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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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der sinnlichen Triebe.
streben besteht, das Gegentheil dieser unangenehmen Em-
pfindung hervorzubringen, das ist, die Benetzung dieser
Theile zu empfinden, welches der Zweck der Natur bey
diesem Triebe, §. 265. und der Gegenstand desselben beym
Thiere ist, ohnerachtet ihm verborgen bleibt, warum diese
Theile benetzet werden sollen. §. 266. Alles, was diese
beschwerliche Empfindung verursachet, Hitze, Staub, Man-
gel des Getränks, des Speichels, Salz, Wein, Gewürze,
u. s. w. kurz, alles, was trocknet und erhitzet, veranlasset
die sinnliche Reizung und den Trieb zu trinken. Die sinn-
liche Reizung, nämlich die Empfindung der Trockenheit,
äußert ihre Seelenwirkung in die Lebensbewegungen, wel-
che sie desto stärker §. 271. widernatürlich §. 276. N. 4.
verändert, je mehr sie zunimmt, wie solches im Zustande
des Schmachtens aus der Fieberhitze und dem lechzenden
Athemholen der Thiere erhellet. Jn so fern die sinnliche
Reizung eine Vorhersehung der künftigen Benetzung des
Mundes und Schlundes ist, äußert sie ihre Seelenwirkung
in diesen Theilen durch ein öfteres Verschlucken des Spei-
chels, um dadurch die Benetzung einigermaßen vorher zu
bewerkstelligen, welche das wirkliche Trinken, die Befrie-
digung des Dursts vollständig machen wird, §. 271. und
die Anstrengung der thierischen Seelenkräfte zu eben diesen
Bewegungen, ist die Seelenwirkung des Triebes des
Dursts selbst. §. 272. Der Durst wirket demnach in die
zur Benetzung bestimmten Gliedmaßen, die Zunge, die
zum Schlucken dienlichen Muskeln, den Schlund, etc. so,
daß er einige zum wirklichen Trinken erforderliche Bewe-
gungen, als Seelenwirkungen, nach dem Gesetze der See-
lenwirkungen sinnlicher Triebe, §. 277. hervorbringt, wel-
che Bewegungen dann bey erfolgender Stillung des Dursts
vollständig werden, §. 257. 105. und in solchem Falle,
nach dem Zusammenhange der physischen, mechanischen
und thierischen Kräfte des Körpers, die nützlichen Wirkun-
gen in der thierischen Oeconomie zur Folge haben, welche
die Absicht der Natur beym Trinken der Thiere sind, und

