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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

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Netzes hat und nicht geeignet zu seyn scheint,
Flüssigkeiten durchzulassen. Bey vielen Ge-
schlechtern und selbst ganzen Familien dieser
Thierclasse können auch viele der Zungenpapil-
len, ihrer hornartigen Beschaffenheit wegen,
keine Empfänglichkeit für Geschmackseindrücke
besitzen. Solche hornartige Papillen giebt es
bey mehrern Fledermäusen, den sämmtlichen
Arten der Katzenfamilie, den Beutelthieren und
den Wiederkäuern. Bey den katzenartigen
Thieren sind die hornartigen Spitzen der Zun-
genwärzchen den menschlichen Nägeln sehr
ähnlich, so dass sich hier eine nahe Verwandt-
schaft mit den Tastorganen des Menschen zeigt.
Noch weniger Empfänglichkeit für Geschmacks-
eindrücke lässt sich in der langen, dünnen und
glatten Zunge der Gürtel- und Schuppenthiere
und der Ameisenbären annehmen. Diese Thiere
verschlucken aber auch ihr Futter ungekäuet,
und mit dem Grade der Zermalmung des letz-
tern steht die Organisation der Zunge als Sitzes
des Geschmackssinns bey allen Thieren, die
sich von festen Substanzen nähren, in Ver-
hältniss. Sie ist darum von ähnlicher, zum
Schmecken wenig geeigneter Beschaffenheit bey
den meisten Vögeln, besonders den körnerfres-
senden. Nur die, welche von saftigern Früch-
ten leben, besonders die Papageyen, haben eine
breitere, mehr schwammige, mit grössern, wei-

chen
Q 5

Netzes hat und nicht geeignet zu seyn scheint,
Flüssigkeiten durchzulassen. Bey vielen Ge-
schlechtern und selbst ganzen Familien dieser
Thierclasse können auch viele der Zungenpapil-
len, ihrer hornartigen Beschaffenheit wegen,
keine Empfänglichkeit für Geschmackseindrücke
besitzen. Solche hornartige Papillen giebt es
bey mehrern Fledermäusen, den sämmtlichen
Arten der Katzenfamilie, den Beutelthieren und
den Wiederkäuern. Bey den katzenartigen
Thieren sind die hornartigen Spitzen der Zun-
genwärzchen den menschlichen Nägeln sehr
ähnlich, so daſs sich hier eine nahe Verwandt-
schaft mit den Tastorganen des Menschen zeigt.
Noch weniger Empfänglichkeit für Geschmacks-
eindrücke läſst sich in der langen, dünnen und
glatten Zunge der Gürtel- und Schuppenthiere
und der Ameisenbären annehmen. Diese Thiere
verschlucken aber auch ihr Futter ungekäuet,
und mit dem Grade der Zermalmung des letz-
tern steht die Organisation der Zunge als Sitzes
des Geschmackssinns bey allen Thieren, die
sich von festen Substanzen nähren, in Ver-
hältniſs. Sie ist darum von ähnlicher, zum
Schmecken wenig geeigneter Beschaffenheit bey
den meisten Vögeln, besonders den körnerfres-
senden. Nur die, welche von saftigern Früch-
ten leben, besonders die Papageyen, haben eine
breitere, mehr schwammige, mit gröſsern, wei-

chen
Q 5
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[243/0261] Netzes hat und nicht geeignet zu seyn scheint, Flüssigkeiten durchzulassen. Bey vielen Ge- schlechtern und selbst ganzen Familien dieser Thierclasse können auch viele der Zungenpapil- len, ihrer hornartigen Beschaffenheit wegen, keine Empfänglichkeit für Geschmackseindrücke besitzen. Solche hornartige Papillen giebt es bey mehrern Fledermäusen, den sämmtlichen Arten der Katzenfamilie, den Beutelthieren und den Wiederkäuern. Bey den katzenartigen Thieren sind die hornartigen Spitzen der Zun- genwärzchen den menschlichen Nägeln sehr ähnlich, so daſs sich hier eine nahe Verwandt- schaft mit den Tastorganen des Menschen zeigt. Noch weniger Empfänglichkeit für Geschmacks- eindrücke läſst sich in der langen, dünnen und glatten Zunge der Gürtel- und Schuppenthiere und der Ameisenbären annehmen. Diese Thiere verschlucken aber auch ihr Futter ungekäuet, und mit dem Grade der Zermalmung des letz- tern steht die Organisation der Zunge als Sitzes des Geschmackssinns bey allen Thieren, die sich von festen Substanzen nähren, in Ver- hältniſs. Sie ist darum von ähnlicher, zum Schmecken wenig geeigneter Beschaffenheit bey den meisten Vögeln, besonders den körnerfres- senden. Nur die, welche von saftigern Früch- ten leben, besonders die Papageyen, haben eine breitere, mehr schwammige, mit gröſsern, wei- chen Q 5

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/261>, abgerufen am 30.04.2024.