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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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der Tag ihrer Einkleidung war ganz nahe.
Sternbald ging schnell an seine Arbeit, sein
Herz war unruhig er war ungewiß, ob er
sich etwas vorzuwerfen habe.

Wie freute er sich, als er nun das Ge¬
mählde vollendet hatte, als er wußte, daß
er das Kloster nicht mehr zu besuchen brau¬
che, in welchem die Schönheit nicht mehr
war, die seine Augen nur zu gern aufge¬
sucht hatten. Er erhielt von der Äbtissin
seine Bezahlung, betrachtete das Gemählde
noch einmal, und ging dann über's Feld
nach der Stadt zurück.

Er zitterte für seine Freunde, für die
schöne Nonne; er suchte den Bildhauer auf,
der aber nirgends anzutreffen war. Er ver¬
ließ schon am folgenden Morgen die Stadt,
um sich endlich Italien zu nähern, und Rom
den erwünschten Ort zu sehn.

Gegen Mittag fand er am Wege den

der Tag ihrer Einkleidung war ganz nahe.
Sternbald ging ſchnell an ſeine Arbeit, ſein
Herz war unruhig er war ungewiß, ob er
ſich etwas vorzuwerfen habe.

Wie freute er ſich, als er nun das Ge¬
mählde vollendet hatte, als er wußte, daß
er das Kloſter nicht mehr zu beſuchen brau¬
che, in welchem die Schönheit nicht mehr
war, die ſeine Augen nur zu gern aufge¬
ſucht hatten. Er erhielt von der Äbtiſſin
ſeine Bezahlung, betrachtete das Gemählde
noch einmal, und ging dann über's Feld
nach der Stadt zurück.

Er zitterte für ſeine Freunde, für die
ſchöne Nonne; er ſuchte den Bildhauer auf,
der aber nirgends anzutreffen war. Er ver¬
ließ ſchon am folgenden Morgen die Stadt,
um ſich endlich Italien zu nähern, und Rom
den erwünſchten Ort zu ſehn.

Gegen Mittag fand er am Wege den

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[341/0349] der Tag ihrer Einkleidung war ganz nahe. Sternbald ging ſchnell an ſeine Arbeit, ſein Herz war unruhig er war ungewiß, ob er ſich etwas vorzuwerfen habe. Wie freute er ſich, als er nun das Ge¬ mählde vollendet hatte, als er wußte, daß er das Kloſter nicht mehr zu beſuchen brau¬ che, in welchem die Schönheit nicht mehr war, die ſeine Augen nur zu gern aufge¬ ſucht hatten. Er erhielt von der Äbtiſſin ſeine Bezahlung, betrachtete das Gemählde noch einmal, und ging dann über's Feld nach der Stadt zurück. Er zitterte für ſeine Freunde, für die ſchöne Nonne; er ſuchte den Bildhauer auf, der aber nirgends anzutreffen war. Er ver¬ ließ ſchon am folgenden Morgen die Stadt, um ſich endlich Italien zu nähern, und Rom den erwünſchten Ort zu ſehn. Gegen Mittag fand er am Wege den

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/349>, abgerufen am 27.04.2024.