die

der ſinnlichen Triebe.
ſtreben beſteht, das Gegentheil dieſer unangenehmen Em-
pfindung hervorzubringen, das iſt, die Benetzung dieſer
Theile zu empfinden, welches der Zweck der Natur bey
dieſem Triebe, §. 265. und der Gegenſtand deſſelben beym
Thiere iſt, ohnerachtet ihm verborgen bleibt, warum dieſe
Theile benetzet werden ſollen. §. 266. Alles, was dieſe
beſchwerliche Empfindung verurſachet, Hitze, Staub, Man-
gel des Getraͤnks, des Speichels, Salz, Wein, Gewuͤrze,
u. ſ. w. kurz, alles, was trocknet und erhitzet, veranlaſſet
die ſinnliche Reizung und den Trieb zu trinken. Die ſinn-
liche Reizung, naͤmlich die Empfindung der Trockenheit,
aͤußert ihre Seelenwirkung in die Lebensbewegungen, wel-
che ſie deſto ſtaͤrker §. 271. widernatuͤrlich §. 276. N. 4.
veraͤndert, je mehr ſie zunimmt, wie ſolches im Zuſtande
des Schmachtens aus der Fieberhitze und dem lechzenden
Athemholen der Thiere erhellet. Jn ſo fern die ſinnliche
Reizung eine Vorherſehung der kuͤnftigen Benetzung des
Mundes und Schlundes iſt, aͤußert ſie ihre Seelenwirkung
in dieſen Theilen durch ein oͤfteres Verſchlucken des Spei-
chels, um dadurch die Benetzung einigermaßen vorher zu
bewerkſtelligen, welche das wirkliche Trinken, die Befrie-
digung des Durſts vollſtaͤndig machen wird, §. 271. und
die Anſtrengung der thieriſchen Seelenkraͤfte zu eben dieſen
Bewegungen, iſt die Seelenwirkung des Triebes des
Durſts ſelbſt. §. 272. Der Durſt wirket demnach in die
zur Benetzung beſtimmten Gliedmaßen, die Zunge, die
zum Schlucken dienlichen Muskeln, den Schlund, ꝛc. ſo,
daß er einige zum wirklichen Trinken erforderliche Bewe-
gungen, als Seelenwirkungen, nach dem Geſetze der See-
lenwirkungen ſinnlicher Triebe, §. 277. hervorbringt, wel-
che Bewegungen dann bey erfolgender Stillung des Durſts
vollſtaͤndig werden, §. 257. 105. und in ſolchem Falle,
nach dem Zuſammenhange der phyſiſchen, mechaniſchen
und thieriſchen Kraͤfte des Koͤrpers, die nuͤtzlichen Wirkun-
gen in der thieriſchen Oeconomie zur Folge haben, welche
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[267/0291] der ſinnlichen Triebe. ſtreben beſteht, das Gegentheil dieſer unangenehmen Em- pfindung hervorzubringen, das iſt, die Benetzung dieſer Theile zu empfinden, welches der Zweck der Natur bey dieſem Triebe, §. 265. und der Gegenſtand deſſelben beym Thiere iſt, ohnerachtet ihm verborgen bleibt, warum dieſe Theile benetzet werden ſollen. §. 266. Alles, was dieſe beſchwerliche Empfindung verurſachet, Hitze, Staub, Man- gel des Getraͤnks, des Speichels, Salz, Wein, Gewuͤrze, u. ſ. w. kurz, alles, was trocknet und erhitzet, veranlaſſet die ſinnliche Reizung und den Trieb zu trinken. Die ſinn- liche Reizung, naͤmlich die Empfindung der Trockenheit, aͤußert ihre Seelenwirkung in die Lebensbewegungen, wel- che ſie deſto ſtaͤrker §. 271. widernatuͤrlich §. 276. N. 4. veraͤndert, je mehr ſie zunimmt, wie ſolches im Zuſtande des Schmachtens aus der Fieberhitze und dem lechzenden Athemholen der Thiere erhellet. Jn ſo fern die ſinnliche Reizung eine Vorherſehung der kuͤnftigen Benetzung des Mundes und Schlundes iſt, aͤußert ſie ihre Seelenwirkung in dieſen Theilen durch ein oͤfteres Verſchlucken des Spei- chels, um dadurch die Benetzung einigermaßen vorher zu bewerkſtelligen, welche das wirkliche Trinken, die Befrie- digung des Durſts vollſtaͤndig machen wird, §. 271. und die Anſtrengung der thieriſchen Seelenkraͤfte zu eben dieſen Bewegungen, iſt die Seelenwirkung des Triebes des Durſts ſelbſt. §. 272. Der Durſt wirket demnach in die zur Benetzung beſtimmten Gliedmaßen, die Zunge, die zum Schlucken dienlichen Muskeln, den Schlund, ꝛc. ſo, daß er einige zum wirklichen Trinken erforderliche Bewe- gungen, als Seelenwirkungen, nach dem Geſetze der See- lenwirkungen ſinnlicher Triebe, §. 277. hervorbringt, wel- che Bewegungen dann bey erfolgender Stillung des Durſts vollſtaͤndig werden, §. 257. 105. und in ſolchem Falle, nach dem Zuſammenhange der phyſiſchen, mechaniſchen und thieriſchen Kraͤfte des Koͤrpers, die nuͤtzlichen Wirkun- gen in der thieriſchen Oeconomie zur Folge haben, welche die Abſicht der Natur beym Trinken der Thiere ſind, und die

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/291>, abgerufen am 02.05.2024.