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[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

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den Wangen seiner zufriedenen Schöne sicht-
bar machten, und ihn zu neuen Morgenküssen
erweckten. Wie reizend blickte nicht die vol-
lendete Braut ihrem glücklichen Sieger in
das mänliche Gesicht! Gleich einer jungen
Rose, die sich unter dem schwarzen Gefieder
einer einzigen balsamischen Nacht entfaltet.
Der überhangende Phöbus trift sie in ihrem
vollen Schmucke an, und vergebens bemühen
sich seine brennenden Strahlen, sie noch
mehr zu entwickeln.

Jtzt stund der kleine Amor vor seiner freund-
lichen Mutter, und erzählt' ihr in scherzhafter
Prahlerey seine Kriegslist und seinen Triumph,
daß seine Stimme durch den Olymp schallte,
und selbst die bescheidenen Musen ihm Bey-
fall zuwinkten. Jhr Lächeln löste sich in ei-
nem sanften geistischen Sonnenscheine auf,
wovon ein goldener Blick in die Welt drang,
und unter so vielen tausend poetischen Seelen

die

den Wangen ſeiner zufriedenen Schoͤne ſicht-
bar machten, und ihn zu neuen Morgenkuͤſſen
erweckten. Wie reizend blickte nicht die vol-
lendete Braut ihrem gluͤcklichen Sieger in
das maͤnliche Geſicht! Gleich einer jungen
Roſe, die ſich unter dem ſchwarzen Gefieder
einer einzigen balſamiſchen Nacht entfaltet.
Der uͤberhangende Phoͤbus trift ſie in ihrem
vollen Schmucke an, und vergebens bemuͤhen
ſich ſeine brennenden Strahlen, ſie noch
mehr zu entwickeln.

Jtzt ſtund der kleine Amor vor ſeiner freund-
lichen Mutter, und erzaͤhlt’ ihr in ſcherzhafter
Prahlerey ſeine Kriegsliſt und ſeinen Triumph,
daß ſeine Stimme durch den Olymp ſchallte,
und ſelbſt die beſcheidenen Muſen ihm Bey-
fall zuwinkten. Jhr Laͤcheln loͤſte ſich in ei-
nem ſanften geiſtiſchen Sonnenſcheine auf,
wovon ein goldener Blick in die Welt drang,
und unter ſo vielen tauſend poetiſchen Seelen

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[95/0099] den Wangen ſeiner zufriedenen Schoͤne ſicht- bar machten, und ihn zu neuen Morgenkuͤſſen erweckten. Wie reizend blickte nicht die vol- lendete Braut ihrem gluͤcklichen Sieger in das maͤnliche Geſicht! Gleich einer jungen Roſe, die ſich unter dem ſchwarzen Gefieder einer einzigen balſamiſchen Nacht entfaltet. Der uͤberhangende Phoͤbus trift ſie in ihrem vollen Schmucke an, und vergebens bemuͤhen ſich ſeine brennenden Strahlen, ſie noch mehr zu entwickeln. Jtzt ſtund der kleine Amor vor ſeiner freund- lichen Mutter, und erzaͤhlt’ ihr in ſcherzhafter Prahlerey ſeine Kriegsliſt und ſeinen Triumph, daß ſeine Stimme durch den Olymp ſchallte, und ſelbſt die beſcheidenen Muſen ihm Bey- fall zuwinkten. Jhr Laͤcheln loͤſte ſich in ei- nem ſanften geiſtiſchen Sonnenſcheine auf, wovon ein goldener Blick in die Welt drang, und unter ſo vielen tauſend poetiſchen Seelen die

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Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/99>, abgerufen am 29.04.2024.