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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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Mit der ersten Gelegenheit denke ich meinen
Willy nach England zurückzuschicken; mit sei-
nem altväterschen Wesen und seiner gutgemein-
ten Ueberklugheit fällt er mir zur Last. Er will
mit aller Gewalt mein Freund seyn, und es
möchte hingehn, wenn er nur nicht den Bedien-
ten ganz darüber vergäße. Als ich neulich spät
in der Nacht, oder vielmehr schon gegen Mor-
gen mit dem fröhlichsten Rausche nach Hause
kam, hielt er mir eine pathetische Rede, und
verdarb mir meine Laune. Er will gern fort,
und sein Wille soll geschehn. --

Sie munterten mich ehedem auf, das Leben
zu genießen, und jetzt sind Sie zurückgezogener
als ich. Kommen Sie her, damit ich den ver-
worrenen Rausch in Ihrer Gesellschaft genieße,
und meine Sinne noch trunkener werden. Ich
bin eben bey unsrer Signora Bianca gewesen,
die das Muster der Zärtlichkeit ist, sie kann
den theuren Rosa immer noch nicht vergessen,
und spricht mit Enthusiasmus von ihm; Sie
thun unrecht, das zärtliche Geschöpf so ganz zu
vernachlässigen, Ich habe noch viele andre Grüße
zu bestellen, die Sie mir erlassen mögen, genug,
Sie stehn bey allen unsern schönen Bekanntschaf-

Mit der erſten Gelegenheit denke ich meinen
Willy nach England zuruͤckzuſchicken; mit ſei-
nem altvaͤterſchen Weſen und ſeiner gutgemein-
ten Ueberklugheit faͤllt er mir zur Laſt. Er will
mit aller Gewalt mein Freund ſeyn, und es
moͤchte hingehn, wenn er nur nicht den Bedien-
ten ganz daruͤber vergaͤße. Als ich neulich ſpaͤt
in der Nacht, oder vielmehr ſchon gegen Mor-
gen mit dem froͤhlichſten Rauſche nach Hauſe
kam, hielt er mir eine pathetiſche Rede, und
verdarb mir meine Laune. Er will gern fort,
und ſein Wille ſoll geſchehn. —

Sie munterten mich ehedem auf, das Leben
zu genießen, und jetzt ſind Sie zuruͤckgezogener
als ich. Kommen Sie her, damit ich den ver-
worrenen Rauſch in Ihrer Geſellſchaft genieße,
und meine Sinne noch trunkener werden. Ich
bin eben bey unſrer Signora Bianca geweſen,
die das Muſter der Zaͤrtlichkeit iſt, ſie kann
den theuren Roſa immer noch nicht vergeſſen,
und ſpricht mit Enthuſiasmus von ihm; Sie
thun unrecht, das zaͤrtliche Geſchoͤpf ſo ganz zu
vernachlaͤſſigen, Ich habe noch viele andre Gruͤße
zu beſtellen, die Sie mir erlaſſen moͤgen, genug,
Sie ſtehn bey allen unſern ſchoͤnen Bekanntſchaf-

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[75/0081] Mit der erſten Gelegenheit denke ich meinen Willy nach England zuruͤckzuſchicken; mit ſei- nem altvaͤterſchen Weſen und ſeiner gutgemein- ten Ueberklugheit faͤllt er mir zur Laſt. Er will mit aller Gewalt mein Freund ſeyn, und es moͤchte hingehn, wenn er nur nicht den Bedien- ten ganz daruͤber vergaͤße. Als ich neulich ſpaͤt in der Nacht, oder vielmehr ſchon gegen Mor- gen mit dem froͤhlichſten Rauſche nach Hauſe kam, hielt er mir eine pathetiſche Rede, und verdarb mir meine Laune. Er will gern fort, und ſein Wille ſoll geſchehn. — Sie munterten mich ehedem auf, das Leben zu genießen, und jetzt ſind Sie zuruͤckgezogener als ich. Kommen Sie her, damit ich den ver- worrenen Rauſch in Ihrer Geſellſchaft genieße, und meine Sinne noch trunkener werden. Ich bin eben bey unſrer Signora Bianca geweſen, die das Muſter der Zaͤrtlichkeit iſt, ſie kann den theuren Roſa immer noch nicht vergeſſen, und ſpricht mit Enthuſiasmus von ihm; Sie thun unrecht, das zaͤrtliche Geſchoͤpf ſo ganz zu vernachlaͤſſigen, Ich habe noch viele andre Gruͤße zu beſtellen, die Sie mir erlaſſen moͤgen, genug, Sie ſtehn bey allen unſern ſchoͤnen Bekanntſchaf-

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/81>, abgerufen am 27.04.2024.