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Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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sagte er, sich in diesem seltsamen Stammbuche finden sollte, hätte ich mir nicht träumen lassen; sollte der boshafte Maler aber mein Profil schon in der Vorzeit geahndet haben, so ist es doch zu ruchlos, daß dieser Feuerschweif gerade meine etwas rothe Nase formiren muß.

Das Ding, sagte Erich, ist so sonderbar angebracht, daß man wirklich nicht ergründen kann, ob es Vorsatz oder bloßer Zufall ist. Walther betrachtete das Profil im Bilde, dann musterte er die Physiognomie seines Freundes, schüttelte den Kopf, ward nachdenkend und nahm zerstreut Abschied, als der Fremde sich mit Eulenböck beurlaubte, der sich dessen Begleitung erbeten hatte, um ihm seine Kunstwerke zu zeigen.

Was ist dir? fragte Erich, der mit dem Alten allein im Saale zurück geblieben war. Du scheinst über den sonderbaren Scherz des Zufalls verdrießlich, der uns Alle zum Lachen gezwungen hat; ist doch der Säufer hinlänglich dadurch bestraft, daß diese Teufelscompagnie so artig sein Portrait zusammen setzen muß.

Hältst du es denn wirklich auch für Zufall? rief Walther erzürnt aus: siehst du denn nicht ein, daß der alte Schelm mir dies Bild betrügerisch aufgeheftet hat? Daß es von ihm herrührt? Schau nur hieher, ich habe ihn vor den Andern nicht beschämen wollen; aber nicht genug an dieser Abschattung von sich selbst, hat er auch noch dem großen Teufel da oben, der die Seelen in einer Handmühle mahlt, in seinen ungeheuren Schnauzbart fein den Namen Eulenböck eingeschrieben. Ich ent-

sagte er, sich in diesem seltsamen Stammbuche finden sollte, hätte ich mir nicht träumen lassen; sollte der boshafte Maler aber mein Profil schon in der Vorzeit geahndet haben, so ist es doch zu ruchlos, daß dieser Feuerschweif gerade meine etwas rothe Nase formiren muß.

Das Ding, sagte Erich, ist so sonderbar angebracht, daß man wirklich nicht ergründen kann, ob es Vorsatz oder bloßer Zufall ist. Walther betrachtete das Profil im Bilde, dann musterte er die Physiognomie seines Freundes, schüttelte den Kopf, ward nachdenkend und nahm zerstreut Abschied, als der Fremde sich mit Eulenböck beurlaubte, der sich dessen Begleitung erbeten hatte, um ihm seine Kunstwerke zu zeigen.

Was ist dir? fragte Erich, der mit dem Alten allein im Saale zurück geblieben war. Du scheinst über den sonderbaren Scherz des Zufalls verdrießlich, der uns Alle zum Lachen gezwungen hat; ist doch der Säufer hinlänglich dadurch bestraft, daß diese Teufelscompagnie so artig sein Portrait zusammen setzen muß.

Hältst du es denn wirklich auch für Zufall? rief Walther erzürnt aus: siehst du denn nicht ein, daß der alte Schelm mir dies Bild betrügerisch aufgeheftet hat? Daß es von ihm herrührt? Schau nur hieher, ich habe ihn vor den Andern nicht beschämen wollen; aber nicht genug an dieser Abschattung von sich selbst, hat er auch noch dem großen Teufel da oben, der die Seelen in einer Handmühle mahlt, in seinen ungeheuren Schnauzbart fein den Namen Eulenböck eingeschrieben. Ich ent-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:27:02Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:27:02Z)

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910/60>, abgerufen am 02.05.2024.