Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Abschwemmung oder Anlage der Schwemmwiesen.

a) Die Kosten der Hauptschleuse sind in einem breitern Flusse oft beträchtlich.
Dieselbe Schleufe muß aber angelegt werden, wenn ich 10 oder wenn ich 100 Mor-
gen Schwemmwiesen machen will; per Morgen repartirt macht dies also einen gro-
ßen Unterschied auf jeden einzelnen Morgen.

b) Gleiche Bewandniß hat es mit dem Zuleitungsgraben, der manchmal ziem-
lich weit durch beträchtliche Anhöhen geführt werden muß, und dann sehr
kostbar wird.

c) Kommt es auf die Wassermenge und auf das Gefälle an. Je stärker beide
sind, um desto geringer ist die Arbeit, die auf eine Fläche verwandt werden muß.

Zu Anfange der Schwemmung hat man gewöhnlich ein geringeres Gefälle, und
da erfordert die Herabtreibung der Erde mehrere Handleistung. So wie man fort-
schreitet und sich das Gefälle zwischen dem Schwemmgraben und dem Entwässerungs-
graben in der Regel vermehrt, -- indem das vormalige Flußbette immer Gefälle hat --
wird die Arbeit des Schwemmens viel leichter, und die Kraft des Wassers erfordert
weniger Beihülfe. Man kann dann auch weiter in die Anhöhe hineingehen, und zur
Zeit eine größere Breite schwemmen. Der erste Theil ist also fast immer der
kostspieligste.

d) Macht die Erdart einen großen Unterschied. Denn bei sandigem Boden ist
kaum 1/3 der Arbeiter nöthig, die man bei thonigem Boden haben muß, um eine gleiche
Masse von Erde abzuschwemmen.

e) Es werden die Kosten per Morgen um so geringer, je breiter die auszufül-
lende Niederung gegen die Breite der abzuschwemmenden Höhe ist. Denn die Arbeit
beschränkt sich nur auf die letztere; die Ausfüllung geschieht mit geringer Beihülfe
von selbst. Man kann auf 40 Ruthen von einer Seite her füglich schwemmen,
und die Erde so weit forttreiben, wenn das gehörige Gefälle da ist. Wenn ich
also eine abzuschwemmende Breite von 10 Ruthen und eine auszufüllende Niede-
derung von 30 Ruthen Breite habe, und in einem andern Falle, oder auch nur an
einer andern Stelle eine auszufüllende Niederung von 10 Ruthen Breite, so
kostet mir die geschwemmte Fläche im letztern Falle doppelt so viel wie im erstern.

f) Es kommt viel auf die Geschicklichkeit und Uebung der Arbeiter an. Wo
diese sich zu helfen wissen, und wo insbesondere der Meisterschwemmer, welcher
die übrigen dirigirt, und besonders die Richtung und Anlage des Schwemmgra-

Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.

a) Die Koſten der Hauptſchleuſe ſind in einem breitern Fluſſe oft betraͤchtlich.
Dieſelbe Schleufe muß aber angelegt werden, wenn ich 10 oder wenn ich 100 Mor-
gen Schwemmwieſen machen will; per Morgen repartirt macht dies alſo einen gro-
ßen Unterſchied auf jeden einzelnen Morgen.

b) Gleiche Bewandniß hat es mit dem Zuleitungsgraben, der manchmal ziem-
lich weit durch betraͤchtliche Anhoͤhen gefuͤhrt werden muß, und dann ſehr
koſtbar wird.

c) Kommt es auf die Waſſermenge und auf das Gefaͤlle an. Je ſtaͤrker beide
ſind, um deſto geringer iſt die Arbeit, die auf eine Flaͤche verwandt werden muß.

Zu Anfange der Schwemmung hat man gewoͤhnlich ein geringeres Gefaͤlle, und
da erfordert die Herabtreibung der Erde mehrere Handleiſtung. So wie man fort-
ſchreitet und ſich das Gefaͤlle zwiſchen dem Schwemmgraben und dem Entwaͤſſerungs-
graben in der Regel vermehrt, — indem das vormalige Flußbette immer Gefaͤlle hat —
wird die Arbeit des Schwemmens viel leichter, und die Kraft des Waſſers erfordert
weniger Beihuͤlfe. Man kann dann auch weiter in die Anhoͤhe hineingehen, und zur
Zeit eine groͤßere Breite ſchwemmen. Der erſte Theil iſt alſo faſt immer der
koſtſpieligſte.

d) Macht die Erdart einen großen Unterſchied. Denn bei ſandigem Boden iſt
kaum ⅓ der Arbeiter noͤthig, die man bei thonigem Boden haben muß, um eine gleiche
Maſſe von Erde abzuſchwemmen.

