Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
Reise von Holland nach dem Vorgebirge etc.

Die Sonne passirten wir den 22. Die Höhe
mußte mit dem Octanten nunmehr auf der Steuerbord-
seite genommen werden: bisher war dies auf der Bak-
bordseite geschehen. Sobald wir auf diese Art ein wenig
südlich von der Linie gekommen waren, wurde der Wind
immer stärker, wiewohl er manchmahl nicht vorzüglich
gut war, sondern uns einige siebenzig Meilen weit vom
Lande nach der Amerikanischen Seite trieb. Auch wurde
es von Tage zu Tage kühler, je mehr wir uns dem Süd-
pole
näherten.

Den 24. März hatten wir die Höhe des Vorge-
birges der guten Hoffnung
. Hier fischten und aßen wir
Delphine. Auch flogen an diesem Tage Mallemucken
(ich habe oben vergessen zu sagen, daß dies die großen
bunten Mewen sind) in Menge vorbey; sie waren braun
und unten weiß. Als sie müde waren, setzten sie sich
auf den Wellen nieder, um auszuruhen. In den fol-
genden Tagen sahen wir von ihnen keine mehr. Wenn
diese Vögel häufig fliegen, so pflegen die Schiffer daraus
abzunehmen, daß man nicht sehr weit vom Lande sey. --
In dieser Gegend des Meers sahen wir auch schon Trom-
petentang im Wasser fließen: ein sicheres Zeichen, daß
wir uns dem Cap näherten, weil diese Art Meergras
sich vom dasigen Strande losreißt, und dann weiter
schwimmt.

Die Anzahl der Kranken, welche seit dem Anfan-
ge unsrer Reise sehr groß gewesen war, (fast beständig
lagen hundert und funfzig Mann krank) begann gegen-
wärtig ansehnlich abzunehmen, nachdem freylich unge-
mein viele, die nicht zu retten waren, und fast alle Un-
taugliche, das Leben verlohren hatten. Und hier will
ich, ehe ich in der Beschreibung der Reise selbst weiter

Reiſe von Holland nach dem Vorgebirge ꝛc.

Die Sonne paſſirten wir den 22. Die Hoͤhe
mußte mit dem Octanten nunmehr auf der Steuerbord-
ſeite genommen werden: bisher war dies auf der Bak-
bordſeite geſchehen. Sobald wir auf dieſe Art ein wenig
ſuͤdlich von der Linie gekommen waren, wurde der Wind
immer ſtaͤrker, wiewohl er manchmahl nicht vorzuͤglich
gut war, ſondern uns einige ſiebenzig Meilen weit vom
Lande nach der Amerikaniſchen Seite trieb. Auch wurde
es von Tage zu Tage kuͤhler, je mehr wir uns dem Suͤd-
pole
naͤherten.

Den 24. Maͤrz hatten wir die Hoͤhe des Vorge-
birges der guten Hoffnung
. Hier fiſchten und aßen wir
Delphine. Auch flogen an dieſem Tage Mallemucken
(ich habe oben vergeſſen zu ſagen, daß dies die großen
bunten Mewen ſind) in Menge vorbey; ſie waren braun
und unten weiß. Als ſie muͤde waren, ſetzten ſie ſich
auf den Wellen nieder, um auszuruhen. In den fol-
genden Tagen ſahen wir von ihnen keine mehr. Wenn
dieſe Voͤgel haͤufig fliegen, ſo pflegen die Schiffer daraus
abzunehmen, daß man nicht ſehr weit vom Lande ſey. —
In dieſer Gegend des Meers ſahen wir auch ſchon Trom-
petentang im Waſſer fließen: ein ſicheres Zeichen, daß
wir uns dem Cap naͤherten, weil dieſe Art Meergras
ſich vom daſigen Strande losreißt, und dann weiter
ſchwimmt.

Die Anzahl der Kranken, welche ſeit dem Anfan-
ge unſrer Reiſe ſehr groß geweſen war, (faſt beſtaͤndig
lagen hundert und funfzig Mann krank) begann gegen-
waͤrtig anſehnlich abzunehmen, nachdem freylich unge-
mein viele, die nicht zu retten waren, und faſt alle Un-
taugliche, das Leben verlohren hatten. Und hier will
ich, ehe ich in der Beſchreibung der Reiſe ſelbſt weiter

