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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Die Abschwemmung und Anlage der Schwemmwiesen.
herabstürzende Wasser bei Schnee- und Gewitterfluthen die Ufer nicht einreiße, und
ihm dann wohl verwahrte Einlässe zu geben, wodurch es abziehen kann.

Wenn die abzuschwemmende Anhöhe mit Baumstämmen besetzt ist, so hat man
nicht nöthig, diese vorher zu rohden. Ihre entblößten Wurzeln werden während der
Schwemmung losgemacht, nöthigen Falls abgehauen, und der ganze Stamm wird,
wenn die Kraft des Wassers zureicht, fortgetrieben nach der Niederung, und daselbst
mit Erde überschüttet. Ein gleiches geschiehet mit Steinen von mäßiger Größe, wenn
hinlängliches Gefälle da ist. Nur ganz große Steine müssen herausgebracht, in die
Niederung herabgewälzt oder vorerst auf die abgeschwemmte Fläche gebracht werden.
Dies vermehrt die Arbeit allerdings, jedoch nicht so beträchtlich, wie die Ausrohdung
der Steine aus dem Acker, indem sie nämlich durch das Wasser von selbst losgespühlt
werden und an die Oberfläche kommen. Ihr Werth bezahle in den meisten Fällen
die vermehrte Arbeit reichlich. Wo man unter die Höhe des abzuschwemmenden Erd-
bodens kommt, braucht man sich zwar um den Absatz der Erde nicht weiter zu beküm-
mern, da das Wasser eine so ebne Erdfläche bildet, wie man sie durch Handarbeit
nimmer hervorbringen würde. Nur zuweilen, wo die Wasserströmung, eines Wi-
derstandes wegen, eine Richtung nimmt, die sie nicht haben soll, verhindert man dies
durch vorgelegte Faschinen, die deshalb immer zur Hand seyn müssen.

§. 300.

Bildung des
Abzugsgra-
bens.
Durch Vorlegung solcher Faschinen erhält man das alte Flußbett, wenn es blei-
ben und zur Wasserableitung dienen soll, offen, oder man formirt auch durch einen
mit Faschinen aufgesetzten Flechtzaun, den man in einer geraden Linie in der tiefsten
Niederung herzieht, einen neuen Kanal, indem sich die Erde davor setzt, und das
Ufer desselben bildet; er muß freilich nachher noch ausgestochen und gereinigt werden.

In den meisten Fällen aber, besonders wo nur von einer Seite geschwemmt wer-
den soll, wird es rathsam seyn, vorher einen neuen Abwässerungsgraben auszu-
stechen
, der über den vormaligen Fluß hinaus und dessen Ufer etwas höher steht,
dessen Sohle jedoch tiefer liegt, als das Flußbette.

§. 301.

Niveau des
Schwemm-
grabens.
Vor allem ist bei der Operation die Aufmerksamkeit dahin zu richten, daß die
Abschwemmung oben, -- denn unten entsteht es von selbst -- und die Sohle des
entstehenden Schwemmgrabens in vollkommener Horizontallinie oder in einem fast

Die Abſchwemmung und Anlage der Schwemmwieſen.
herabſtuͤrzende Waſſer bei Schnee- und Gewitterfluthen die Ufer nicht einreiße, und
ihm dann wohl verwahrte Einlaͤſſe zu geben, wodurch es abziehen kann.

Wenn die abzuſchwemmende Anhoͤhe mit Baumſtaͤmmen beſetzt iſt, ſo hat man
nicht noͤthig, dieſe vorher zu rohden. Ihre entbloͤßten Wurzeln werden waͤhrend der
Schwemmung losgemacht, noͤthigen Falls abgehauen, und der ganze Stamm wird,
wenn die Kraft des Waſſers zureicht, fortgetrieben nach der Niederung, und daſelbſt
mit Erde uͤberſchuͤttet. Ein gleiches geſchiehet mit Steinen von maͤßiger Groͤße, wenn
hinlaͤngliches Gefaͤlle da iſt. Nur ganz große Steine muͤſſen herausgebracht, in die
Niederung herabgewaͤlzt oder vorerſt auf die abgeſchwemmte Flaͤche gebracht werden.
Dies vermehrt die Arbeit allerdings, jedoch nicht ſo betraͤchtlich, wie die Ausrohdung
der Steine aus dem Acker, indem ſie naͤmlich durch das Waſſer von ſelbſt losgeſpuͤhlt
werden und an die Oberflaͤche kommen. Ihr Werth bezahle in den meiſten Faͤllen
die vermehrte Arbeit reichlich. Wo man unter die Hoͤhe des abzuſchwemmenden Erd-
bodens kommt, braucht man ſich zwar um den Abſatz der Erde nicht weiter zu bekuͤm-
mern, da das Waſſer eine ſo ebne Erdflaͤche bildet, wie man ſie durch Handarbeit
nimmer hervorbringen wuͤrde. Nur zuweilen, wo die Waſſerſtroͤmung, eines Wi-
derſtandes wegen, eine Richtung nimmt, die ſie nicht haben ſoll, verhindert man dies
durch vorgelegte Faſchinen, die deshalb immer zur Hand ſeyn muͤſſen.

