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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
Der Trieb zum Säugen.
§. 290.

Unter den Trieben der ältern Thiere für ihre Jungen
§. 262. ist der Trieb zum Säugen einer der vornehmsten.
Er entsteht durch die Vorherbestimmung der Natur, §. 263.
bey den mütterlichen Thieren, die säugen, eben zu der Zeit,
da ein Junges vorhanden seyn kann, das dessen bedarf,
aus einer unangenehmen äußern Empfindung von der in
den Brüsten sich anhäufenden Milch, welche die sinnliche
Reizung des Triebes ist. Alles, was diese unangenehme
Empfindung in den Brüsten erzeuget, erreget auch den
Trieb zum Säugen; so daß Hündinnen, denen oft die
Brüste, um die Zeit, da sie werfen müssen, schwellen, ob
sie gleich nicht trächtig sind, den ganzen Trieb vollständig
haben und sich sehr gern von einem fremden Thiere saugen
lassen. Der Trieb selbst ist eine starke Begierde, das Ge-
gentheil dieser unangenehmen äußern Empfindung in den
Brüsten hervorzubringen, das ist, eine Begierde nach der
Ausleerung derselben, welche die Absicht der Natur §. 265.
und der Gegenstand des Thieres ist, das übrigens nicht
weiß, wozu dieß Aussaugen seiner Brüste weiter dienet.
§. 266. Die sinnliche Reizung dieses Triebes, nämlich
die Beschwerlichkeit in den Brüsten, verändert die Lebens-
bewegungen widernatürlich, §. 271. 276. N. 4. wie sol-
ches die große Beängstigung und die Milchfieber beweisen,
und äußert, als eine Vorhersehung der künftigen angeneh-
men äußern Empfindung bey der Aussaugung, ihre See-
lenwirkungen in den Brüsten dadurch, daß sie dieselben zu
solchen Verrichtungen reizet, und sie zum Theil als Seelen-
wirkungen, nach dem Gesetze der Seelenwirkungen sinnli-
cher Triebe, §. 277. hervorbringt, §. 271. 272. die zur
wirklichen Aussaugung erfodert, auch bey ihr vollständiger
erfolgen werden, §. 105. 257. z. E. daß die Milchschauer
kommen, wobey die Milch häufiger zutritt, und daß sich
die Brustwarzen erheben. §. 147. Jn der Anstrengung

der
I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
Der Trieb zum Saͤugen.
§. 290.

Unter den Trieben der aͤltern Thiere fuͤr ihre Jungen
§. 262. iſt der Trieb zum Saͤugen einer der vornehmſten.
Er entſteht durch die Vorherbeſtimmung der Natur, §. 263.
bey den muͤtterlichen Thieren, die ſaͤugen, eben zu der Zeit,
da ein Junges vorhanden ſeyn kann, das deſſen bedarf,
aus einer unangenehmen aͤußern Empfindung von der in
den Bruͤſten ſich anhaͤufenden Milch, welche die ſinnliche
Reizung des Triebes iſt. Alles, was dieſe unangenehme
Empfindung in den Bruͤſten erzeuget, erreget auch den
Trieb zum Saͤugen; ſo daß Huͤndinnen, denen oft die
Bruͤſte, um die Zeit, da ſie werfen muͤſſen, ſchwellen, ob
ſie gleich nicht traͤchtig ſind, den ganzen Trieb vollſtaͤndig
haben und ſich ſehr gern von einem fremden Thiere ſaugen
laſſen. Der Trieb ſelbſt iſt eine ſtarke Begierde, das Ge-
gentheil dieſer unangenehmen aͤußern Empfindung in den
Bruͤſten hervorzubringen, das iſt, eine Begierde nach der
Ausleerung derſelben, welche die Abſicht der Natur §. 265.
und der Gegenſtand des Thieres iſt, das uͤbrigens nicht
weiß, wozu dieß Ausſaugen ſeiner Bruͤſte weiter dienet.
§. 266. Die ſinnliche Reizung dieſes Triebes, naͤmlich
die Beſchwerlichkeit in den Bruͤſten, veraͤndert die Lebens-
bewegungen widernatuͤrlich, §. 271. 276. N. 4. wie ſol-
ches die große Beaͤngſtigung und die Milchfieber beweiſen,
und aͤußert, als eine Vorherſehung der kuͤnftigen angeneh-
men aͤußern Empfindung bey der Ausſaugung, ihre See-
lenwirkungen in den Bruͤſten dadurch, daß ſie dieſelben zu
ſolchen Verrichtungen reizet, und ſie zum Theil als Seelen-
wirkungen, nach dem Geſetze der Seelenwirkungen ſinnli-
cher Triebe, §. 277. hervorbringt, §. 271. 272. die zur
wirklichen Ausſaugung erfodert, auch bey ihr vollſtaͤndiger
erfolgen werden, §. 105. 257. z. E. daß die Milchſchauer
kommen, wobey die Milch haͤufiger zutritt, und daß ſich
die Bruſtwarzen erheben. §. 147. Jn der Anſtrengung

