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Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.

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Lyrische Gedichte.
Zu ekel sind wir, uns zur Pein:
Wir lassen West und Sommer weichen,
Und wollen, wann sie fliehn, in schattigten Gesträuchen,
Um murmelnd Wasser fröhlig seyn.
Der warme Frühling kommt zurück:
Da braucht ein Weiser ihn beyzeiten.
Er läßt Vernunft allein die blinden Wünsche leiten,
Und wünscht kein schimmerreiches Glück.
Kein stolzer Schein bethört sein Herz:
Er schätzt nicht bloß ein theures Lachen;
Und kan des Pöbels Wahn durch sich zu schanden machen,
Ob flöh uns Arme Lust und Scherz.
Weil ich nicht prächtig schmausen kann,
Soll ich nicht fröhlig schmausen können?
Will Flora, für mein Haar, mir holde Rosen gönnen;
Was geht der Fürsten Pracht mich an?
Was hilfts zur Lust, wann ihre Wand
Sich in gewürktes Gold verhüllet,
Und ein Bedienten-Schwarm die Marmor-Säle füllet,
Mit güldnen Schüsseln in der Hand?
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Lyriſche Gedichte.
Zu ekel ſind wir, uns zur Pein:
Wir laſſen Weſt und Sommer weichen,
Und wollen, wann ſie fliehn, in ſchattigten Geſtraͤuchen,
Um murmelnd Waſſer froͤhlig ſeyn.
Der warme Fruͤhling kommt zuruͤck:
Da braucht ein Weiſer ihn beyzeiten.
Er laͤßt Vernunft allein die blinden Wuͤnſche leiten,
Und wuͤnſcht kein ſchimmerreiches Gluͤck.
Kein ſtolzer Schein bethoͤrt ſein Herz:
Er ſchaͤtzt nicht bloß ein theures Lachen;
Und kan des Poͤbels Wahn durch ſich zu ſchanden machen,
Ob floͤh uns Arme Luſt und Scherz.
Weil ich nicht praͤchtig ſchmauſen kann,
Soll ich nicht froͤhlig ſchmauſen koͤnnen?
Will Flora, fuͤr mein Haar, mir holde Roſen goͤnnen;
Was geht der Fuͤrſten Pracht mich an?
Was hilfts zur Luſt, wann ihre Wand
Sich in gewuͤrktes Gold verhuͤllet,
Und ein Bedienten-Schwarm die Marmor-Saͤle fuͤllet,
Mit guͤldnen Schuͤſſeln in der Hand?
Sieh
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[26/0040] Lyriſche Gedichte. Zu ekel ſind wir, uns zur Pein: Wir laſſen Weſt und Sommer weichen, Und wollen, wann ſie fliehn, in ſchattigten Geſtraͤuchen, Um murmelnd Waſſer froͤhlig ſeyn. Der warme Fruͤhling kommt zuruͤck: Da braucht ein Weiſer ihn beyzeiten. Er laͤßt Vernunft allein die blinden Wuͤnſche leiten, Und wuͤnſcht kein ſchimmerreiches Gluͤck. Kein ſtolzer Schein bethoͤrt ſein Herz: Er ſchaͤtzt nicht bloß ein theures Lachen; Und kan des Poͤbels Wahn durch ſich zu ſchanden machen, Ob floͤh uns Arme Luſt und Scherz. Weil ich nicht praͤchtig ſchmauſen kann, Soll ich nicht froͤhlig ſchmauſen koͤnnen? Will Flora, fuͤr mein Haar, mir holde Roſen goͤnnen; Was geht der Fuͤrſten Pracht mich an? Was hilfts zur Luſt, wann ihre Wand Sich in gewuͤrktes Gold verhuͤllet, Und ein Bedienten-Schwarm die Marmor-Saͤle fuͤllet, Mit guͤldnen Schuͤſſeln in der Hand? Sieh

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Zitationshilfe: Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/40>, abgerufen am 29.04.2024.