzeln heraufholen. Hierdurch wird ein Acker, der eine noch groͤßere Tiefe hat, als zum Getreidebau noͤthig zu ſeyn ſcheint, immer noch mehr werth, wenn gleich in geringerer Progreſſion, als bis zu der Tiefe, wohin auch die Getreidewurzeln dringen.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/107>, abgerufen am 28.04.2024.