Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

Bild:
<< vorherige Seite

des letzen Urtheils an seinen Orte auch der Muth, und ermangelte dannenhero nicht cum allegatis und brocardicis juris das letzte Urtheil zu vertheydigen, davon ich dem Leser das Judicium überlasse. Er führete hauptsächlich an, es wäre falsch, daß die exceptio renunciata laesionis in ersten Urtheil wäre aberkannt worden, weil selbige so wohl ante als post litem contestatam könne opponiret werden, und darauf gesprochen werden müste. Dannenhero ließ er dahin gestellet seyn, warum die Herren J. nicht darauf gesprochen, sondern erst Einlassung auf die Klage erkannt hätten; alleine daraus folge noch lange nicht, daß die von ihm opponirte Exceptio aberkannt wäre. Er Beklagter agnoscire den ersten Aufsatz nicht, bekenne sich auch nicht darzu, sondern er halte sich billich an seinen Gerichtlichen Kauff. Zu dem sey ein Aufsatz nicht mehr als ein Aufsatz, der die Contrahenten nicht verbinde, und offt verändert werde, biß das Werck zu einem richtigen Schluß komme. Es habe Mornacius ad l. 17. Cod. de fide instrum. eine schöne Beschreibung von dergleichen Aufsätzen und Punctationen gegeben; ja es wisse ein jeder gemeiner Mann, daß dergleichen Aufsätze nur scripturae praeparatoriae wären, und keine Instrumenta guarentigiata, dahero wenn Instrumenta guarentigiata über ein Negotium verhanden wären, so könte man zu denen Punctationen und Aufsätzen keine Zuflucht nehmen. Er allegirte auch dabey Strykii cautelas contractuum Sect. 1. cap. 6. §. 1. In übrigen wäre dieses eine grosse Schmähung gegen das Hochgräfliche Judicium, wenn Kläger vorgäbe, daß ihm die gerichtliche Extenfion nicht sey vorgelesen worden, und daß er dabey sehr höhnisch setze, als ob Beklagter wolle dieses zu des Klägers Verantwortung heimstellen, und inzwischen ihn nur dieses in sein Gewissen zu überlegen geben, worum er denn den Contract so lange agnosciret, adimplirt, und treulich gehalten hätte, so lange seine Tochter als des Beklagten Eheweib gelebet hätte, und nun erst nach ihren Tode ungeräumte Einwürffe dawider machen wolte. Ob er nicht bedächte, daß es hiesse: quod semel placuit, amplius displicere non potest? In Summa: Beklagten sey es leyd, daß er bey seiner gerechten Sache von seinen Schwieger Eltern so verfolget werde, und wolle es GOtt und der Obrigkeit befehlen, bate dannenhero zu erkennen, daß es cum restitutione expensarum, bey vorigen L. Urtheil verbleiben möchte. Kläger replicirte. Beklagter könne sich der Exception renunciatae laesionis ultra dimidium vor itzo weiter nicht bedienen, weil das J.

