Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

pflanzung des Schalls durch den äussern Gehör-
gang und regelmässigem Bau des Schädels, des
Antlitzes u. s. w. der Schall einer Uhr nach
Verstopfung der Ohren bey einigen Menschen
nur von gewissen Stellen des Kopfs, bey andern
von keiner aus vernommen wurde. Ein Taub-
stummer hörte den Schlag einer Uhr, wenn
diese die linke Seite seines Gesichts berührte,
nicht aber, wenn man sie an die rechte Seite
hielt. Ein Mann, der auf dem linken Ohre
taub geworden war, hörte bey verstopftem
rechten Ohr deutlich den Schlag bey Anlegung
der Uhr an die rechte Wange; hingegen hörte
er ihn kaum, wenn die linke Wange damit be-
rührt wurde. Swan bemerkt mit Recht, dass,
wäre hier der Schall blos mechanisch durch das
Fleisch und die Knochen zum Ohr geleitet, die
Verschiedenheit in der Leitung nicht so gross
hätte seyn können, wie sie bey diesen Erfah-
rungen war. Er nimmt aber, um die Ver-
schiedenheit zu erklären, mit Unrecht zu der
Annahme einer Verbindung des Antlitznerven
mit dem Hörnerven seine Zuflucht. Die Lei-
tung geschieht ohne Widerrede durch Nerven-
verbindungen zum Antlitznerven. Es ist aber
hinreichend, vorauszusetzen, dass die von dem
Schall bewirkte Reitzung des letztern sich auf
die Nerven der Muskeln des innern Ohrs fort-
pflanzt, und dass diese Muskeln, hierdurch auf-

geregt,

pflanzung des Schalls durch den äuſsern Gehör-
gang und regelmäſsigem Bau des Schädels, des
Antlitzes u. s. w. der Schall einer Uhr nach
Verstopfung der Ohren bey einigen Menschen
nur von gewissen Stellen des Kopfs, bey andern
von keiner aus vernommen wurde. Ein Taub-
stummer hörte den Schlag einer Uhr, wenn
diese die linke Seite seines Gesichts berührte,
nicht aber, wenn man sie an die rechte Seite
hielt. Ein Mann, der auf dem linken Ohre
taub geworden war, hörte bey verstopftem
rechten Ohr deutlich den Schlag bey Anlegung
der Uhr an die rechte Wange; hingegen hörte
er ihn kaum, wenn die linke Wange damit be-
rührt wurde. Swan bemerkt mit Recht, daſs,
wäre hier der Schall blos mechanisch durch das
Fleisch und die Knochen zum Ohr geleitet, die
Verschiedenheit in der Leitung nicht so groſs
hätte seyn können, wie sie bey diesen Erfah-
rungen war. Er nimmt aber, um die Ver-
schiedenheit zu erklären, mit Unrecht zu der
Annahme einer Verbindung des Antlitznerven
mit dem Hörnerven seine Zuflucht. Die Lei-
tung geschieht ohne Widerrede durch Nerven-
verbindungen zum Antlitznerven. Es ist aber
hinreichend, vorauszusetzen, daſs die von dem
Schall bewirkte Reitzung des letztern sich auf
die Nerven der Muskeln des innern Ohrs fort-
pflanzt, und daſs diese Muskeln, hierdurch auf-

geregt,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0411" n="393"/>
pflanzung des Schalls durch den äu&#x017F;sern Gehör-<lb/>
gang und regelmä&#x017F;sigem Bau des Schädels, des<lb/>
Antlitzes u. s. w. der Schall einer Uhr nach<lb/>
Verstopfung der Ohren bey einigen Menschen<lb/>
nur von gewissen Stellen des Kopfs, bey andern<lb/>
von keiner aus vernommen wurde. Ein Taub-<lb/>
stummer hörte den Schlag einer Uhr, wenn<lb/>
diese die linke Seite seines Gesichts berührte,<lb/>
nicht aber, wenn man sie an die rechte Seite<lb/>
hielt. Ein Mann, der auf dem linken Ohre<lb/>
taub geworden war, hörte bey verstopftem<lb/>
rechten Ohr deutlich den Schlag bey Anlegung<lb/>
der Uhr an die rechte Wange; hingegen hörte<lb/>
er ihn kaum, wenn die linke Wange damit be-<lb/>
rührt wurde. <hi rendition="#k">Swan</hi> bemerkt mit Recht, da&#x017F;s,<lb/>
wäre hier der Schall blos mechanisch durch das<lb/>
Fleisch und die Knochen zum Ohr geleitet, die<lb/>
Verschiedenheit in der Leitung nicht so gro&#x017F;s<lb/>
hätte seyn können, wie sie bey diesen Erfah-<lb/>
rungen war. Er nimmt aber, um die Ver-<lb/>
schiedenheit zu erklären, mit Unrecht zu der<lb/>
Annahme einer Verbindung des Antlitznerven<lb/>
mit dem Hörnerven seine Zuflucht. Die Lei-<lb/>
tung geschieht ohne Widerrede durch Nerven-<lb/>
verbindungen zum Antlitznerven. Es ist aber<lb/>
hinreichend, vorauszusetzen, da&#x017F;s die von dem<lb/>
Schall bewirkte Reitzung des letztern sich auf<lb/>
die Nerven der Muskeln des innern Ohrs fort-<lb/>
pflanzt, und da&#x017F;s diese Muskeln, hierdurch auf-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">geregt,</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[393/0411] pflanzung des Schalls durch den äuſsern Gehör- gang und regelmäſsigem Bau des Schädels, des Antlitzes u. s. w. der Schall einer Uhr nach Verstopfung der Ohren bey einigen Menschen nur von gewissen Stellen des Kopfs, bey andern von keiner aus vernommen wurde. Ein Taub- stummer hörte den Schlag einer Uhr, wenn diese die linke Seite seines Gesichts berührte, nicht aber, wenn man sie an die rechte Seite hielt. Ein Mann, der auf dem linken Ohre taub geworden war, hörte bey verstopftem rechten Ohr deutlich den Schlag bey Anlegung der Uhr an die rechte Wange; hingegen hörte er ihn kaum, wenn die linke Wange damit be- rührt wurde. Swan bemerkt mit Recht, daſs, wäre hier der Schall blos mechanisch durch das Fleisch und die Knochen zum Ohr geleitet, die Verschiedenheit in der Leitung nicht so groſs hätte seyn können, wie sie bey diesen Erfah- rungen war. Er nimmt aber, um die Ver- schiedenheit zu erklären, mit Unrecht zu der Annahme einer Verbindung des Antlitznerven mit dem Hörnerven seine Zuflucht. Die Lei- tung geschieht ohne Widerrede durch Nerven- verbindungen zum Antlitznerven. Es ist aber hinreichend, vorauszusetzen, daſs die von dem Schall bewirkte Reitzung des letztern sich auf die Nerven der Muskeln des innern Ohrs fort- pflanzt, und daſs diese Muskeln, hierdurch auf- geregt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/411
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/411>, abgerufen am 30.04.2024.