Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Erste Reise innerhalb Java.
(Urtica stimulans). Einer von unsrer Gesellschaft,
der jene Eigenschaft dieser Blätter nicht kannte, und in
der Geschwindigkeit ein Paar Zweige von diesem kleinen
Baume oder Strauche abbrechen wollte, mußte seiner
Unwissenheit und Unvorsichtigkeit theuer bezahlen.
Die Javaner kennen die Wirkung der Blätter alle sehr
gut. Die Holländer nennen sie Büffelblätter, und
zwar aus folgender Ursache. Bey den Javanischen
Fürsten ist es, wenn sie Feyerlichkeiten anstellen, alle-
zeit gebräuchlich, zur Lust einen Tiger mit einem Büf-
fel kämpfen zu lassen, und zwar auf einem rund umher
mit starken Planken eingeschlossenen Platze, um welchen
eine große Menge Zuschauer sitzen und ohne Gefahr zu-
sehen können. Wenn der Büffel nicht dahin zu brin-
gen ist seinen Feind anzugreifen, wird er mit diesen
Blättern gepeitscht, wovon ihm in kurzer Zeit die Haut
so brennt, daß er zuletzt ganz wild und rasend wird.
Wenn man sich an dieser Nessel verbrannt hat, darf
man sich nicht mit Wasser waschen, weil dadurch der
Schmerz viel ärger wird; sondern das beste Mittel da-
gegen ist, die Stelle entweder mit Oel, oder mit Reis-
brey zu bestreichen.

Den 27sten April kehrten wir wieder um, und
begaben uns nach Salatiga zurück.

Am folgenden Tage reiseten wir weiter, und zwar in
Gesellschaft des hier postirten Fähnrichs, bis nach Tun-
dang
, wo wir die Nacht zu bleiben gedachten.

Tundang ist ein ziemlich großes javanisches Dorf.
Die Häuser sind hier zu Lande nur klein, und von
Bamborohr gebaut, aber wie Lauben, nicht dichter
als daß die Luft sehr bequem durchgehen kann, welches
in dieser heissen Gegend auch nöthig ist. Wir kehrten
bey keinem Javaner ein, sondern ließen für uns allein

J 5

Erſte Reiſe innerhalb Java.
(Urtica ſtimulans). Einer von unſrer Geſellſchaft,
der jene Eigenſchaft dieſer Blaͤtter nicht kannte, und in
der Geſchwindigkeit ein Paar Zweige von dieſem kleinen
Baume oder Strauche abbrechen wollte, mußte ſeiner
Unwiſſenheit und Unvorſichtigkeit theuer bezahlen.
Die Javaner kennen die Wirkung der Blaͤtter alle ſehr
gut. Die Hollaͤnder nennen ſie Buͤffelblaͤtter, und
zwar aus folgender Urſache. Bey den Javaniſchen
Fuͤrſten iſt es, wenn ſie Feyerlichkeiten anſtellen, alle-
zeit gebraͤuchlich, zur Luſt einen Tiger mit einem Buͤf-
fel kaͤmpfen zu laſſen, und zwar auf einem rund umher
mit ſtarken Planken eingeſchloſſenen Platze, um welchen
eine große Menge Zuſchauer ſitzen und ohne Gefahr zu-
ſehen koͤnnen. Wenn der Buͤffel nicht dahin zu brin-
gen iſt ſeinen Feind anzugreifen, wird er mit dieſen
Blaͤttern gepeitſcht, wovon ihm in kurzer Zeit die Haut
ſo brennt, daß er zuletzt ganz wild und raſend wird.
Wenn man ſich an dieſer Neſſel verbrannt hat, darf
man ſich nicht mit Waſſer waſchen, weil dadurch der
Schmerz viel aͤrger wird; ſondern das beſte Mittel da-
gegen iſt, die Stelle entweder mit Oel, oder mit Reis-
brey zu beſtreichen.

Den 27ſten April kehrten wir wieder um, und
begaben uns nach Salatiga zuruͤck.

Am folgenden Tage reiſeten wir weiter, und zwar in
Geſellſchaft des hier poſtirten Faͤhnrichs, bis nach Tun-
dang
, wo wir die Nacht zu bleiben gedachten.

Tundang iſt ein ziemlich großes javaniſches Dorf.
Die Haͤuſer ſind hier zu Lande nur klein, und von
Bamborohr gebaut, aber wie Lauben, nicht dichter
als daß die Luft ſehr bequem durchgehen kann, welches
in dieſer heiſſen Gegend auch noͤthig iſt. Wir kehrten
bey keinem Javaner ein, ſondern ließen fuͤr uns allein

