Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Lyrische Gedichte
Noch süsser tönt um frische Rosen
Jhr angenehmes Hirtenrohr;
Und Amor kommt, ihr liebzukosen,
Und ieder Ton entzückt sein Ohr.
Auch er versucht, wies ihm gelinget:
Ein schwaches Murmeln quillt hervor,
Das ungeübte Hand erzwinget.
Geht hin, die ihr nach Golde schnaubet!
Sucht Freude, die mein Herz verschmäht!
Betrügt, verrathet, schindet, raubet
Und erndet, was die Wittwe sät!
Damit, wann ihr in Gold und Seide
Euch unter klugen Armen bläht,
Der dumme Pöbel euch beneide.
Dem Reichthum, bleicher Sorgen Kinde,
Schleicht stets die bleiche Sorge nach:
Sie braust, wie ungestüme Winde,
Durch euer innerstes Gemach.
Der sanfte Schlummer flieht Paläste,
Und schwebet um den kühlen Bach,
Und liebt das Lispeln junger Weste.
Mir
Lyriſche Gedichte
Noch ſuͤſſer toͤnt um friſche Roſen
Jhr angenehmes Hirtenrohr;
Und Amor kommt, ihr liebzukoſen,
Und ieder Ton entzuͤckt ſein Ohr.
Auch er verſucht, wies ihm gelinget:
Ein ſchwaches Murmeln quillt hervor,
Das ungeuͤbte Hand erzwinget.
Geht hin, die ihr nach Golde ſchnaubet!
Sucht Freude, die mein Herz verſchmaͤht!
Betruͤgt, verrathet, ſchindet, raubet
Und erndet, was die Wittwe ſaͤt!
Damit, wann ihr in Gold und Seide
Euch unter klugen Armen blaͤht,
Der dumme Poͤbel euch beneide.
Dem Reichthum, bleicher Sorgen Kinde,
Schleicht ſtets die bleiche Sorge nach:
Sie brauſt, wie ungeſtuͤme Winde,
Durch euer innerſtes Gemach.
Der ſanfte Schlummer flieht Palaͤſte,
Und ſchwebet um den kuͤhlen Bach,
Und liebt das Liſpeln junger Weſte.
Mir
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0072" n="58"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Lyri&#x017F;che Gedichte</hi> </fw><lb/>
            <lg n="7">
              <l><hi rendition="#in">N</hi>och &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er to&#x0364;nt um fri&#x017F;che Ro&#x017F;en</l><lb/>
              <l>Jhr angenehmes Hirtenrohr;</l><lb/>
              <l>Und Amor kommt, ihr liebzuko&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Und ieder Ton entzu&#x0364;ckt &#x017F;ein Ohr.</l><lb/>
              <l>Auch er ver&#x017F;ucht, wies ihm gelinget:</l><lb/>
              <l>Ein &#x017F;chwaches Murmeln quillt hervor,</l><lb/>
              <l>Das ungeu&#x0364;bte Hand erzwinget.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l><hi rendition="#in">G</hi>eht hin, die ihr nach Golde &#x017F;chnaubet!</l><lb/>
              <l>Sucht Freude, die mein Herz ver&#x017F;chma&#x0364;ht!</l><lb/>
              <l>Betru&#x0364;gt, verrathet, &#x017F;chindet, raubet</l><lb/>
              <l>Und erndet, was die Wittwe &#x017F;a&#x0364;t!</l><lb/>
              <l>Damit, wann ihr in Gold und Seide</l><lb/>
              <l>Euch unter klugen Armen bla&#x0364;ht,</l><lb/>
              <l>Der dumme Po&#x0364;bel euch beneide.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="9">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>em Reichthum, bleicher Sorgen Kinde,</l><lb/>
              <l>Schleicht &#x017F;tets die bleiche Sorge nach:</l><lb/>
              <l>Sie brau&#x017F;t, wie unge&#x017F;tu&#x0364;me Winde,</l><lb/>
              <l>Durch euer inner&#x017F;tes Gemach.</l><lb/>
              <l>Der &#x017F;anfte Schlummer flieht Pala&#x0364;&#x017F;te,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;chwebet um den ku&#x0364;hlen Bach,</l><lb/>
              <l>Und liebt das Li&#x017F;peln junger We&#x017F;te.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Mir</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0072] Lyriſche Gedichte Noch ſuͤſſer toͤnt um friſche Roſen Jhr angenehmes Hirtenrohr; Und Amor kommt, ihr liebzukoſen, Und ieder Ton entzuͤckt ſein Ohr. Auch er verſucht, wies ihm gelinget: Ein ſchwaches Murmeln quillt hervor, Das ungeuͤbte Hand erzwinget. Geht hin, die ihr nach Golde ſchnaubet! Sucht Freude, die mein Herz verſchmaͤht! Betruͤgt, verrathet, ſchindet, raubet Und erndet, was die Wittwe ſaͤt! Damit, wann ihr in Gold und Seide Euch unter klugen Armen blaͤht, Der dumme Poͤbel euch beneide. Dem Reichthum, bleicher Sorgen Kinde, Schleicht ſtets die bleiche Sorge nach: Sie brauſt, wie ungeſtuͤme Winde, Durch euer innerſtes Gemach. Der ſanfte Schlummer flieht Palaͤſte, Und ſchwebet um den kuͤhlen Bach, Und liebt das Liſpeln junger Weſte. Mir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Erstausgabe der vorliegenden Gedichtsammlung … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/72
Zitationshilfe: Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/72>, abgerufen am 15.05.2024.