e) Es werden die Koſten per Morgen um ſo geringer, je breiter die auszufuͤl-
lende Niederung gegen die Breite der abzuſchwemmenden Hoͤhe iſt. Denn die Arbeit
beſchraͤnkt ſich nur auf die letztere; die Ausfuͤllung geſchieht mit geringer Beihuͤlfe
von ſelbſt. Man kann auf 40 Ruthen von einer Seite her fuͤglich ſchwemmen,
und die Erde ſo weit forttreiben, wenn das gehoͤrige Gefaͤlle da iſt. Wenn ich
alſo eine abzuſchwemmende Breite von 10 Ruthen und eine auszufuͤllende Niede-
derung von 30 Ruthen Breite habe, und in einem andern Falle, oder auch nur an
einer andern Stelle eine auszufuͤllende Niederung von 10 Ruthen Breite, ſo
koſtet mir die geſchwemmte Flaͤche im letztern Falle doppelt ſo viel wie im erſtern.

f) Es kommt viel auf die Geſchicklichkeit und Uebung der Arbeiter an. Wo
dieſe ſich zu helfen wiſſen, und wo insbeſondere der Meiſterſchwemmer, welcher
die uͤbrigen dirigirt, und beſonders die Richtung und Anlage des Schwemmgra-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0237" n="215"/>
              <fw place="top" type="header">Die Ab&#x017F;chwemmung oder Anlage der Schwemmwie&#x017F;en.</fw><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">a)</hi> Die Ko&#x017F;ten der Haupt&#x017F;chleu&#x017F;e &#x017F;ind in einem breitern Flu&#x017F;&#x017F;e oft betra&#x0364;chtlich.<lb/>
Die&#x017F;elbe Schleufe muß aber angelegt werden, wenn ich 10 oder wenn ich 100 Mor-<lb/>
gen Schwemmwie&#x017F;en machen will; <hi rendition="#aq">per</hi> Morgen repartirt macht dies al&#x017F;o einen gro-<lb/>
ßen Unter&#x017F;chied auf jeden einzelnen Morgen.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">b)</hi> Gleiche Bewandniß hat es mit dem Zuleitungsgraben, der manchmal ziem-<lb/>
lich weit durch betra&#x0364;chtliche Anho&#x0364;hen gefu&#x0364;hrt werden muß, und dann &#x017F;ehr<lb/>
ko&#x017F;tbar wird.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">c)</hi> Kommt es auf die Wa&#x017F;&#x017F;ermenge und auf das Gefa&#x0364;lle an. Je &#x017F;ta&#x0364;rker beide<lb/>
&#x017F;ind, um de&#x017F;to geringer i&#x017F;t die Arbeit, die auf eine Fla&#x0364;che verwandt werden muß.</p><lb/>
              <p>Zu Anfange der Schwemmung hat man gewo&#x0364;hnlich ein geringeres Gefa&#x0364;lle, und<lb/>
da erfordert die Herabtreibung der Erde mehrere Handlei&#x017F;tung. So wie man fort-<lb/>
&#x017F;chreitet und &#x017F;ich das Gefa&#x0364;lle zwi&#x017F;chen dem Schwemmgraben und dem Entwa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erungs-<lb/>
graben in der Regel vermehrt, &#x2014; indem das vormalige Flußbette immer Gefa&#x0364;lle hat &#x2014;<lb/>
wird die Arbeit des Schwemmens viel leichter, und die Kraft des Wa&#x017F;&#x017F;ers erfordert<lb/>
weniger Beihu&#x0364;lfe. Man kann dann auch weiter in die Anho&#x0364;he hineingehen, und zur<lb/>
Zeit eine gro&#x0364;ßere Breite &#x017F;chwemmen. Der er&#x017F;te Theil i&#x017F;t al&#x017F;o fa&#x017F;t immer der<lb/>
ko&#x017F;t&#x017F;pielig&#x017F;te.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">d)</hi> Macht die Erdart einen großen Unter&#x017F;chied. Denn bei &#x017F;andigem Boden i&#x017F;t<lb/>
kaum &#x2153; der Arbeiter no&#x0364;thig, die man bei thonigem Boden haben muß, um eine gleiche<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;e von Erde abzu&#x017F;chwemmen.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">e)</hi> Es werden die Ko&#x017F;ten <hi rendition="#aq">per</hi> Morgen um &#x017F;o geringer, je breiter die auszufu&#x0364;l-<lb/>
lende Niederung gegen die Breite der abzu&#x017F;chwemmenden Ho&#x0364;he i&#x017F;t. Denn die Arbeit<lb/>