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <pb facs="#f0115" n="87"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Rei&#x017F;e von <placeName>Holland</placeName> nach dem Vorgebirge &#xA75B;c.</hi> </fw><lb/>
          <p>Die Sonne pa&#x017F;&#x017F;irten wir den 22. Die Ho&#x0364;he<lb/>
mußte mit dem Octanten nunmehr auf der Steuerbord-<lb/>
&#x017F;eite genommen werden: bisher war dies auf der Bak-<lb/>
bord&#x017F;eite ge&#x017F;chehen. Sobald wir auf die&#x017F;e Art ein wenig<lb/>
&#x017F;u&#x0364;dlich von der Linie gekommen waren, wurde der Wind<lb/>
immer &#x017F;ta&#x0364;rker, wiewohl er manchmahl nicht vorzu&#x0364;glich<lb/>
gut war, &#x017F;ondern uns einige &#x017F;iebenzig Meilen weit vom<lb/>
Lande nach der Amerikani&#x017F;chen Seite trieb. Auch wurde<lb/>
es von Tage zu Tage ku&#x0364;hler, je mehr wir uns dem <placeName>Su&#x0364;d-<lb/>
pole</placeName> na&#x0364;herten.</p><lb/>
          <p>Den 24. Ma&#x0364;rz hatten wir die Ho&#x0364;he des <placeName>Vorge-<lb/>
birges der guten Hoffnung</placeName>. Hier fi&#x017F;chten und aßen wir<lb/>
Delphine. Auch flogen an die&#x017F;em Tage Mallemucken<lb/>
(ich habe oben verge&#x017F;&#x017F;en zu &#x017F;agen, daß dies die großen<lb/>
bunten Mewen &#x017F;ind) in Menge vorbey; &#x017F;ie waren braun<lb/>
und unten weiß. Als &#x017F;ie mu&#x0364;de waren, &#x017F;etzten &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
auf den Wellen nieder, um auszuruhen. In den fol-<lb/>
genden Tagen &#x017F;ahen wir von ihnen keine mehr. Wenn<lb/>
die&#x017F;e Vo&#x0364;gel ha&#x0364;ufig fliegen, &#x017F;o pflegen die Schiffer daraus<lb/>
abzunehmen, daß man nicht &#x017F;ehr weit vom Lande &#x017F;ey. &#x2014;<lb/>
In die&#x017F;er Gegend des Meers &#x017F;ahen wir auch &#x017F;chon Trom-<lb/>
petentang im Wa&#x017F;&#x017F;er fließen: ein &#x017F;icheres Zeichen, daß<lb/>
wir uns dem <placeName>Cap</placeName> na&#x0364;herten, weil die&#x017F;e Art Meergras<lb/>
&#x017F;ich vom da&#x017F;igen Strande losreißt, und dann weiter<lb/>
&#x017F;chwimmt.</p><lb/>
          <p>Die Anzahl der Kranken, welche &#x017F;eit dem Anfan-<lb/>
ge un&#x017F;rer Rei&#x017F;e &#x017F;ehr groß gewe&#x017F;en war, (fa&#x017F;t be&#x017F;ta&#x0364;ndig<lb/>
lagen hundert und funfzig Mann krank) begann gegen-<lb/>
wa&#x0364;rtig an&#x017F;ehnlich abzunehmen, nachdem freylich unge-<lb/>
mein viele, die nicht zu retten waren, und fa&#x017F;t alle Un-<lb/>
taugliche, das Leben verlohren hatten. Und hier will<lb/>
ich, ehe ich in der Be&#x017F;chreibung der Rei&#x017F;e &#x017F;elb&#x017F;t weiter<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0115] Reiſe von Holland nach dem Vorgebirge ꝛc. Die Sonne paſſirten wir den 22. Die Hoͤhe mußte mit dem Octanten nunmehr auf der Steuerbord- ſeite genommen werden: bisher war dies auf der Bak- bordſeite geſchehen. Sobald wir auf dieſe Art ein wenig ſuͤdlich von der Linie gekommen waren, wurde der Wind immer ſtaͤrker, wiewohl er manchmahl nicht vorzuͤglich gut war, ſondern uns einige ſiebenzig Meilen weit vom Lande nach der Amerikaniſchen Seite trieb. Auch wurde es von Tage zu Tage kuͤhler, je mehr wir uns dem Suͤd- pole naͤherten. Den 24. Maͤrz hatten wir die Hoͤhe des Vorge- birges der guten Hoffnung. Hier fiſchten und aßen wir Delphine. Auch flogen an dieſem Tage Mallemucken (ich habe oben vergeſſen zu ſagen, daß dies die großen bunten Mewen ſind) in Menge vorbey; ſie waren braun und unten weiß. Als ſie muͤde waren, ſetzten ſie ſich auf den Wellen nieder, um auszuruhen. In den fol- genden Tagen ſahen wir von ihnen keine mehr. Wenn dieſe Voͤgel haͤufig fliegen, ſo pflegen die Schiffer daraus abzunehmen, daß man nicht ſehr weit vom Lande ſey. — In dieſer Gegend des Meers ſahen wir auch ſchon Trom- petentang im Waſſer fließen: ein ſicheres Zeichen, daß wir uns dem Cap naͤherten, weil dieſe Art Meergras ſich vom daſigen Strande losreißt, und dann weiter ſchwimmt. Die Anzahl der Kranken, welche ſeit dem Anfan- ge unſrer Reiſe ſehr groß geweſen war, (faſt beſtaͤndig lagen hundert und funfzig Mann krank) begann gegen- waͤrtig anſehnlich abzunehmen, nachdem freylich unge- mein viele, die nicht zu retten waren, und faſt alle Un- taugliche, das Leben verlohren hatten. Und hier will ich, ehe ich in der Beſchreibung der Reiſe ſelbſt weiter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/115
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/115>, abgerufen am 19.05.2024.