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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775.

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Der 27te Februar.
eine pflichtmäßlge Härte, so oft wir nemlich diese Perle[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Kleinigkeiten wegwerfen sollen.

Der Allerhöchste zählet und berechnet diene Thränen gen[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
als du, o Mensch! deine Diamanten. Es ist also dein Kum[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
kein so blinder Zufall, keine so verlorne Sache, als du oder[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
dein Tirann es denkt. Trotz sey allen Peinigern geboten, da[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
dir Eine Zähre ablocken könten, welche ihr künftiger Richter [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
aufhöbe und beilegte! Und dieser aufgehobne Schatz ist in Go[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Hand sicher! Kan auch noch ein Mensch verzagen, der da w[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
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Jesus opferte am Kreuze Gebet und Thränen über meine Sü[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
den: ach! die meinigen sollen sich damit vermischen, und ih[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
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und worüber ich weine! Thränen sind eine deiner schönsten Ga[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
ben: laß sie mich doch ja nicht zur Unzeit verschwenden!

Ob ich noch so viel weinen werde, als ich schon geweine[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
habe? -- Das wolle Gott nicht; denn viele Thränen setzen viele
Sünde und Thorheit voraus. Dann und wann eine Thräne
Petri, wann ich von einem Fehltritt übereilet ward; noch mehr
aber Zähren der Freude, die sich bei Erblickung des Segens und
der Gnade Gottes aus den Augen schleichen: das will ich mir er-
lauben. Auch mit den Traurigen will ich weinen, oder wenn
sonst ein wahrer Schmerz mich preßt: alles übrige will ich dir,
Allwissender! anheim stellen, und nicht gleich wimmern, wenn
du aus weisen Absichten die Hülfe einen Augenblick verziehst.
Der liebt dich nicht rechtschaffen, wer dir Wege und Stunden
vorschreiben will.

Die Nacht bricht tiefer herein. Jetzt rieseln nur noch we-
nige, aber auch die bitterste Thränen! Und unter dieser Trauer-
musik schlaf ich ein? -- O! mein Gott, wie glücklich bin ich vor
vielen! Warum wird es mir doch so schwer, aus Dankbarkeit
zu weinen!

Der

Der 27te Februar.
eine pflichtmaͤßlge Haͤrte, ſo oft wir nemlich dieſe Perle[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Kleinigkeiten wegwerfen ſollen.

Der Allerhoͤchſte zaͤhlet und berechnet diene Thraͤnen gen[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
als du, o Menſch! deine Diamanten. Es iſt alſo dein Kum[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
kein ſo blinder Zufall, keine ſo verlorne Sache, als du oder[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
dein Tirann es denkt. Trotz ſey allen Peinigern geboten, da[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
dir Eine Zaͤhre ablocken koͤnten, welche ihr kuͤnftiger Richter [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
aufhoͤbe und beilegte! Und dieſer aufgehobne Schatz iſt in Go[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
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den: ach! die meinigen ſollen ſich damit vermiſchen, und ih[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
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ben: laß ſie mich doch ja nicht zur Unzeit verſchwenden!

Ob ich noch ſo viel weinen werde, als ich ſchon geweine[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
habe? — Das wolle Gott nicht; denn viele Thraͤnen ſetzen viele
Suͤnde und Thorheit voraus. Dann und wann eine Thraͤne
Petri, wann ich von einem Fehltritt uͤbereilet ward; noch mehr
aber Zaͤhren der Freude, die ſich bei Erblickung des Segens und
der Gnade Gottes aus den Augen ſchleichen: das will ich mir er-
lauben. Auch mit den Traurigen will ich weinen, oder wenn
ſonſt ein wahrer Schmerz mich preßt: alles uͤbrige will ich dir,
Allwiſſender! anheim ſtellen, und nicht gleich wimmern, wenn
du aus weiſen Abſichten die Huͤlfe einen Augenblick verziehſt.
Der liebt dich nicht rechtſchaffen, wer dir Wege und Stunden
vorſchreiben will.

Die Nacht bricht tiefer herein. Jetzt rieſeln nur noch we-
nige, aber auch die bitterſte Thraͤnen! Und unter dieſer Trauer-
muſik ſchlaf ich ein? — O! mein Gott, wie gluͤcklich bin ich vor
vielen! Warum wird es mir doch ſo ſchwer, aus Dankbarkeit
zu weinen!

Der
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[120[150]/0157] Der 27te Februar. eine pflichtmaͤßlge Haͤrte, ſo oft wir nemlich dieſe Perle_ Kleinigkeiten wegwerfen ſollen. Der Allerhoͤchſte zaͤhlet und berechnet diene Thraͤnen gen_ als du, o Menſch! deine Diamanten. Es iſt alſo dein Kum_ kein ſo blinder Zufall, keine ſo verlorne Sache, als du oder_ dein Tirann es denkt. Trotz ſey allen Peinigern geboten, da_ dir Eine Zaͤhre ablocken koͤnten, welche ihr kuͤnftiger Richter _ aufhoͤbe und beilegte! Und dieſer aufgehobne Schatz iſt in Go_ Hand ſicher! Kan auch noch ein Menſch verzagen, der da w_ daß er ſeine Thraͤnen in den Schoos des Allmaͤchtigen hinwein_ Jeſus opferte am Kreuze Gebet und Thraͤnen uͤber meine Suͤ_ den: ach! die meinigen ſollen ſich damit vermiſchen, und ih_ nachrufen: Vater! vergib, ich weiß oͤfters nicht was ich thu_ und woruͤber ich weine! Thraͤnen ſind eine deiner ſchoͤnſten Ga_ ben: laß ſie mich doch ja nicht zur Unzeit verſchwenden! Ob ich noch ſo viel weinen werde, als ich ſchon geweine_ habe? — Das wolle Gott nicht; denn viele Thraͤnen ſetzen viele Suͤnde und Thorheit voraus. Dann und wann eine Thraͤne Petri, wann ich von einem Fehltritt uͤbereilet ward; noch mehr aber Zaͤhren der Freude, die ſich bei Erblickung des Segens und der Gnade Gottes aus den Augen ſchleichen: das will ich mir er- lauben. Auch mit den Traurigen will ich weinen, oder wenn ſonſt ein wahrer Schmerz mich preßt: alles uͤbrige will ich dir, Allwiſſender! anheim ſtellen, und nicht gleich wimmern, wenn du aus weiſen Abſichten die Huͤlfe einen Augenblick verziehſt. Der liebt dich nicht rechtſchaffen, wer dir Wege und Stunden vorſchreiben will. Die Nacht bricht tiefer herein. Jetzt rieſeln nur noch we- nige, aber auch die bitterſte Thraͤnen! Und unter dieſer Trauer- muſik ſchlaf ich ein? — O! mein Gott, wie gluͤcklich bin ich vor vielen! Warum wird es mir doch ſo ſchwer, aus Dankbarkeit zu weinen! Der

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Zitationshilfe: Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 120[150]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/157>, abgerufen am 19.05.2024.