Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Zweytes Buch.
Daß sich getreue Weiber funden,
Die auch dem Golde widerstunden,
Hieß keine Seltenheit.
Man sagt, zur Schande karger Reichen,
Es geb auch etliche dergleichen
Zu unsrer Zeit.
Doch auch, wann Reiz und Jugend blühen,
Vom Kuß nichts wissen, ihm entfliehen,
Hieß ihnen Ehrbarkeit.
Die ist nur eine Schäfertugend
Und abgeschmackt an muntrer Jugend
Zu unsrer Zeit.
Daß stets der kühne Junker jagte,
Auch eh es auf den Bergen tagte,
Hieß ihnen Streitbarkeit.
Noch jagt und schmaust er um die Wette,
Jndeß besorgt ein Freund sein Bette,
Zu unsrer Zeit.
Doch Ansehn und erhabne Würden
Nur auf verdiente Schultern bürden,
Hieß ihnen Schuldigkeit.
Zu Aemtern kann ein ieder kommen,
Die Würdigen bloß ausgenommen,
Zu unsrer Zeit.
Die
Zweytes Buch.
Daß ſich getreue Weiber funden,
Die auch dem Golde widerſtunden,
Hieß keine Seltenheit.
Man ſagt, zur Schande karger Reichen,
Es geb auch etliche dergleichen
Zu unſrer Zeit.
Doch auch, wann Reiz und Jugend bluͤhen,
Vom Kuß nichts wiſſen, ihm entfliehen,
Hieß ihnen Ehrbarkeit.
Die iſt nur eine Schaͤfertugend
Und abgeſchmackt an muntrer Jugend
Zu unſrer Zeit.
Daß ſtets der kuͤhne Junker jagte,
Auch eh es auf den Bergen tagte,
Hieß ihnen Streitbarkeit.
Noch jagt und ſchmauſt er um die Wette,
Jndeß beſorgt ein Freund ſein Bette,
Zu unſrer Zeit.
Doch Anſehn und erhabne Wuͤrden
Nur auf verdiente Schultern buͤrden,
Hieß ihnen Schuldigkeit.
Zu Aemtern kann ein ieder kommen,
Die Wuͤrdigen bloß ausgenommen,
Zu unſrer Zeit.
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0059" n="45"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweytes Buch.</hi> </fw><lb/>
            <lg n="4">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>aß &#x017F;ich getreue Weiber funden,</l><lb/>
              <l>Die auch dem Golde wider&#x017F;tunden,</l><lb/>
              <l>Hieß keine Seltenheit.</l><lb/>
              <l>Man &#x017F;agt, zur Schande karger Reichen,</l><lb/>
              <l>Es geb auch etliche dergleichen</l><lb/>
              <l>Zu un&#x017F;rer Zeit.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>och auch, wann Reiz und Jugend blu&#x0364;hen,</l><lb/>
              <l>Vom Kuß nichts wi&#x017F;&#x017F;en, ihm entfliehen,</l><lb/>
              <l>Hieß ihnen Ehrbarkeit.</l><lb/>
              <l>Die i&#x017F;t nur eine Scha&#x0364;fertugend</l><lb/>
              <l>Und abge&#x017F;chmackt an muntrer Jugend</l><lb/>
              <l>Zu un&#x017F;rer Zeit.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>aß &#x017F;tets der ku&#x0364;hne Junker jagte,</l><lb/>
              <l>Auch eh es auf den Bergen tagte,</l><lb/>
              <l>Hieß ihnen Streitbarkeit.</l><lb/>
              <l>Noch jagt und &#x017F;chmau&#x017F;t er um die Wette,</l><lb/>
              <l>Jndeß be&#x017F;orgt ein Freund &#x017F;ein Bette,</l><lb/>
              <l>Zu un&#x017F;rer Zeit.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>och An&#x017F;ehn und erhabne Wu&#x0364;rden</l><lb/>
              <l>Nur auf verdiente Schultern bu&#x0364;rden,</l><lb/>
              <l>Hieß ihnen Schuldigkeit.</l><lb/>
              <l>Zu Aemtern kann ein ieder kommen,</l><lb/>
              <l>Die Wu&#x0364;rdigen bloß ausgenommen,</l><lb/>
              <l>Zu un&#x017F;rer Zeit.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0059] Zweytes Buch. Daß ſich getreue Weiber funden, Die auch dem Golde widerſtunden, Hieß keine Seltenheit. Man ſagt, zur Schande karger Reichen, Es geb auch etliche dergleichen Zu unſrer Zeit. Doch auch, wann Reiz und Jugend bluͤhen, Vom Kuß nichts wiſſen, ihm entfliehen, Hieß ihnen Ehrbarkeit. Die iſt nur eine Schaͤfertugend Und abgeſchmackt an muntrer Jugend Zu unſrer Zeit. Daß ſtets der kuͤhne Junker jagte, Auch eh es auf den Bergen tagte, Hieß ihnen Streitbarkeit. Noch jagt und ſchmauſt er um die Wette, Jndeß beſorgt ein Freund ſein Bette, Zu unſrer Zeit. Doch Anſehn und erhabne Wuͤrden Nur auf verdiente Schultern buͤrden, Hieß ihnen Schuldigkeit. Zu Aemtern kann ein ieder kommen, Die Wuͤrdigen bloß ausgenommen, Zu unſrer Zeit. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Erstausgabe der vorliegenden Gedichtsammlung … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/59
Zitationshilfe: Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/59>, abgerufen am 15.05.2024.