des letzen Urtheils an seinen Orte auch der Muth, und ermangelte dannenhero nicht cum allegatis und brocardicis juris das letzte Urtheil zu vertheydigen, davon ich dem Leser das Judicium überlasse. Er führete hauptsächlich an, es wäre falsch, daß die exceptio renunciata laesionis in ersten Urtheil wäre aberkannt worden, weil selbige so wohl ante als post litem contestatam könne opponiret werden, und darauf gesprochen werden müste. Dannenhero ließ er dahin gestellet seyn, warum die Herren J. nicht darauf gesprochen, sondern erst Einlassung auf die Klage erkannt hätten; alleine daraus folge noch lange nicht, daß die von ihm opponirte Exceptio aberkannt wäre. Er Beklagter agnoscire den ersten Aufsatz nicht, bekenne sich auch nicht darzu, sondern er halte sich billich an seinen Gerichtlichen Kauff. Zu dem sey ein Aufsatz nicht mehr als ein Aufsatz, der die Contrahenten nicht verbinde, und offt verändert werde, biß das Werck zu einem richtigen Schluß komme. Es habe Mornacius ad l. 17. Cod. de fide instrum. eine schöne Beschreibung von dergleichen Aufsätzen und Punctationen gegeben; ja es wisse ein jeder gemeiner Mann, daß dergleichen Aufsätze nur scripturae praeparatoriae wären, und keine Instrumenta guarentigiata, dahero wenn Instrumenta guarentigiata über ein Negotium verhanden wären, so könte man zu denen Punctationen und Aufsätzen keine Zuflucht nehmen. Er allegirte auch dabey Strykii cautelas contractuum Sect. 1. cap. 6. §. 1. In übrigen wäre dieses eine grosse Schmähung gegen das Hochgräfliche Judicium, wenn Kläger vorgäbe, daß ihm die gerichtliche Extenfion nicht sey vorgelesen worden, und daß er dabey sehr höhnisch setze, als ob Beklagter wolle dieses zu des Klägers Verantwortung heimstellen, und inzwischen ihn nur dieses in sein Gewissen zu überlegen geben, worum er denn den Contract so lange agnosciret, adimplirt, und treulich gehalten hätte, so lange seine Tochter als des Beklagten Eheweib gelebet hätte, und nun erst nach ihren Tode ungeräumte Einwürffe dawider machen wolte. Ob er nicht bedächte, daß es hiesse: quod semel placuit, amplius displicere non potest? In Summa: Beklagten sey es leyd, daß er bey seiner gerechten Sache von seinen Schwieger Eltern so verfolget werde, und wolle es GOtt und der Obrigkeit befehlen, bate dannenhero zu erkennen, daß es cum restitutione expensarum, bey vorigen L. Urtheil verbleiben möchte. Kläger replicirte. Beklagter könne sich der Exception renunciatae laesionis ultra dimidium vor itzo weiter nicht bedienen, weil das J.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0360" n="352"/>
des letzen Urtheils an seinen Orte auch der                      Muth, und ermangelte dannenhero nicht cum allegatis und brocardicis juris das                      letzte Urtheil zu vertheydigen, davon ich dem Leser das Judicium überlasse. Er                      führete hauptsächlich an, es wäre falsch, daß die exceptio renunciata laesionis                      in ersten Urtheil wäre aberkannt worden, weil selbige so wohl ante als post                      litem contestatam könne opponiret werden, und darauf gesprochen werden müste.                      Dannenhero ließ er dahin gestellet seyn, warum die Herren J. nicht darauf                      gesprochen, sondern erst Einlassung auf die Klage erkannt hätten; alleine daraus                      folge noch lange nicht, daß die von ihm opponirte Exceptio aberkannt wäre. Er                      Beklagter agnoscire den ersten Aufsatz nicht, bekenne sich auch nicht darzu,                      sondern er halte sich billich an seinen Gerichtlichen Kauff. Zu dem sey ein                      Aufsatz nicht mehr als ein Aufsatz, der die Contrahenten nicht verbinde, und                      offt verändert werde, biß das Werck zu einem richtigen Schluß komme. Es habe                      Mornacius ad l. 17. Cod. de fide instrum. eine schöne Beschreibung von                      dergleichen Aufsätzen und Punctationen gegeben; ja es wisse ein jeder gemeiner                      Mann, daß dergleichen Aufsätze nur scripturae praeparatoriae wären, und keine                      Instrumenta guarentigiata, dahero wenn Instrumenta guarentigiata über ein                      Negotium verhanden wären, so könte man zu denen Punctationen und Aufsätzen keine                      Zuflucht nehmen. Er allegirte auch dabey Strykii cautelas contractuum Sect. 1.                      cap. 6. §. 1. In übrigen wäre dieses eine grosse Schmähung gegen das                      Hochgräfliche Judicium, wenn Kläger vorgäbe, daß ihm die gerichtliche Extenfion                      nicht sey vorgelesen worden, und daß er dabey sehr höhnisch setze, als ob                      Beklagter wolle dieses zu des Klägers Verantwortung heimstellen, und inzwischen                      ihn nur dieses in sein Gewissen zu überlegen geben, worum er denn den Contract                      so lange agnosciret, adimplirt, und treulich gehalten hätte, so lange seine                      Tochter als des Beklagten Eheweib gelebet hätte, und nun erst nach ihren Tode                      ungeräumte Einwürffe dawider machen wolte. Ob er nicht bedächte, daß es hiesse:                      quod semel placuit, amplius displicere non potest? In Summa: Beklagten sey es                      leyd, daß er bey seiner gerechten Sache von seinen Schwieger Eltern so verfolget                      werde, und wolle es GOtt und der Obrigkeit befehlen, bate dannenhero zu                      erkennen, daß es cum restitutione expensarum, bey vorigen L. Urtheil verbleiben                      möchte. Kläger replicirte. Beklagter könne sich der Exception renunciatae                      laesionis ultra dimidium vor itzo weiter nicht bedienen, weil das J.
