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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

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Zweite Abtheilung.
von jemand hergeschickt, der Euch weiter gar nicht
kennt.
Helena. Was sollen die vielen Flausen?
Kommt zur Sache.
Abel. Ihr verdient's nicht, ihr Gesindel, was
ich für Euch thue; indeß, was hat man anders als
Undank vom Menschengeschlecht?
Wasmuth. Macht's kurz und gut, Herr
Abel, denn Euer freundschaftlicher, herablassender,
unhöflicher Ton fällt mir herzlich zur Last.
Abel. Also denn: in meinem Gasthofe ist ein
fremder reicher Mann mit einem großen Gefolge
eingekehrt, dem Patron muß ein Ueberfluß von
Barmherzigkeit in den Magen drücken, denn er hat
mir den Auftrag gegeben, ihm ein armes Mädchen
vorzuschlagen, die er anständig und reichlich aus-
statten will. Da bin ich nun gleich auf Euch ge-
fallen, ich habe dem Wurmdokter Euern Nahmen
genannt, und er wünscht, das Kind morgen früh
zu sprechen. Wenn Ihr sie also in der achten
oder neunten Stunde zu ihm schicken wollt, so will
er selbst das Nöthige mit ihr verabreden, ich glaube
aber, er wird die Bedingung dabei machen, daß die
Jungfer Isidore mich heirathen soll, weil er sein
Geld auch nicht geradezu wird wegwerfen wollen.
Wasmuth. Nun hab ichs genug, nun sucht
die Thür, armselger Mensch! Also den Kuppler
macht Ihr auch schon? Mein Kind soll ich einem
fremden, nichtsnutzigen reichen Menschen nun so
aufs Zimmer schicken? Und Ihr habt die Frech-
heit, das einem Vater selber zu sagen? Meint ers
Zweite Abtheilung.
von jemand hergeſchickt, der Euch weiter gar nicht
kennt.
Helena. Was ſollen die vielen Flauſen?
Kommt zur Sache.
Abel. Ihr verdient's nicht, ihr Geſindel, was
ich fuͤr Euch thue; indeß, was hat man anders als
Undank vom Menſchengeſchlecht?
Wasmuth. Macht's kurz und gut, Herr
Abel, denn Euer freundſchaftlicher, herablaſſender,
unhoͤflicher Ton faͤllt mir herzlich zur Laſt.
Abel. Alſo denn: in meinem Gaſthofe iſt ein
fremder reicher Mann mit einem großen Gefolge
eingekehrt, dem Patron muß ein Ueberfluß von
Barmherzigkeit in den Magen druͤcken, denn er hat
mir den Auftrag gegeben, ihm ein armes Maͤdchen
vorzuſchlagen, die er anſtaͤndig und reichlich aus-
ſtatten will. Da bin ich nun gleich auf Euch ge-
fallen, ich habe dem Wurmdokter Euern Nahmen
genannt, und er wuͤnſcht, das Kind morgen fruͤh
zu ſprechen. Wenn Ihr ſie alſo in der achten
oder neunten Stunde zu ihm ſchicken wollt, ſo will
er ſelbſt das Noͤthige mit ihr verabreden, ich glaube
aber, er wird die Bedingung dabei machen, daß die
Jungfer Iſidore mich heirathen ſoll, weil er ſein
Geld auch nicht geradezu wird wegwerfen wollen.
Wasmuth. Nun hab ichs genug, nun ſucht
die Thuͤr, armſelger Menſch! Alſo den Kuppler
macht Ihr auch ſchon? Mein Kind ſoll ich einem
fremden, nichtsnutzigen reichen Menſchen nun ſo
aufs Zimmer ſchicken? Und Ihr habt die Frech-
heit, das einem Vater ſelber zu ſagen? Meint ers
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[158/0168] Zweite Abtheilung. von jemand hergeſchickt, der Euch weiter gar nicht kennt. Helena. Was ſollen die vielen Flauſen? Kommt zur Sache. Abel. Ihr verdient's nicht, ihr Geſindel, was ich fuͤr Euch thue; indeß, was hat man anders als Undank vom Menſchengeſchlecht? Wasmuth. Macht's kurz und gut, Herr Abel, denn Euer freundſchaftlicher, herablaſſender, unhoͤflicher Ton faͤllt mir herzlich zur Laſt. Abel. Alſo denn: in meinem Gaſthofe iſt ein fremder reicher Mann mit einem großen Gefolge eingekehrt, dem Patron muß ein Ueberfluß von Barmherzigkeit in den Magen druͤcken, denn er hat mir den Auftrag gegeben, ihm ein armes Maͤdchen vorzuſchlagen, die er anſtaͤndig und reichlich aus- ſtatten will. Da bin ich nun gleich auf Euch ge- fallen, ich habe dem Wurmdokter Euern Nahmen genannt, und er wuͤnſcht, das Kind morgen fruͤh zu ſprechen. Wenn Ihr ſie alſo in der achten oder neunten Stunde zu ihm ſchicken wollt, ſo will er ſelbſt das Noͤthige mit ihr verabreden, ich glaube aber, er wird die Bedingung dabei machen, daß die Jungfer Iſidore mich heirathen ſoll, weil er ſein Geld auch nicht geradezu wird wegwerfen wollen. Wasmuth. Nun hab ichs genug, nun ſucht die Thuͤr, armſelger Menſch! Alſo den Kuppler macht Ihr auch ſchon? Mein Kind ſoll ich einem fremden, nichtsnutzigen reichen Menſchen nun ſo aufs Zimmer ſchicken? Und Ihr habt die Frech- heit, das einem Vater ſelber zu ſagen? Meint ers

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/168>, abgerufen am 27.04.2024.