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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

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Man hat für den Sitz der Kraft, wodurch die
Bewegung der Pflanzensäfte bewirkt wird, die Ge-
fässe angenommen, und zum Beweise dieser Hy-
pothese angeführt, dass Blutungen verwundeter
Pflanzen durch Vitriol und Alaun, die eine Zu-
sammenziehung jener Gefässe hervorbringen, ge-
hemmt werden z), und dass die Stengel- und
Kelchblätter der Lactuca sativa L. an Stellen, wo
sie berührt werden, einen milchigen Saft aus-
schwitzen a). Allein bey dem erstern Versuch wir-
ken der Vitriol und Alaun vielleicht blos auf che-
mische Art, und bey dem letztern wird vielleicht
durch jede Berührung die feine Oberhaut der Lak-

tuke
z) Coulon l. c. p. 12.
a) Corradori, Mem. di Matematica e Fisica della So-
cieta Italiana. T. XII. P. II. p. 30. -- Corradori
führt auch folgenden Versuch als einen Beweis der
Reitzbarkeit der Pflanzengefässe an: Schneidet man
eine junge Pflanze der Euphorbia Cyparissias unten
ab, so dringt aus der Wunde ein milchiger Saft;
schneidet man sie hierauf oben ab, so fängt die neue
Wunde an zu bluten und der Ausfluss aus der untern
hört auf; macht man hingegen die Operation auf die
entgegengesetzte Art, indem man die Pflanze erst oben
und dann unten verwundet, so dauert das Bluten
aus der obern Wunde fort, aus der untern aber drin-
gen nur wenige Tropfen. Ich habe diesen Versuch
an der Vinca maior wiederholt. Bey dieser aber fand
kein Unterschied zwischen dem Ausfluss aus der obern
und untern Wunde statt.

Man hat für den Sitz der Kraft, wodurch die
Bewegung der Pflanzensäfte bewirkt wird, die Ge-
fäſse angenommen, und zum Beweise dieser Hy-
pothese angeführt, daſs Blutungen verwundeter
Pflanzen durch Vitriol und Alaun, die eine Zu-
sammenziehung jener Gefäſse hervorbringen, ge-
hemmt werden z), und daſs die Stengel- und
Kelchblätter der Lactuca sativa L. an Stellen, wo
sie berührt werden, einen milchigen Saft aus-
schwitzen a). Allein bey dem erstern Versuch wir-
ken der Vitriol und Alaun vielleicht blos auf che-
mische Art, und bey dem letztern wird vielleicht
durch jede Berührung die feine Oberhaut der Lak-

tuke
z) Coulon l. c. p. 12.
a) Corradori, Mem. di Matematica e Fisica della So-
cietà Italiana. T. XII. P. II. p. 30. — Corradori
führt auch folgenden Versuch als einen Beweis der
Reitzbarkeit der Pflanzengefäſse an: Schneidet man
eine junge Pflanze der Euphorbia Cyparissias unten
ab, so dringt aus der Wunde ein milchiger Saft;
schneidet man sie hierauf oben ab, so fängt die neue
Wunde an zu bluten und der Ausfluſs aus der untern
hört auf; macht man hingegen die Operation auf die
entgegengesetzte Art, indem man die Pflanze erst oben
und dann unten verwundet, so dauert das Bluten
aus der obern Wunde fort, aus der untern aber drin-
gen nur wenige Tropfen. Ich habe diesen Versuch
an der Vinca maior wiederholt. Bey dieser aber fand
kein Unterschied zwischen dem Ausfluſs aus der obern
und untern Wunde statt.
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[232/0244] Man hat für den Sitz der Kraft, wodurch die Bewegung der Pflanzensäfte bewirkt wird, die Ge- fäſse angenommen, und zum Beweise dieser Hy- pothese angeführt, daſs Blutungen verwundeter Pflanzen durch Vitriol und Alaun, die eine Zu- sammenziehung jener Gefäſse hervorbringen, ge- hemmt werden z), und daſs die Stengel- und Kelchblätter der Lactuca sativa L. an Stellen, wo sie berührt werden, einen milchigen Saft aus- schwitzen a). Allein bey dem erstern Versuch wir- ken der Vitriol und Alaun vielleicht blos auf che- mische Art, und bey dem letztern wird vielleicht durch jede Berührung die feine Oberhaut der Lak- tuke z) Coulon l. c. p. 12. a) Corradori, Mem. di Matematica e Fisica della So- cietà Italiana. T. XII. P. II. p. 30. — Corradori führt auch folgenden Versuch als einen Beweis der Reitzbarkeit der Pflanzengefäſse an: Schneidet man eine junge Pflanze der Euphorbia Cyparissias unten ab, so dringt aus der Wunde ein milchiger Saft; schneidet man sie hierauf oben ab, so fängt die neue Wunde an zu bluten und der Ausfluſs aus der untern hört auf; macht man hingegen die Operation auf die entgegengesetzte Art, indem man die Pflanze erst oben und dann unten verwundet, so dauert das Bluten aus der obern Wunde fort, aus der untern aber drin- gen nur wenige Tropfen. Ich habe diesen Versuch an der Vinca maior wiederholt. Bey dieser aber fand kein Unterschied zwischen dem Ausfluſs aus der obern und untern Wunde statt.

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/244>, abgerufen am 16.05.2024.