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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

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dungskraft, von welcher sie ein Ausfluss ist, ge-
mein. Aber im gesunden Zustand ist ihre Thä-
tigkeit ein regelmässiges, dem der Wärme, des
Lichts und der Elektricität ähnliches Wirken. Sie
verbindet im thierischen Körper, wie die Wärme
in der leblosen Natur, den Sauerstoff mit dem
Kohlenstoff; sie bildet in jenem Eyweissstoff und
andere Substanzen, die in den Gewächsen durch
den Einfluss des Lichts hervorgebracht werden;
sie hält in demselben, wie die Elektricität in der
Voltaischen Säule, Säuren und Alkalien von ein-
ander getrennt, die ohne ihren Einfluss vereinigt
seyn würden. Nur bey der periodischen Ausbil-
dung des ganzen Körpers und seiner einzelnen
Theile zeigen sich im gesunden Zustand Spuren
ihrer eigenmächtigen Thätigkeit. Diese scheint in
demselben Verhältniss abzunehmen, wie das Em-
pfindungs- und Bewegungsvermögen an Stärke
wächst. Sie erwacht aber in Krankheiten, und
zwar oft desto mehr, je mehr die beyden letz-
tern Kräfte geschwächt sind. Sie äussert sich
dann als Heilkraft der Natur, als eine hö-
here Kraft, worauf keine Gesetze der Reitzbar-
keit anwendbar sind, und deren Wirkungen in
einerley Classe mit den instinktartigen Handlun-
gen der Thiere gehören, von welchen im fol-
genden Kapitel die Rede seyn wird.



Zweytes

dungskraft, von welcher sie ein Ausfluſs ist, ge-
mein. Aber im gesunden Zustand ist ihre Thä-
tigkeit ein regelmäſsiges, dem der Wärme, des
Lichts und der Elektricität ähnliches Wirken. Sie
verbindet im thierischen Körper, wie die Wärme
in der leblosen Natur, den Sauerstoff mit dem
Kohlenstoff; sie bildet in jenem Eyweiſsstoff und
andere Substanzen, die in den Gewächsen durch
den Einfluſs des Lichts hervorgebracht werden;
sie hält in demselben, wie die Elektricität in der
Voltaischen Säule, Säuren und Alkalien von ein-
ander getrennt, die ohne ihren Einfluſs vereinigt
seyn würden. Nur bey der periodischen Ausbil-
dung des ganzen Körpers und seiner einzelnen
Theile zeigen sich im gesunden Zustand Spuren
ihrer eigenmächtigen Thätigkeit. Diese scheint in
demselben Verhältniſs abzunehmen, wie das Em-
pfindungs- und Bewegungsvermögen an Stärke
wächst. Sie erwacht aber in Krankheiten, und
zwar oft desto mehr, je mehr die beyden letz-
tern Kräfte geschwächt sind. Sie äuſsert sich
dann als Heilkraft der Natur, als eine hö-
here Kraft, worauf keine Gesetze der Reitzbar-
keit anwendbar sind, und deren Wirkungen in
einerley Classe mit den instinktartigen Handlun-
gen der Thiere gehören, von welchen im fol-
genden Kapitel die Rede seyn wird.



Zweytes
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[428/0440] dungskraft, von welcher sie ein Ausfluſs ist, ge- mein. Aber im gesunden Zustand ist ihre Thä- tigkeit ein regelmäſsiges, dem der Wärme, des Lichts und der Elektricität ähnliches Wirken. Sie verbindet im thierischen Körper, wie die Wärme in der leblosen Natur, den Sauerstoff mit dem Kohlenstoff; sie bildet in jenem Eyweiſsstoff und andere Substanzen, die in den Gewächsen durch den Einfluſs des Lichts hervorgebracht werden; sie hält in demselben, wie die Elektricität in der Voltaischen Säule, Säuren und Alkalien von ein- ander getrennt, die ohne ihren Einfluſs vereinigt seyn würden. Nur bey der periodischen Ausbil- dung des ganzen Körpers und seiner einzelnen Theile zeigen sich im gesunden Zustand Spuren ihrer eigenmächtigen Thätigkeit. Diese scheint in demselben Verhältniſs abzunehmen, wie das Em- pfindungs- und Bewegungsvermögen an Stärke wächst. Sie erwacht aber in Krankheiten, und zwar oft desto mehr, je mehr die beyden letz- tern Kräfte geschwächt sind. Sie äuſsert sich dann als Heilkraft der Natur, als eine hö- here Kraft, worauf keine Gesetze der Reitzbar- keit anwendbar sind, und deren Wirkungen in einerley Classe mit den instinktartigen Handlun- gen der Thiere gehören, von welchen im fol- genden Kapitel die Rede seyn wird. Zweytes

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/440>, abgerufen am 11.05.2024.