der
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[284/0308] I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan. Der Trieb zum Saͤugen. §. 290. Unter den Trieben der aͤltern Thiere fuͤr ihre Jungen §. 262. iſt der Trieb zum Saͤugen einer der vornehmſten. Er entſteht durch die Vorherbeſtimmung der Natur, §. 263. bey den muͤtterlichen Thieren, die ſaͤugen, eben zu der Zeit, da ein Junges vorhanden ſeyn kann, das deſſen bedarf, aus einer unangenehmen aͤußern Empfindung von der in den Bruͤſten ſich anhaͤufenden Milch, welche die ſinnliche Reizung des Triebes iſt. Alles, was dieſe unangenehme Empfindung in den Bruͤſten erzeuget, erreget auch den Trieb zum Saͤugen; ſo daß Huͤndinnen, denen oft die Bruͤſte, um die Zeit, da ſie werfen muͤſſen, ſchwellen, ob ſie gleich nicht traͤchtig ſind, den ganzen Trieb vollſtaͤndig haben und ſich ſehr gern von einem fremden Thiere ſaugen laſſen. Der Trieb ſelbſt iſt eine ſtarke Begierde, das Ge- gentheil dieſer unangenehmen aͤußern Empfindung in den Bruͤſten hervorzubringen, das iſt, eine Begierde nach der Ausleerung derſelben, welche die Abſicht der Natur §. 265. und der Gegenſtand des Thieres iſt, das uͤbrigens nicht weiß, wozu dieß Ausſaugen ſeiner Bruͤſte weiter dienet. §. 266. Die ſinnliche Reizung dieſes Triebes, naͤmlich die Beſchwerlichkeit in den Bruͤſten, veraͤndert die Lebens- bewegungen widernatuͤrlich, §. 271. 276. N. 4. wie ſol- ches die große Beaͤngſtigung und die Milchfieber beweiſen, und aͤußert, als eine Vorherſehung der kuͤnftigen angeneh- men aͤußern Empfindung bey der Ausſaugung, ihre See- lenwirkungen in den Bruͤſten dadurch, daß ſie dieſelben zu ſolchen Verrichtungen reizet, und ſie zum Theil als Seelen- wirkungen, nach dem Geſetze der Seelenwirkungen ſinnli- cher Triebe, §. 277. hervorbringt, §. 271. 272. die zur wirklichen Ausſaugung erfodert, auch bey ihr vollſtaͤndiger erfolgen werden, §. 105. 257. z. E. daß die Milchſchauer kommen, wobey die Milch haͤufiger zutritt, und daß ſich die Bruſtwarzen erheben. §. 147. Jn der Anſtrengung der

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/308>, abgerufen am 29.04.2024.