§. 300.

Bildung des
Abzugsgra-
bens.
Durch Vorlegung ſolcher Faſchinen erhaͤlt man das alte Flußbett, wenn es blei-
ben und zur Waſſerableitung dienen ſoll, offen, oder man formirt auch durch einen
mit Faſchinen aufgeſetzten Flechtzaun, den man in einer geraden Linie in der tiefſten
Niederung herzieht, einen neuen Kanal, indem ſich die Erde davor ſetzt, und das
Ufer deſſelben bildet; er muß freilich nachher noch ausgeſtochen und gereinigt werden.

In den meiſten Faͤllen aber, beſonders wo nur von einer Seite geſchwemmt wer-
den ſoll, wird es rathſam ſeyn, vorher einen neuen Abwaͤſſerungsgraben auszu-
ſtechen
, der uͤber den vormaligen Fluß hinaus und deſſen Ufer etwas hoͤher ſteht,
deſſen Sohle jedoch tiefer liegt, als das Flußbette.

§. 301.

Niveau des
Schwemm-
grabens.
Vor allem iſt bei der Operation die Aufmerkſamkeit dahin zu richten, daß die
Abſchwemmung oben, — denn unten entſteht es von ſelbſt — und die Sohle des
entſtehenden Schwemmgrabens in vollkommener Horizontallinie oder in einem faſt

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[212/0234] Die Abſchwemmung und Anlage der Schwemmwieſen. herabſtuͤrzende Waſſer bei Schnee- und Gewitterfluthen die Ufer nicht einreiße, und ihm dann wohl verwahrte Einlaͤſſe zu geben, wodurch es abziehen kann. Wenn die abzuſchwemmende Anhoͤhe mit Baumſtaͤmmen beſetzt iſt, ſo hat man nicht noͤthig, dieſe vorher zu rohden. Ihre entbloͤßten Wurzeln werden waͤhrend der Schwemmung losgemacht, noͤthigen Falls abgehauen, und der ganze Stamm wird, wenn die Kraft des Waſſers zureicht, fortgetrieben nach der Niederung, und daſelbſt mit Erde uͤberſchuͤttet. Ein gleiches geſchiehet mit Steinen von maͤßiger Groͤße, wenn hinlaͤngliches Gefaͤlle da iſt. Nur ganz große Steine muͤſſen herausgebracht, in die Niederung herabgewaͤlzt oder vorerſt auf die abgeſchwemmte Flaͤche gebracht werden. Dies vermehrt die Arbeit allerdings, jedoch nicht ſo betraͤchtlich, wie die Ausrohdung der Steine aus dem Acker, indem ſie naͤmlich durch das Waſſer von ſelbſt losgeſpuͤhlt werden und an die Oberflaͤche kommen. Ihr Werth bezahle in den meiſten Faͤllen die vermehrte Arbeit reichlich. Wo man unter die Hoͤhe des abzuſchwemmenden Erd- bodens kommt, braucht man ſich zwar um den Abſatz der Erde nicht weiter zu bekuͤm- mern, da das Waſſer eine ſo ebne Erdflaͤche bildet, wie man ſie durch Handarbeit nimmer hervorbringen wuͤrde. Nur zuweilen, wo die Waſſerſtroͤmung, eines Wi- derſtandes wegen, eine Richtung nimmt, die ſie nicht haben ſoll, verhindert man dies durch vorgelegte Faſchinen, die deshalb immer zur Hand ſeyn muͤſſen. §. 300. Durch Vorlegung ſolcher Faſchinen erhaͤlt man das alte Flußbett, wenn es blei- ben und zur Waſſerableitung dienen ſoll, offen, oder man formirt auch durch einen mit Faſchinen aufgeſetzten Flechtzaun, den man in einer geraden Linie in der tiefſten Niederung herzieht, einen neuen Kanal, indem ſich die Erde davor ſetzt, und das Ufer deſſelben bildet; er muß freilich nachher noch ausgeſtochen und gereinigt werden. Bildung des Abzugsgra- bens. In den meiſten Faͤllen aber, beſonders wo nur von einer Seite geſchwemmt wer- den ſoll, wird es rathſam ſeyn, vorher einen neuen Abwaͤſſerungsgraben auszu- ſtechen, der uͤber den vormaligen Fluß hinaus und deſſen Ufer etwas hoͤher ſteht, deſſen Sohle jedoch tiefer liegt, als das Flußbette. §. 301. Vor allem iſt bei der Operation die Aufmerkſamkeit dahin zu richten, daß die Abſchwemmung oben, — denn unten entſteht es von ſelbſt — und die Sohle des entſtehenden Schwemmgrabens in vollkommener Horizontallinie oder in einem faſt Niveau des Schwemm- grabens.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/234>, abgerufen am 29.04.2024.