Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 4. Hauptstück von denen
so in einem gewissen Stande leben/ eigen sind/
und werden Kunst-Wörter genennet/ wenn
dieser Stand eine sonderbare Geschicklichkeit
oder Gelahrheit des Menschen inferiret.

2. Gleichwie nun eine jede Wissenschafft ih-
re absonderlichen Kunst-Wörter hat/ also hat
das allgemeine Instrument der Gelahrheit
die Vernunfft-Lehre solche Wörter/ die nicht
allein in derselben gebraucht werden/ sondern
auch in allen disciplinen pflegen fürzukom-
men.

3. Und von diesem ist billich/ daß man noch
für Abhandlung der Warheit und derer Erfor-
schung etwas rede/ weil dieselbe zwar an sich
selbst nichts contribuiren/ einige nutzbare
Warheit zu finden/ aber doch derer Dunckel-
heit oder Zweydeutigkeit zu vielen abwegen An-
leitung geben kan.

4. Denn die Warheit rühret her aus Er-
käntnüß des Wesens der Dinge/ die Kunst-
Wörter
aber von denen wir reden/ sind nichts
anders als gewisse concepte und abstractio-
nes,
die sich ein Mensch von dem Wesen aller
Dinge macht.

6. Diese Kunst-Wörter nun pflegen ins-
gemein von denen Gelehrten in der heutigen

Meta-

Das 4. Hauptſtuͤck von denen
ſo in einem gewiſſen Stande leben/ eigen ſind/
und werden Kunſt-Woͤrter genennet/ wenn
dieſer Stand eine ſonderbare Geſchicklichkeit
oder Gelahrheit des Menſchen inferiret.

2. Gleichwie nun eine jede Wiſſenſchafft ih-
re abſonderlichen Kunſt-Woͤrter hat/ alſo hat
das allgemeine Inſtrument der Gelahrheit
die Vernunfft-Lehre ſolche Woͤrter/ die nicht
allein in derſelben gebraucht werden/ ſondern
auch in allen diſciplinen pflegen fuͤrzukom-
men.

3. Und von dieſem iſt billich/ daß man noch
fuͤr Abhandlung der Warheit und derer Erfor-
ſchung etwas rede/ weil dieſelbe zwar an ſich
ſelbſt nichts contribuiren/ einige nutzbare
Warheit zu finden/ aber doch derer Dunckel-
heit oder Zweydeutigkeit zu vielen abwegen An-
leitung geben kan.

4. Denn die Warheit ruͤhret her aus Er-
kaͤntnuͤß des Weſens der Dinge/ die Kunſt-
Woͤrter
aber von denen wir reden/ ſind nichts
anders als gewiſſe concepte und abſtractio-
nes,
die ſich ein Menſch von dem Weſen aller
Dinge macht.

6. Dieſe Kunſt-Woͤrter nun pflegen ins-
gemein von denen Gelehrten in der heutigen

Meta-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0140" n="122"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 4. Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck von denen</hi></fw><lb/>
&#x017F;o in einem gewi&#x017F;&#x017F;en Stande leben/ eigen &#x017F;ind/<lb/>
und werden Kun&#x017F;t-Wo&#x0364;rter genennet/ wenn<lb/>
die&#x017F;er Stand eine &#x017F;onderbare Ge&#x017F;chicklichkeit<lb/>
oder Gelahrheit des Men&#x017F;chen <hi rendition="#aq">inferir</hi>et.</p><lb/>
        <p>2. Gleichwie nun eine jede Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft ih-<lb/>
re ab&#x017F;onderlichen Kun&#x017F;t-Wo&#x0364;rter hat/ al&#x017F;o hat<lb/>
das allgemeine <hi rendition="#aq">In&#x017F;trument</hi> der Gelahrheit<lb/><hi rendition="#fr">die Vernunfft-Lehre</hi> &#x017F;olche Wo&#x0364;rter/ die nicht<lb/>
allein in der&#x017F;elben gebraucht werden/ &#x017F;ondern<lb/>
auch in allen <hi rendition="#aq">di&#x017F;ciplin</hi>en pflegen fu&#x0364;rzukom-<lb/>
men.</p><lb/>
        <p>3. Und von die&#x017F;em i&#x017F;t billich/ daß man noch<lb/>
fu&#x0364;r Abhandlung der Warheit und derer Erfor-<lb/>
&#x017F;chung etwas rede/ weil die&#x017F;elbe zwar an &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t nichts <hi rendition="#aq">contribuir</hi>en/ einige nutzbare<lb/>
Warheit zu finden/ aber doch derer Dunckel-<lb/>
heit oder Zweydeutigkeit zu vielen abwegen An-<lb/>
leitung geben kan.</p><lb/>
        <p>4. Denn die <hi rendition="#fr">Warheit</hi> ru&#x0364;hret her aus Er-<lb/>
ka&#x0364;ntnu&#x0364;ß des We&#x017F;ens der <hi rendition="#fr">Dinge/</hi> die <hi rendition="#fr">Kun&#x017F;t-<lb/>
Wo&#x0364;rter</hi> aber von denen wir reden/ &#x017F;ind nichts<lb/>
anders als gewi&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">concepte</hi> und <hi rendition="#aq">ab&#x017F;tractio-<lb/>
nes,</hi> die &#x017F;ich ein Men&#x017F;ch von dem We&#x017F;en aller<lb/>
Dinge macht.</p><lb/>
        <p>6. Die&#x017F;e Kun&#x017F;t-Wo&#x0364;rter nun pflegen ins-<lb/>
gemein von denen Gelehrten in der heutigen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Meta-</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0140] Das 4. Hauptſtuͤck von denen ſo in einem gewiſſen Stande leben/ eigen ſind/ und werden Kunſt-Woͤrter genennet/ wenn dieſer Stand eine ſonderbare Geſchicklichkeit oder Gelahrheit des Menſchen inferiret. 2. Gleichwie nun eine jede Wiſſenſchafft ih- re abſonderlichen Kunſt-Woͤrter hat/ alſo hat das allgemeine Inſtrument der Gelahrheit die Vernunfft-Lehre ſolche Woͤrter/ die nicht allein in derſelben gebraucht werden/ ſondern auch in allen diſciplinen pflegen fuͤrzukom- men. 3. Und von dieſem iſt billich/ daß man noch fuͤr Abhandlung der Warheit und derer Erfor- ſchung etwas rede/ weil dieſelbe zwar an ſich ſelbſt nichts contribuiren/ einige nutzbare Warheit zu finden/ aber doch derer Dunckel- heit oder Zweydeutigkeit zu vielen abwegen An- leitung geben kan. 4. Denn die Warheit ruͤhret her aus Er- kaͤntnuͤß des Weſens der Dinge/ die Kunſt- Woͤrter aber von denen wir reden/ ſind nichts anders als gewiſſe concepte und abſtractio- nes, die ſich ein Menſch von dem Weſen aller Dinge macht. 6. Dieſe Kunſt-Woͤrter nun pflegen ins- gemein von denen Gelehrten in der heutigen Meta-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/140
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/140>, abgerufen am 19.04.2024.