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[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

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bung. Er nahm stotternd das Wort, und
als Vater geboth er der Schöne, Sie möch-
te, weil einmal ihr gutes Glück es verlang-
te, zur Reise nach Hofe sich geschickt ma-
chen; und über den gütigen Herrn schüttete
seine schwere Zunge tausend unvollendete
Wünsche und abgebrochene Danksagungen
aus, und beredtere Thränen strömten von sei-
nen bleichen Wangen herunter. Damals
waren noch zwanzig Minuten genug, die
Schöne in ihren besten Putz zu kleiden; als-
denn hob sie der vergoldete Herr in seine
verhenkte Carosse, und sechs wiehernde Heng-
ste jagten durch die Reihen unzählicher
Bauern, denen das starre Erstaunen die wei-
ten Mäuler geöffnet. Aber welche Muse be-
schreibt das Entsetzen des studierenden Ma-
gisters, als in sein düstres Musäum der freu-
dige Niklas hereintrat und ihm das wun-
derbare Schicksal entdeckte, das seine arme
Wilhelmine zu einer hochfürstlichen Kam-

mer-

bung. Er nahm ſtotternd das Wort, und
als Vater geboth er der Schoͤne, Sie moͤch-
te, weil einmal ihr gutes Gluͤck es verlang-
te, zur Reiſe nach Hofe ſich geſchickt ma-
chen; und uͤber den guͤtigen Herrn ſchuͤttete
ſeine ſchwere Zunge tauſend unvollendete
Wuͤnſche und abgebrochene Dankſagungen
aus, und beredtere Thraͤnen ſtroͤmten von ſei-
nen bleichen Wangen herunter. Damals
waren noch zwanzig Minuten genug, die
Schoͤne in ihren beſten Putz zu kleiden; als-
denn hob ſie der vergoldete Herr in ſeine
verhenkte Caroſſe, und ſechs wiehernde Heng-
ſte jagten durch die Reihen unzaͤhlicher
Bauern, denen das ſtarre Erſtaunen die wei-
ten Maͤuler geoͤffnet. Aber welche Muſe be-
ſchreibt das Entſetzen des ſtudierenden Ma-
giſters, als in ſein duͤſtres Muſaͤum der freu-
dige Niklas hereintrat und ihm das wun-
derbare Schickſal entdeckte, das ſeine arme
Wilhelmine zu einer hochfuͤrſtlichen Kam-

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[12/0016] bung. Er nahm ſtotternd das Wort, und als Vater geboth er der Schoͤne, Sie moͤch- te, weil einmal ihr gutes Gluͤck es verlang- te, zur Reiſe nach Hofe ſich geſchickt ma- chen; und uͤber den guͤtigen Herrn ſchuͤttete ſeine ſchwere Zunge tauſend unvollendete Wuͤnſche und abgebrochene Dankſagungen aus, und beredtere Thraͤnen ſtroͤmten von ſei- nen bleichen Wangen herunter. Damals waren noch zwanzig Minuten genug, die Schoͤne in ihren beſten Putz zu kleiden; als- denn hob ſie der vergoldete Herr in ſeine verhenkte Caroſſe, und ſechs wiehernde Heng- ſte jagten durch die Reihen unzaͤhlicher Bauern, denen das ſtarre Erſtaunen die wei- ten Maͤuler geoͤffnet. Aber welche Muſe be- ſchreibt das Entſetzen des ſtudierenden Ma- giſters, als in ſein duͤſtres Muſaͤum der freu- dige Niklas hereintrat und ihm das wun- derbare Schickſal entdeckte, das ſeine arme Wilhelmine zu einer hochfuͤrſtlichen Kam- mer-

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Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/16>, abgerufen am 26.04.2024.