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[352/0360] des letzen Urtheils an seinen Orte auch der Muth, und ermangelte dannenhero nicht cum allegatis und brocardicis juris das letzte Urtheil zu vertheydigen, davon ich dem Leser das Judicium überlasse. Er führete hauptsächlich an, es wäre falsch, daß die exceptio renunciata laesionis in ersten Urtheil wäre aberkannt worden, weil selbige so wohl ante als post litem contestatam könne opponiret werden, und darauf gesprochen werden müste. Dannenhero ließ er dahin gestellet seyn, warum die Herren J. nicht darauf gesprochen, sondern erst Einlassung auf die Klage erkannt hätten; alleine daraus folge noch lange nicht, daß die von ihm opponirte Exceptio aberkannt wäre. Er Beklagter agnoscire den ersten Aufsatz nicht, bekenne sich auch nicht darzu, sondern er halte sich billich an seinen Gerichtlichen Kauff. Zu dem sey ein Aufsatz nicht mehr als ein Aufsatz, der die Contrahenten nicht verbinde, und offt verändert werde, biß das Werck zu einem richtigen Schluß komme. Es habe Mornacius ad l. 17. Cod. de fide instrum. eine schöne Beschreibung von dergleichen Aufsätzen und Punctationen gegeben; ja es wisse ein jeder gemeiner Mann, daß dergleichen Aufsätze nur scripturae praeparatoriae wären, und keine Instrumenta guarentigiata, dahero wenn Instrumenta guarentigiata über ein Negotium verhanden wären, so könte man zu denen Punctationen und Aufsätzen keine Zuflucht nehmen. Er allegirte auch dabey Strykii cautelas contractuum Sect. 1. cap. 6. §. 1. In übrigen wäre dieses eine grosse Schmähung gegen das Hochgräfliche Judicium, wenn Kläger vorgäbe, daß ihm die gerichtliche Extenfion nicht sey vorgelesen worden, und daß er dabey sehr höhnisch setze, als ob Beklagter wolle dieses zu des Klägers Verantwortung heimstellen, und inzwischen ihn nur dieses in sein Gewissen zu überlegen geben, worum er denn den Contract so lange agnosciret, adimplirt, und treulich gehalten hätte, so lange seine Tochter als des Beklagten Eheweib gelebet hätte, und nun erst nach ihren Tode ungeräumte Einwürffe dawider machen wolte. Ob er nicht bedächte, daß es hiesse: quod semel placuit, amplius displicere non potest? In Summa: Beklagten sey es leyd, daß er bey seiner gerechten Sache von seinen Schwieger Eltern so verfolget werde, und wolle es GOtt und der Obrigkeit befehlen, bate dannenhero zu erkennen, daß es cum restitutione expensarum, bey vorigen L. Urtheil verbleiben möchte. Kläger replicirte. Beklagter könne sich der Exception renunciatae laesionis ultra dimidium vor itzo weiter nicht bedienen, weil das J.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/360
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/360>, abgerufen am 06.05.2024.