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Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.

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Drittes Buch.


Morpheus.
Bey Venus ward von Schäferinnen
Der holde Morpheus hart verklagt:
Wird sein abscheuliches Beginnen
Jhm, sprachen sie, nicht untersagt.
Bey Tage sind wir Schäfern spröde:
Doch sieh, wie schalkhaft Morpheus ist!
Jm Traum ist keine Hirtinn blöde;
Ja, leider! auch die Unschuld küsst.
Die Schäfer weihen ihm Gesänge:
Er heuchelt ihrer Zärtlichkeit,
Und spottet unsrer keuschen Strenge,
Die ach! uns manche Lust verbeut.
Ein Thyrsis, der zu Doris Füssen
Vor wenig Stunden trostlos lag,
Kann träumend seine Spröde küssen,
Die alles will, was Morpheus mag.
Hier
Drittes Buch.


Morpheus.
Bey Venus ward von Schaͤferinnen
Der holde Morpheus hart verklagt:
Wird ſein abſcheuliches Beginnen
Jhm, ſprachen ſie, nicht unterſagt.
Bey Tage ſind wir Schaͤfern ſproͤde:
Doch ſieh, wie ſchalkhaft Morpheus iſt!
Jm Traum iſt keine Hirtinn bloͤde;
Ja, leider! auch die Unſchuld kuͤſſt.
Die Schaͤfer weihen ihm Geſaͤnge:
Er heuchelt ihrer Zaͤrtlichkeit,
Und ſpottet unſrer keuſchen Strenge,
Die ach! uns manche Luſt verbeut.
Ein Thyrſis, der zu Doris Fuͤſſen
Vor wenig Stunden troſtlos lag,
Kann traͤumend ſeine Sproͤde kuͤſſen,
Die alles will, was Morpheus mag.
Hier
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[79/0093] Drittes Buch. Morpheus. Bey Venus ward von Schaͤferinnen Der holde Morpheus hart verklagt: Wird ſein abſcheuliches Beginnen Jhm, ſprachen ſie, nicht unterſagt. Bey Tage ſind wir Schaͤfern ſproͤde: Doch ſieh, wie ſchalkhaft Morpheus iſt! Jm Traum iſt keine Hirtinn bloͤde; Ja, leider! auch die Unſchuld kuͤſſt. Die Schaͤfer weihen ihm Geſaͤnge: Er heuchelt ihrer Zaͤrtlichkeit, Und ſpottet unſrer keuſchen Strenge, Die ach! uns manche Luſt verbeut. Ein Thyrſis, der zu Doris Fuͤſſen Vor wenig Stunden troſtlos lag, Kann traͤumend ſeine Sproͤde kuͤſſen, Die alles will, was Morpheus mag. Hier

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Zitationshilfe: Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/93>, abgerufen am 15.05.2024.