be&#x017F;chra&#x0364;nkt &#x017F;ich nur auf die letztere; die Ausfu&#x0364;llung ge&#x017F;chieht mit geringer Beihu&#x0364;lfe<lb/>
von &#x017F;elb&#x017F;t. Man kann auf 40 Ruthen von einer Seite her fu&#x0364;glich &#x017F;chwemmen,<lb/>
und die Erde &#x017F;o weit forttreiben, wenn das geho&#x0364;rige Gefa&#x0364;lle da i&#x017F;t. Wenn ich<lb/>
al&#x017F;o eine abzu&#x017F;chwemmende Breite von 10 Ruthen und eine auszufu&#x0364;llende Niede-<lb/>
derung von 30 Ruthen Breite habe, und in einem andern Falle, oder auch nur an<lb/>
einer andern Stelle eine auszufu&#x0364;llende Niederung von 10 Ruthen Breite, &#x017F;o<lb/>
ko&#x017F;tet mir die ge&#x017F;chwemmte Fla&#x0364;che im letztern Falle doppelt &#x017F;o viel wie im er&#x017F;tern.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">f)</hi> Es kommt viel auf die Ge&#x017F;chicklichkeit und Uebung der Arbeiter an. Wo<lb/>
die&#x017F;e &#x017F;ich zu helfen wi&#x017F;&#x017F;en, und wo insbe&#x017F;ondere der Mei&#x017F;ter&#x017F;chwemmer, welcher<lb/>
die u&#x0364;brigen dirigirt, und be&#x017F;onders die Richtung und Anlage des Schwemmgra-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0237] Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen. a) Die Koſten der Hauptſchleuſe ſind in einem breitern Fluſſe oft betraͤchtlich. Dieſelbe Schleufe muß aber angelegt werden, wenn ich 10 oder wenn ich 100 Mor- gen Schwemmwieſen machen will; per Morgen repartirt macht dies alſo einen gro- ßen Unterſchied auf jeden einzelnen Morgen. b) Gleiche Bewandniß hat es mit dem Zuleitungsgraben, der manchmal ziem- lich weit durch betraͤchtliche Anhoͤhen gefuͤhrt werden muß, und dann ſehr koſtbar wird. c) Kommt es auf die Waſſermenge und auf das Gefaͤlle an. Je ſtaͤrker beide ſind, um deſto geringer iſt die Arbeit, die auf eine Flaͤche verwandt werden muß. Zu Anfange der Schwemmung hat man gewoͤhnlich ein geringeres Gefaͤlle, und da erfordert die Herabtreibung der Erde mehrere Handleiſtung. So wie man fort- ſchreitet und ſich das Gefaͤlle zwiſchen dem Schwemmgraben und dem Entwaͤſſerungs- graben in der Regel vermehrt, — indem das vormalige Flußbette immer Gefaͤlle hat — wird die Arbeit des Schwemmens viel leichter, und die Kraft des Waſſers erfordert weniger Beihuͤlfe. Man kann dann auch weiter in die Anhoͤhe hineingehen, und zur Zeit eine groͤßere Breite ſchwemmen. Der erſte Theil iſt alſo faſt immer der koſtſpieligſte. d) Macht die Erdart einen großen Unterſchied. Denn bei ſandigem Boden iſt kaum ⅓ der Arbeiter noͤthig, die man bei thonigem Boden haben muß, um eine gleiche Maſſe von Erde abzuſchwemmen. e) Es werden die Koſten per Morgen um ſo geringer, je breiter die auszufuͤl- lende Niederung gegen die Breite der abzuſchwemmenden Hoͤhe iſt. Denn die Arbeit beſchraͤnkt ſich nur auf die letztere; die Ausfuͤllung geſchieht mit geringer Beihuͤlfe von ſelbſt. Man kann auf 40 Ruthen von einer Seite her fuͤglich ſchwemmen, und die Erde ſo weit forttreiben, wenn das gehoͤrige Gefaͤlle da iſt. Wenn ich alſo eine abzuſchwemmende Breite von 10 Ruthen und eine auszufuͤllende Niede- derung von 30 Ruthen Breite habe, und in einem andern Falle, oder auch nur an einer andern Stelle eine auszufuͤllende Niederung von 10 Ruthen Breite, ſo koſtet mir die geſchwemmte Flaͤche im letztern Falle doppelt ſo viel wie im erſtern. f) Es kommt viel auf die Geſchicklichkeit und Uebung der Arbeiter an. Wo dieſe ſich zu helfen wiſſen, und wo insbeſondere der Meiſterſchwemmer, welcher die uͤbrigen dirigirt, und beſonders die Richtung und Anlage des Schwemmgra-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/237
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/237>, abgerufen am 27.04.2024.