J 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0433" n="137"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Er&#x017F;te Rei&#x017F;e innerhalb <placeName>Java</placeName>.</hi></fw><lb/>
(<hi rendition="#aq">Urtica &#x017F;timulans</hi>). Einer von un&#x017F;rer Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft,<lb/>
der jene Eigen&#x017F;chaft die&#x017F;er Bla&#x0364;tter nicht kannte, und in<lb/>
der Ge&#x017F;chwindigkeit ein Paar Zweige von die&#x017F;em kleinen<lb/>
Baume oder Strauche abbrechen wollte, mußte &#x017F;einer<lb/>
Unwi&#x017F;&#x017F;enheit und Unvor&#x017F;ichtigkeit theuer bezahlen.<lb/>
Die Javaner kennen die Wirkung der Bla&#x0364;tter alle &#x017F;ehr<lb/>
gut. Die Holla&#x0364;nder nennen &#x017F;ie Bu&#x0364;ffelbla&#x0364;tter, und<lb/>
zwar aus folgender Ur&#x017F;ache. Bey den Javani&#x017F;chen<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten i&#x017F;t es, wenn &#x017F;ie Feyerlichkeiten an&#x017F;tellen, alle-<lb/>
zeit gebra&#x0364;uchlich, zur Lu&#x017F;t einen Tiger mit einem Bu&#x0364;f-<lb/>
fel ka&#x0364;mpfen zu la&#x017F;&#x017F;en, und zwar auf einem rund umher<lb/>
mit &#x017F;tarken Planken einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Platze, um welchen<lb/>
eine große Menge Zu&#x017F;chauer &#x017F;itzen und ohne Gefahr zu-<lb/>
&#x017F;ehen ko&#x0364;nnen. Wenn der Bu&#x0364;ffel nicht dahin zu brin-<lb/>
gen i&#x017F;t &#x017F;einen Feind anzugreifen, wird er mit die&#x017F;en<lb/>
Bla&#x0364;ttern gepeit&#x017F;cht, wovon ihm in kurzer Zeit die Haut<lb/>
&#x017F;o brennt, daß er zuletzt ganz wild und ra&#x017F;end wird.<lb/>
Wenn man &#x017F;ich an die&#x017F;er Ne&#x017F;&#x017F;el verbrannt hat, darf<lb/>
man &#x017F;ich nicht mit Wa&#x017F;&#x017F;er wa&#x017F;chen, weil dadurch der<lb/>
Schmerz viel a&#x0364;rger wird; &#x017F;ondern das be&#x017F;te Mittel da-<lb/>
gegen i&#x017F;t, die Stelle entweder mit Oel, oder mit Reis-<lb/>
brey zu be&#x017F;treichen.</p><lb/>
            <p>Den 27&#x017F;ten April kehrten wir wieder um, und<lb/>
begaben uns nach <placeName>Salatiga</placeName> zuru&#x0364;ck.</p><lb/>
            <p>Am folgenden Tage rei&#x017F;eten wir weiter, und zwar in<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft des hier po&#x017F;tirten Fa&#x0364;hnrichs, bis nach <placeName>Tun-<lb/>
dang</placeName>, wo wir die Nacht zu bleiben gedachten.</p><lb/>
            <p><placeName>Tundang</placeName> i&#x017F;t ein ziemlich großes javani&#x017F;ches Dorf.<lb/>
Die Ha&#x0364;u&#x017F;er &#x017F;ind hier zu Lande nur klein, und von<lb/>
Bamborohr gebaut, aber wie Lauben, nicht dichter<lb/>
als daß die Luft &#x017F;ehr bequem durchgehen kann, welches<lb/>
in die&#x017F;er hei&#x017F;&#x017F;en Gegend auch no&#x0364;thig i&#x017F;t. Wir kehrten<lb/>
bey keinem Javaner ein, &#x017F;ondern ließen fu&#x0364;r uns allein<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J 5</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0433] Erſte Reiſe innerhalb Java. (Urtica ſtimulans). Einer von unſrer Geſellſchaft, der jene Eigenſchaft dieſer Blaͤtter nicht kannte, und in der Geſchwindigkeit ein Paar Zweige von dieſem kleinen Baume oder Strauche abbrechen wollte, mußte ſeiner Unwiſſenheit und Unvorſichtigkeit theuer bezahlen. Die Javaner kennen die Wirkung der Blaͤtter alle ſehr gut. Die Hollaͤnder nennen ſie Buͤffelblaͤtter, und zwar aus folgender Urſache. Bey den Javaniſchen Fuͤrſten iſt es, wenn ſie Feyerlichkeiten anſtellen, alle- zeit gebraͤuchlich, zur Luſt einen Tiger mit einem Buͤf- fel kaͤmpfen zu laſſen, und zwar auf einem rund umher mit ſtarken Planken eingeſchloſſenen Platze, um welchen eine große Menge Zuſchauer ſitzen und ohne Gefahr zu- ſehen koͤnnen. Wenn der Buͤffel nicht dahin zu brin- gen iſt ſeinen Feind anzugreifen, wird er mit dieſen Blaͤttern gepeitſcht, wovon ihm in kurzer Zeit die Haut ſo brennt, daß er zuletzt ganz wild und raſend wird. Wenn man ſich an dieſer Neſſel verbrannt hat, darf man ſich nicht mit Waſſer waſchen, weil dadurch der Schmerz viel aͤrger wird; ſondern das beſte Mittel da- gegen iſt, die Stelle entweder mit Oel, oder mit Reis- brey zu beſtreichen. Den 27ſten April kehrten wir wieder um, und begaben uns nach Salatiga zuruͤck. Am folgenden Tage reiſeten wir weiter, und zwar in Geſellſchaft des hier poſtirten Faͤhnrichs, bis nach Tun- dang, wo wir die Nacht zu bleiben gedachten. Tundang iſt ein ziemlich großes javaniſches Dorf. Die Haͤuſer ſind hier zu Lande nur klein, und von Bamborohr gebaut, aber wie Lauben, nicht dichter als daß die Luft ſehr bequem durchgehen kann, welches in dieſer heiſſen Gegend auch noͤthig iſt. Wir kehrten bey keinem Javaner ein, ſondern ließen fuͤr uns allein J 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/433
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/433>, abgerufen am 17.06.2024.