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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

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wird, dem thierischen Körper mehr oder weni-
ger Wärme entziehen, und im ersten Fall das
Gefühl von Kälte, im letztern die Empfindung
von erhöhter Temperatur hervorbringen b).
Luft von gleicher Wärme nach dem Thermo-
meter scheint uns kalt, wenn sie viel Feuch-
tigkeit enthält, warm, wenn sie trocken ist.
Vielleicht erregen auf diese Art das kohlensaure
Gas, Stickgas und Ammoniakgas das Gefühl
von Wärme c).

Alle diese Ursachen wirken indess noch
auf andere Art als blos durch ein chemisches
Verhältniss. Sie verändern den Zustand des
Nervensystems und mit diesem den der Lebens-
thätigkeit, von welchem der Sinn für Tempera-
tur abhängig ist. Wir können Hitze und Kälte
ohne alle äussere Erhitzung und Abkühlung,
blos vermöge einer Umstimmung der Nerven-
thätigkeit empfinden und dieses Gefühl selbst in
einzelnen Nerven haben. Ein solches ist unter
andern die Aura epileptica, ein scheinbarer
kalter Luftzug, der bey einer Art der Fallsucht
von dem äussern Ende eines Nerven längs dem
Stamme desselben bis zum Gehirn hinaufsteigt

und,
b) Seguin, Aunales de chimie. T. VIII. p. 1.
c) Orioli, Opuscoli scientifici. T. II. Bologna. 1818.
p. 398.
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wird, dem thierischen Körper mehr oder weni-
ger Wärme entziehen, und im ersten Fall das
Gefühl von Kälte, im letztern die Empfindung
von erhöhter Temperatur hervorbringen b).
Luft von gleicher Wärme nach dem Thermo-
meter scheint uns kalt, wenn sie viel Feuch-
tigkeit enthält, warm, wenn sie trocken ist.
Vielleicht erregen auf diese Art das kohlensaure
Gas, Stickgas und Ammoniakgas das Gefühl
von Wärme c).

Alle diese Ursachen wirken indeſs noch
auf andere Art als blos durch ein chemisches
Verhältniſs. Sie verändern den Zustand des
Nervensystems und mit diesem den der Lebens-
thätigkeit, von welchem der Sinn für Tempera-
tur abhängig ist. Wir können Hitze und Kälte
ohne alle äuſsere Erhitzung und Abkühlung,
blos vermöge einer Umstimmung der Nerven-
thätigkeit empfinden und dieses Gefühl selbst in
einzelnen Nerven haben. Ein solches ist unter
andern die Aura epileptica, ein scheinbarer
kalter Luftzug, der bey einer Art der Fallsucht
von dem äuſsern Ende eines Nerven längs dem
Stamme desselben bis zum Gehirn hinaufsteigt

und,
b) Seguin, Aunales de chimie. T. VIII. p. 1.
c) Orioli, Opuscoli scientifici. T. II. Bologna. 1818.
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[223/0241] wird, dem thierischen Körper mehr oder weni- ger Wärme entziehen, und im ersten Fall das Gefühl von Kälte, im letztern die Empfindung von erhöhter Temperatur hervorbringen b). Luft von gleicher Wärme nach dem Thermo- meter scheint uns kalt, wenn sie viel Feuch- tigkeit enthält, warm, wenn sie trocken ist. Vielleicht erregen auf diese Art das kohlensaure Gas, Stickgas und Ammoniakgas das Gefühl von Wärme c). Alle diese Ursachen wirken indeſs noch auf andere Art als blos durch ein chemisches Verhältniſs. Sie verändern den Zustand des Nervensystems und mit diesem den der Lebens- thätigkeit, von welchem der Sinn für Tempera- tur abhängig ist. Wir können Hitze und Kälte ohne alle äuſsere Erhitzung und Abkühlung, blos vermöge einer Umstimmung der Nerven- thätigkeit empfinden und dieses Gefühl selbst in einzelnen Nerven haben. Ein solches ist unter andern die Aura epileptica, ein scheinbarer kalter Luftzug, der bey einer Art der Fallsucht von dem äuſsern Ende eines Nerven längs dem Stamme desselben bis zum Gehirn hinaufsteigt und, b) Seguin, Aunales de chimie. T. VIII. p. 1. c) Orioli, Opuscoli scientifici. T. II. Bologna. 1818. p. 398. P 3

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/241>, abgerufen am 29.04.2024.